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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 5
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0207

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lüKTIONSNACHRICHTEN

BERLIN

Zur Auktion von Kaufmann.
Berlin 4.-6. Dezember. Auk-
tionshaus am Kurfürstendamm.*
Einige Wochen vor der Auktion hatte Wilhelm von
Bode dem „Tag" einen Aufsatz über „Bilderpreise und
Kriegsgewinner" geschrieben. Die Behauptung, dass die
Kriegsgewinner die Schuld trügen an den fortwährend
steigenden Bilderpreisen, liegt so nahe und ist so ver-
breitet, dass sie sicher falsch ist. Wer ist eigentlich ein
Kriegsgewinner? Krupp PSicher.EduardArnhold? (Kohle).
James Simon? Eduard Simon? (Baumwolle). Ganz gewiss.
Einer von ihnen hat neulich zwölf Millionen Kriegs-
gewinnsteuer bezahlt. Fast alle unsre alten Sammler
haben auch während des Krieges viel Geld verdient,
weil sie in den Kreisen zu Hause sind, wo eben viel Geld
verdient wird und wenn sie für ihre Kunstsachen, die
sie seit Jahren und Jahrzehnten lieben, heute das Dop-
pelte und mehr bezahlen als früher, so thun sie das nicht
aus Eigensinn, sondern weil alles teurer geworden und
weil das Geld weniger wert ist. Unter den Sammlern,
die bei der Auktion von Kaufmann auffielen, ist wohl nur
einer, dessen grosser Reichtum aus dem Kriege stammt,
ein Herr aus Wien; der kauft aber schon auf allen Ver-
steigerungen alter Bilder der letzten Jahre im grossen
Stil mit einem ganz bestimmtenGeschmack(auf der Auk-
tion vonKaven Hess er allerdings den herrlichen Caravag-
gio für 50000 Mark aus). Also, der Kampf gegen die
Kriegsgewinner istSport am untauglichen Objekt. Kriegs-
gewinner, die sonst nichts sind als Kriegsgewinner, Leute,
deren Reichtum über Nacht entstanden ist und die vor-
gestern, im Kultursinne, nochUnterschicht waren, solche
Leute kaufen sich keinen Tintoretto oder Rogier van
der Weyden. Solche Leute haben noch die Parvenu-
Krankheit, die Arroganz, und die kaufen nach „eigenem"
Geschmack, an Stellen, wo wir nur sehr selten hin-
kommen, bei Dahlheim oder in der Friedrichstrasse
oder Unter den Linden (aber östliche Hälfte). Jener
Bodesche Aufsatz hat, wie alles, was Exzellenz von
Bode schreibt, die öffentliche Meinung sehr beeinflusst.
Ausserdem hat er praktisch eine unerwünschte Neben-
wirkung gehabt: der einzige Mann, der sich als Kriegs-
gewinner getroifen fühlen konnte und der auch wohl
gerne einmal etwas für das Kaiser-Friedrich-Museum
gethan hätte, führte diese Absicht nicht aus, sondern
Hess die 50000 Mark der Münchener Pinakothek zu-
gute kommen. Und selbst angenommen, die grossen
Bilderkäufer seien alle einstweilen kulturlose Parvenüs,
vom Museumsstandpunkt ist der Kampf gegen sie sinn-

* Anm. d. Red.: Wichtige Werke aus der Sammlung sind
auch abgebildet worden im Jahrg. XIII, Seite 517 und 520.

los. Es sind ja doch die Reichen von morgen und wo-
von sollen die Museen denn künftig leben, wenn nicht
von den Reichen von morgen? Vom Staat? Der be-
steuert schon Schenkungen an Museen.

Wenn man in den Zeitungen las, die Bilder der
Sammlung von Kaufmann hatten rund acht Millionen
gebracht, so war man, besonders wenn man jenen Auf-
satz gelesen hatte, geneigt, sich zu empören. Es war
eine Kenner-Sammlung von auch kunsthistorisch grossem
Wert, ähnlich wie die von John Johnson in Philadelphia;
und dass sich in diesen Raub die neuen Reichen geteilt
haben sollten, denen einstweilen die Kultur fehlt, diesen
Dingen innerlich nahe zu kommen, der Gedanke hatte
etwas Deprimierendes für den Kunstfreund. Aber wenn
man dann las, wer die Hauptkäufer waren, durfte man
sich beruhigen. Es war kaum ein unbekannter Käufer
darunter, sondern fast nur die bekanntengrossenNamen,
und wenn alles, und besonders die Tagespresse, sich er-
eiferte über die hohen Preise — die einzig Zufriedenen
waren die Käufer selber. Dass Herr von Pannwitz seine
gewählte Sammlung sehr vorteilhaft bereichern konnte
und sich dies fast eine Million kosten Hess, dass eine
grosse Anzahl von Bildern, besonders von Primitiven,
von der Frankfurter Sammlergruppe, zum Beispiel den
Herren Henckell und Weinberg, ersteigert wurde, die
dem Frankfurter Museum den Hieronymus Bosch jetzt
schon schenkten und deren Erwerbungen doch irgend-
wann einmal imStaedel landen (unter anderen derschöne
Bartholomeus-Meister), ist doch an sich nur erfreulich.
Und dass Eduard Simon sich auf den Patinir versteifte
und ihn für 70000 Mark kaufte, der vor dem Kriege
immerhin 30 000 Mark wert war, ist ebensowenig ein
Kulturverlust wie die Erwerbung des feinen Huber für
die Wiener Galerie für 27000 Mark, den die Bremer
Kunsthalle so gerne gehabt hätte. Natürlich haben
auch die grossen Händler viel gekauft, da sie keine
Bildervorräte mehr besitzen. Aber ist der wirklich
hervorragende Rogier van der Weyden mit 450000 Mk.
wirklich zu teuer, wenn man bedenkt, dass das
Frauenbildnis, das Willi Grethor seinerzeit aus Russ-
land besorgte damals, vor zehn Jahren, mit über
100 000 Mark als sehr billig galt? Was von diesen
Händlerkäufen später einmal ins neutrale Ausland
wandert, bleibt abzuwarten. Österreich-Ungarn ist im
Kultursinne kein Ausland und die Käufe des Budapester
Museums sind nicht verloren. Und die vier Bilder, die
das neutrale Ausland gekauft hat, fallen mit einer Aus-
nahme nicht ins Gewicht. Den Memling kann Deutsch-
land entbehren, da die deutschen Museen Memling
haben, das Bildnis von Joost van Cleve notfalls auch,
und ein Jammer ist es nur um den Gertgen tot Sin Jans,
den der holländische Amateur Onnes entführte. Aber

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