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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

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Heft 6
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Scheffler, Karl: Reise in Süddeutschland, [1] : Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0204
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REISE IN SÜDDEUTSCHLAND

VON

KARL SCHEFFLER
I

Jede Zeitschrift moderner Kunst vertritt, neben
ihrem Programm, irgendwie lokale Interessen.
Wie sehr sie sich auch bemüht, das Ganze der
lebendigen Kunst darzustellen, sie wird doch der
ihr zur Seite sich entfaltenden Kunst am meisten
Beachtung schenken. Nicht nur weil diese dem
Urteil so bequem daliegt, sondern weil von vorn-
herein ein bestimmtes Kunstzentrum gewählt wor-
den ist, um die dort schaffenden Künstler zu ver-
treten, weil die Zeitschrift naturgemäß erscheint,
wo sie sich im Mittelpunkt der künstlerischen Be-
wegung glaubt. Der Vorteil leuchtet ein. Es ist
derselbe Vorteil, den ein Künstler hat, der sich
seiner Bodenständigkeit bewußt bleibt, um desto
sicherer und freier ein Weltbürger der Kunst sein
zu können. Auch eine Zeitschrift braucht Boden-
ständigkeit, um fest dazustehen und frei nach allen
Seiten ausschauen zu können.

Bei diesem Stand der Dinge droht aber die
Gefahr, daß das Fernere nicht überall mit der ihm
gebührenden Aufmerksamkeit verfolgt und seiner
Eigenart nach gewürdigt wird. Korrespondenten

können diese Gefahr nicht ganz abwehren. Sie stehen
selbst in andernLokaltraditionenundLokalinteressen,
und sind so leicht geneigt, diese zu überschätzen, wie
die Redaktion dazu neigt, die eigenen lokalen Inter-
essen in den Vordergrund zu rücken. Darum emp-
fiehlt es sich, daß der Leiter der Zeitschrift selbst
von Zeit zu Zeit andere Kunstzentren aufsucht, um
das, was dort entsteht, an den Uberzeugungen sei-
ner Zeitschrift zu messen, und um die Haltung der
Zeitschrift auch wieder an neuen oder außerhalb
des Weges liegenden Erscheinungen zu prüfen.

Diesem Wunsche verdanken die folgenden Be-
richte ihre Entstehung. Seit langem hören wir
den Vorwurf, „Kunst und Künstler" kümmere sich
zu wenig um das, was in Süddeutschland vorgeht.
Wir hören dieses vor allem aus München. In
der Folge wird sich ergeben, wieweit der Vorwurf
berechtigt ist; denn es wird im besonderen das
Thema: Norddeutschland — Süddeutschland und:
Berlin — München, das die Geschichte eines eben
jetzt verschärften Gegensatzes auch in der Kunst
umfaßt, zu behandeln sein.

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