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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 10
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0415

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UNSTAUS S'TELLUNGEN

BERLIN

In der Bucb-Kunst-Ausstellung am
1 Kurfürstendamm zeigte Erna Frank
Radierungen, Lithographien und Pa-
stelle aus den letzten Jahren. Ihre geistreiche Vir-
tuosität ist noch sicherer geworden. Die Künstlerin sitzt
mit einer verteufelten Gescheitheit vor der Natur und
versteht es erstaunlich gut, die Ausdrucksweisen einiger
bekannter Maler und Zeichner angesichts der Er-
scheinung so zu verarbeiten, dass das Ergebnis den Reiz
des Handschriftlichen hat. Sie beweist mit dieser kleinen
Sammlung wieder, dass sie zu jenen wenigen ernst zu
nehmenden deutschen Zeichnerinnen gehört, deren
Namen sich an den Fingern herzählen lassen.

Man hat in den letzten Jahren viel davon gesprochen,
ein Künstler, der den grossen Stil wolle, müsse „das
Wesentliche" herausarbeiten und alles „Unwesentliche"
unterdrücken. Das haben sich die von einem edlen
Ehrgeiz Getriebenen gesagt sein lassen. Die ganze
Künstlerschaft ist erfüllt vom Suchen nach dem „Wesent-
lichen". Was geschieht nun aber, wenn mit Fanatis-
mus das ,,Wesentliche" gesucht wird, wenn seinet-
wegen alles andere, was irgend gefallen oder ansprechen
könnte, unterdrückt wird und wenn es sich dann heraus-
stellt, dass der Rest am Ende gar nicht ein Wesentliches
ist? Unwesentliches, behandelt als sei es wesentlich, zu-
fällige Dinge, geformt als seien es wichtige Stilelemente:
das ist das Schicksal manches jüngeren Künstlers. Es
ist — so schwer es einem auszusprechen wird — auch das
Schicksal des bejahrten Christian Rohlfs, der im Alter
noch wie ein Junger fühlt und von dem jetzt viele
Bilder, Aquarelle und Schnitte im Graphischen Kabinett
J. B. Neumann ausgestellt waren. Durch die Gesamt-
heit seiner Arbeiten geht ein feines, zuweilen zur
Kraft anschwellendes Klingen, man sieht Gebilde einer
nicht gewöhnlichen Begabung für das Ornamentalische
der Erscheinung. Da sich Rohlfs dabei aber nicht be-
ruhigt und viel mehr geben will, entsteht ein Miss-
verhältnis, über das der Betrachter nicht hinweg kommt.
Über das selbst der Verfasser des Katalogvorworts, ein
grosser Bewunderer, nicht hinweggekommen ist, weil
in seinen Anmerkungen nicht ein einziges wirklich
substanzielles Wort enthalten ist. Rohlfs ist ein Mensch,
der wesentlicher sein will als er ist, in einem Kreise
lebend, wo alle eigentlich sich wesentlicher gebärden

als sie von Natur sind. Das ist Stoff zu einer Tragödie
oder zu einer Groteske — wie einem eben der Sinn
steht. Während ich diese harte Anmerkung nieder-
schreibe — niederschreiben muss, weil in der Presse
wieder einmal urteilslose Wortführer die Bedeutung des
Künstlers übersteigern, — wünsche ich fast, soweit man
so etwas gegen sich selbst wünschen kann, unrecht zu
haben und von der Zeit korrigiert zu werden. Denn es
handelt sich um einen verehrungswürdigen Menschen.
Ich fürchte aber — ich behalte recht.

In den Räumen der Berliner Sezession ist eine Aus-
stellung „Berliner Bildnisse 1848 — 1918" eröffnet
worden. Im Vorwort des Katalogs heisst es, dass nicht
immer die besten Bilder der Künstler zu bekommen
waren, dass mancher wichtige Künstler die Beteiligung
abgelehnt hat*, dass das Gewünschte oft nicht herbei-
zuschaffen war und zufällig verfügbares Material be-
nutzt werden musste. Das alles ist richtig. Nur die
Schlussfolgerung daraus ist falsch. Wenn die Schwierig-
keiten so gross waren, so hätte man, anstatt sich damit
zu entschuldigen, den Plan der Ausstellung fallen lassen
sollen. Es lag ja kein zwingender Grund vor, diese Aus-
stellung jetzt zu machen. Dazu gehören jahrelange Vor-
bereitungen. Neue Aufschlüsse giebt die Ausstellung,
wie sie jetzt geworden ist, nicht; und das schon
Bekannte ist auch nicht in einer neuen Art anschaulich
zusammengefasst worden. Ein paar reizende ältere
Arbeiten sind zu sehen. Im übrigen könnte man nur
aus dem, was nicht da ist, eine vorbildliche Ausstellung
„Berliner Bildnisse 1848 — 1918" machen. Aber diese
Möglichkeit ist ja nun auch verpfuscht. Schade!

Fritz Gurlitt eröffnete am ersten Juni neue Aus-
stellungsräume mit einer Kollektivausstellung von Bildern
Max Pechsteins. Wir gehen darauf nicht näher ein,
weil von Pechsteins Kunst hier kürzlich ausführlich
gesprochen worden ist. Über die programmatisch wir-
kende Ausstattung der neuen Räume wird rbei näch-
ster Gelegenheit das Nötige mitgeteilt werden, da es
heute an Raum fehlt. K. Sch.

* Liebermann und Slevogt haben öffentlich Einspruch er-
hoben, weil Bilder von ihnen ohne ihre Erlaubnis ausgestellt
worden sind.

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