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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 10
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Künstler-Anekdoten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0420

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DIE MUSKELN
Als Camoin bei Cezanne zu Besuch war, schwärmte
dieser auf einem Spaziergang angesichts mächtig be-
wegter Wolkenmassen und bedauerte, dieses nicht
malen zu können. Er sagte: „Keiner kann das malen,
nur Monet hat die Muskeln dazu."

FRITZ BOEHLE ÜBER GOETHE
„Ich moag deen net mit seim Lohnkutscherkopp."

*

KÜNSTLERISCHE FREIHEIT
Ein in Dresden lebender Maler, der einen Ruf hat
wegen der minutiösen Genauigkeit seiner Bilder, zeigte
einem Kunstfreund sein neuestes Werk. Dieser staunte
die miniaturhafte Ausführung des Interieurs nach Ge-
bühr an. Der Maler wurde auch warm und sagte: „Ich
mache Sie auf diesen Spiegel aufmerksam. Sie sehen,
wie sich darin das Fenster spiegelt, und auch, was jen-
seits des Fensters ist, die Strasse mit allen Einzelheiten.
Eben jetzt zieht die Wachtparade auf mit voller Musik".
„Erstaunlich", sagte der Kunstfreund „und dahinter sehe
ich sogar die Rathausfassade mit allen Einzelheiten".
„Nicht nur die Fassade sehen Sie", sagte der Maler,
„sondern auch die Uhr im Rathausturm mit ihren gold-
nen Zeigern und — alles im Spiegel". „Ich kann sogar
sehen, wieviel die Uhr ist", rief der Kunstfreund aus!
„Aber darf ich einen Einwurf erheben? Sie lassen die
Zeiger auf drei zeigen und das kann doch nicht stimmen,
denn die Wachtparade zieht immer um ein Uhr auf".
„Aber erlauben Sie mal", sprach gekränkt der Maler,
„wo bleibt denn da meine künstlerische Freiheit"?

CAFEjDU DOME

Rudolf Levy sagte von den Matissebewunderern:
„Sie werden so lange Matissemus treiben, bis sie
Reumatissemus haben."

*

EINSCHRÄNKUNG

Der Maler B. (aus der „Dome-Gruppe") hat die
Gewohnheit, einige Hefte von „Kunst und Künstler"
zu seiner Bildung und Unterhaltung ständig im Klosett
bereitzuhalten. Sein Freund P., der diesen Ort einst
besuchte, missverstand den Zweck der Einrichtung und
riss einige Seiten heraus. Als B. bald darauf den
Vandalismus bemerkte, fuhr er den Freund wütend an.
Worauf P. sich mit den Worten verteidigte: „Die
Manets und Leibis habe ich aber nicht genommen."

„JE SAIS . . ."

Als Ellen Key und Lou Andreas-Salome zusammen
in Paris waren, baten sie Otto Grautoff, sie bei Rodin
einzuführen. Dieser, ein Biograph Rodins, ging zum
Meister, um ihn vorzubereiten. Er schilderte die beiden
Schriftstellerinnen und erzählte unter anderm auch,
dass Lou Andreas-Salome einst mit Friedrich Nietzsche
befreundet gewesen sei. Die Damen erscheinen dann
mit GrautofF im Atelier. Rodin geht auf Ellen Key zu,
drückt ihr herzhaft die Hand und spricht, stolz auf sein
Wissen: „Je sais tres-bien, Madame, que yous etiez la
maitresse de Nietzsche!"

SECHZEHNTER JAHRGANG. ZEHNTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 19. JUNI. AUSGABE AM I. JULI NEUNZEHNHUNDERT ACHTZEHN
REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER IN BERLIN. GEDRUCKT IN DER OFFIZIN

VON W. DRUGULIN ZU LEIPZIG _
 
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