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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 3
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Heise, Georg: Deutschrömische Malerei von 1790-1830: Ausstellung des Leipziger Kunstvereins gemeinsam mit dem Museum der Bildenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0131

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JOS. ANTON KOCH, GEWITTERLANDSCHAFT. ZEICHNUNG

AUSGESTELLT IM LEIPZIGER KUNSTVEREIN

DEUTSCHRÖMISCHE MALEREI VON 1790—1830

AUSSTELLUNG DES LEIPZIGER KUNSTVEREINS GEMEINSAM MIT DEM MUSEUM DER BILDENDEN KÜNSTE

VON

CARL GEORG HEISE

Tm Mittelpunkt der Ausstellung hängt das entscheidende
Bild, für das alles übrige, trotz Reichtum und Schönheit,
nur Hintergrund zu sein scheint, jene große ideale italienische
Berglandschaft von Karl Philipp Fohr, die für sich allein
schon deutsche Romantik italischer Prägung vor der Nach-
welt gültig repräsentieren könnte. Diese Meisterleistung ist
das Werk eines Dreiundzwanzigjährigen, der nach diesem
ersten und letzten ganz großen Wurf gestorben ist, im Augen-
blick als aus dem Jüngling der reife Künstler geworden war.
Seine Zeichnungen, die nahezu vollständig vor kurzem in
Heidelberg ausgestellt waren, stehen in Leipzig — neben
den Arbeiten Schnorrs v. Carolsfeld — als die bedeutend-
sten Exponenten deutsch-römischer Zeichenkunst. Genau zur
gleichen Zeit' entstanden — um 1818 — sind die Schnorr-
schen und die Fohrschen Künstlerbildnisse, jene bei aller
schlagenden Charakteristik von nazarenerhaft strenger zeich-
nerischer Geschlossenheit und wie vom Geist erleuchtet,
diese bei aller Klarheit der Form doch persönlicher, freier,
Ahnen einer individualistischen Naturauffassung, wie sie die
Hauptzeit des neunzehnten Jahrhunderts beherrscht hat.
Nazarener im strengsten Wortsinn enthält die Ausstellung,
mit Rücksicht auf die vorangegange Ausstellung in Lübeck,
nur soweit sie für das Gesamtbild unentbehrlich sind;
unter ihnen dominiert Overbeck, nicht nur durch Zahl und
Ruhm, sondern auch durch die Qualität. Sein Selbstbildnis
mit Frau und Kind ist die klassische Formulierung deutsch-
römischer Kunstgesinnung. Besonders aufschlußreich ist die
Ausstellung für das Landschaftsbild. Was bei Fohr, fast

wie ein Wunder, harmonisch zusammenklingt — ein wohl-
gegliederter Bildbau und ein warmes Walten märchenhaften
Zaubers, der bis in Richtersche Sphären dringt —, das ge-
winnt in den Werken der anderen meist nur gesondert Ge-
stalt, wenn auch gerade diese Ausstellung dem Unbefangenen
beweisen wird, wie Klassizismus und Romantik zwar scharf
trennbare BegrifFe sind, ihre Jünger aber in ihren besten
Werken vom Geiste auch des gegnerischen Lagers mehr als
einen Hauch verspürt haben. Koch, kein Neuerer, sondern
ein edler Spätling, Deutschlands Poussin, wirkt mit seinen
wahrhaft erhabenen „idealen" Landschaften heimlich selbst
bei denen nach, die sich, wie Horny, naturalistischer ent-
falten, literarisch bezeugt und auch dem Auge deutlich bei
Ferdinand Olivier, der niemals in Italien war und „roman-
tischer" ist als der römische Kreis. Die einheitliche Wirkung
der Räume ist einer der stärksten Eindrücke in Leipzig, gewiß
zumTeil bedingt durch die museumsmäßig vorbildliche Auswahl
und Gruppierung Dr. Werner Teupsers, sicherlich aber auch er-
wachsen aus der inneren Zusammengehörigkeit der Werke, die
bei aller Verschiedenheit der künstlerischen Programme doch
aus einer verwandten Weltanschauung geboren sind, in diesem
Kernpunkt unserer zerrissenen Gegenwart Sehnsucht und Vor-
bild. Es ist dringend zu wünschen, daß über den buch-
technisch höchst reizvollen Katalog hinaus durch eine größere
Tafel-Publikation die Resultate dieser ungewöhnlich wissen-
schaftlich fruchtbaren und ungewöhnlich ästhetisch aktuellen
Ausstellung einem weiteren Kreise von Forschern und Kunst-
freunden zugänglich gemacht werden möchte.

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