Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Glaser, Curt: Hans Purrmann
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0465

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
HANS PURRMANN

VON

CURT GLASER

Es ist ebenso leicht, von problematischen Dingen
zu reden, wie es schwer ist, das Selbstverständ-
liche in Worte zu fassen. Je schwieriger ein Kunst-
werk zu deuten ist, um so leichter für den Schrift-
steller, die Schärfe seines Geistes an ihm zu erproben,
je unverständlicher es dem gemeinen Verstände er-
scheint, um so geeigneter ist es als Turngerät für
die Stilübungen tiefgründiger Ästhetiker, die je nach
Geschmack an mystischem Dunkel mit dem Gegen-
stande ihrererPhilosopheme zu wetteifern vermögen
oder mit einem billigen Zaubertrick das scheinbar
Unerklärlichste auf eine einfache Formel zurück-
zuführen, um es auch dem einfältigsten Verstände
begreiflich zu machen. Aus diesen Grunde allein
sind wir mit so zahlreichen Schriften und B üchern über
Expressionismus, Kubismus, Futurismus gesegnet,
die der Kunst unserer Zeit auf den Grund zu gehen
glauben und in Wahrheit nicht viel mehr erreichen,
als Schlagworte zu interpretieren, die sie zuerst
selbst in die Welt gesetzt haben. Man liest in diesen
Büchern viel vom lieben Gott und vom Absoluten,

man erfährt, was die Kunst darf, und was die Kunst
soll, wie es nun einmal der Brauch einer normativen
Ästhetik ist, die wir längst begraben wähnten, aber
die Kunst selbst bleibt wie das Aschenbrödel vor
der Thüre dieser aus funkelnden Gedankensteinen
erbauten Märchenpaläste, an deren Wänden die
Bilder von Picasso und Kandinsky, Delaunay und
Severini prangen.

Aber wie im Märchen zum Schlüsse die Tugend
siegt, und das Aschenbrödel sich als die wahre
Prinzessin erweist, so wird es auch ergehen, wenn
die falsche FJitterpracht, mit der die vielen — ismen
umgeben wurden, nach ein paar Jahren verstaubt
und vermodert ist, wenn dann die Bilder, die mit
all den geistreichen Erklärungen so glänzend auf-
geputzt waren, nackt und kahl dastehen, und auch
die Augen, die durch künstliche Brillen blind ge-
macht waren, das wahre Gold von dem falschen Tand
zu unterscheiden lernen.

Es wäre unrecht, zu hoffen, dass dieser Um-
schwung sich von einem Tage zum anderen voll-

453
 
Annotationen