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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 4
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Hinz, Marlice: Bühnen-Kostüme
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0184
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FRAU MASSARY ALS „KÖNIGIN". BÜHNENKOSTÜME
FÜR „KUNST UND KÜNSTLER" GEZEICHNET VON MARLICE HINZ

BUHNEN-KOSTUME

VON

MARLICE HINZ

Tm Bühnenkostüm erfahrt die Kleidung des Menschen die
höchste Steigerung, deren sie fähig ist, wird individuell und
damit zum Träger feinster, seelischer Ausdrucksmittel. Aber
auch so unterliegt sie immer den Einflüssen der Tagesmode,
nicht zuletzt weil das Theater eine Schaustellung lebender
Menschen darbietet und historische Echtheit dabei kein un-
bedingtes Gebot ist.

Alle Bühnengrößen wissen, daß das Publikum von ihnen
nach Möglichkeit Offenbarungen auch durch ihre äußere Er-
scheinung erwartet und deshalb wird mitunter, unter dem
Einfluß dieses Schaubedürfnisses, ein Theaterstück leichteren
Inhaltes, das in der Gegenwart spielt, zu einer Art von
Modenschau und die Akteure veranlaßt, sich mehr als
Mannequins, denn als Sänger oder Schauspieler, zu be-
tätigen.

Das moderne Gesellschaftsstück, die Operette und die
Revue sind die Gebiete, auf denen, in dieser Richtung, vom
Publikum besondere Ansprüche gestellt werden, Ansprüche,
die noch gesteigert werden durch die Einwirkung des Films,
der „Inhalt" als Nebensache behandelt und nur zum Auge
spricht. An solcher Vorführung des allzu Sichtbaren haben
wir in den letzten Jahren Außergewöhnliches erlebt, mit
dem Erfolge, daß eine Übersättigung sich eingestellt hat,
die auch auf dem Gebiete der Mode festzustellen ist und

für die Zukunft höhere Anforderungen und höhere Leistun-
gen erwarten läßt.

Frau Massary, die „Königin" der neuesten Operette von
Oskar Strauß, hat, neben ihren Bühnenleistungen, solche An-
forderungen immer erfüllt und auch bei ihrem neuesten Auf-
treten verwirklicht. Die Kostüme, die sie dabei vorführt, sind
Schöpfungen sehr persönlicher Art, die nicht sklavisch einer
augenblicklich herrschenden Richtung folgen, sondern Bühnen-
kostüme darstellen, wie sie dieses Stück und der Charme ge-
rade dieser Primadonna erfordern.

Die Kostüme, die nacheinander vorgeführt werden, sind:
ein elegantes, graues ChifFonkleid, mit grauem Crepe-Satin-
Mantel und gleichfarbigem Fuchs besetzt, dazu ein überaus
bizarrer Straußfederhut. Des weiteren eine schöne terra-
kottafarbene Abendroilette, Tüll mit Perlen auf Goldgrund
und einem pelzverbrämten Lamemantel. Dann, von ganz
besonderem Reiz, ein Stilkleid aus rotem, schillerndem
Taffet, mit Nerz eingefaßt. Darauffolgend ein zweites Stil-
kleid, mit großer Schleppe, rosafarbig und mit schwarzen
Spitzen besetzt. In der Schlußszene ein pelzbesetzter Russen-
kittel. — Als Höhepunkt dieser fünf Kostüme, die in drei
Akten vorgeführt wurden, darf das rote Stilkleid bezeichnet
werden, als Bühnenkostüm der vollkommene Ausdruck der
Bravourszenen der Massary im zweiten Akt.

FÜNFUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, VIERTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 15. DEZEMBER, AUSGABE AM 1. JANUAR
NEUNZEHNHUNDERTSIEBENUNDZWANZIG. REDAKTION KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR. RICHTER, G.M.B. H., LEIPZIG
 
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