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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 8
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Calmann, Georg: Zur Frage der Normierung von Bildformaten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0334

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ZUR FRAGE DER NORMIERUNG VON BILDFORMATEN

Der ausgezeichnete Hersteller handgefertigter Rahmen
Georg Calmann (Pygmalion-Werkstätten, Berlin) schlägt
eine Vereinheitlichung der Bildformate vor, wie sie in Frank-
reich seit langem praktisch schon besteht, in Deutschland aber
noch nicht zu erreichen ist. Es ist ungefähr dasselbe wie mit
den Buchformaten. Wo es in Frankreich fünf Standartformate
für Bücher gibt, findet man in Deutschland zwanzig. Viele
Maler glauben es sich schuldig zu sein, vor allem im Format
originell zu sein. Calmann schlägt nun in einem Schema fol-
gende Normalgrößen vor:

Internationale Maße für Keilrahmen

Xr.

Portrait

Landschaft

Marine



22 X l6

22 X 14

22X12

2

24 X 19

24 X 16

24 X 14

3

27 X 22

27X19

27 X 16

•4

33 x 24

33 X 22

33 X 19

5

35 x 27

35 x 24

35 X 22

6

41 x 33

41 x 27

41 X 24

8

46 X 38

46 X 33

46 x 27

IO

55 x46

55x38

55 x 33

I 2

61 X 50

61 X 46

61 X 38

<5

65x54

65 X 50

65 X 46

20

73 X 60

73x54

73 x 50

25

81 x 65

81 X 60

81 X 54



92 x 73

92 x 65

92 x 60

40

100 X 81

IOO x 73

100 X 65

50

116 x 89

116 X 81

116 X 73

60

130 x 97

130 x 89

130X81

80

146 X 114

146 x 97

146 X 89

IOO

162 X 130

162 X I 14

162 x 97

I 20

195 X 130

195 X 114

195 X 97

Er selbst erläutert diesen Vorschlag mit Worten, die uns
beachtenswert erscheinen:

„Die Industrie versuchte des öfteren mit der Künstlerschaft
Fühlung zu nehmen, um eine Grundlage für die Vereinheit-
lichung von Bildformaten zu gewinnen. Resultate liegen
meines Wissens noch nicht vor.

Es bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung, daß
Rahmen, Leinwände, Malbrettcr, Papierblöcke usw. bedeu-
tend billiger sein könnten, wenn statt der vielen, nur um
Zentimeter verschiedene Größen der einzelnen Materialien,
nur einige wenige Normalformate hergestellt und auf Lager
gehalten zu werden brauchten.

Bei Bilderrahmen besonders wäre es für Käufer und Her-
steller gleich vorteilhaft, mit einem Vorrat von gebräuchlichen
Formaten rechnen zu können. Die Maler hätten die Gewähr,
jederzeit einen Rahmen zur Verfügung zu haben, andererseits
würden die Preise für Rahmen andere sein, wenn man in der
stilleren Sommerzeit serienweis auf Vorrat arbeiten könnte.

Die Künstler werden in der Lage sein, mit drei, vier fest-
stehenden Maßen von Rahmen im Atelier ihre Gesamtpro-
duktion Besuchern zeigen zu können; was durch den vermin-
derten Vorrat gespart wird, kommt der Güte eines repräsen-
tableren Rahmens zu statten. Ebenso würde der Verkehr der
Künstler mit den Galerien sich leichter abwickeln, wenn die
Maler den Kunsthändlern ihre Bilder ungerahmt zugehen
lassen können. Natürlich werden die dann auf Vorrat ge-
haltenen Rahmen strengen Ansprüchen gegenüber nicht stand-
halten können, aber wenn man die Ersparnisse an Transport-
und Verpackungsspesen der Güte der Rahmen wieder zu-
kommen ließe, erhielte man doch wesentlich besseres, als
den üblichen Konfektionsstil.

Die von der Industrie vorgeschlagenen Normalmaße sind
für Bildformate, weil sie irgendwelchen technischen Bedürf-
nissen entsprechen, unbrauchbar. Was der Maler benötigt,
sind harmonische Proportionen.

Es gibt nun schon seit Jahrhunderten Normalformate und
die Verhältnisse dieser Maße beruhen auf dem goldenen
Schnitt und geben dem Maler eine sichere Basis für die
Komposition. Diese Maße, die die meisten alten Rahmen
haben, sind dieselben, die die romanischen Völker noch
heute für ihre Bilder benutzen. In Paris pflegt man nicht
nach Zentimetern zu bestellen, sondern man verlangt seine
«numero». Die Selbstverständlichkeit der Flächenaufteilung,
die die romanische Kunst bis heute kennzeichnet, ist sicher,
auf die klare Unterstützung gesetzmäßiger Proportionen zu-
rückzuführen. Die «rapports» stellen sich wie von selber
ein, wenn eine harmonisch begrenzte Fläche sich dem Ord-
nung gewillten Sinn darbietet. In den antiken Wohnräumen
pflanzten sich diese Maße sogar in der ganzen Umgebung
fort. Es gab in den klassischen Zeiten kein Profil, kein
Möbel, keine Wand, die nicht in einem harmonischen Zu-
sammenhang in ihren einzelnen Teilen untereinander und
zum ganzen Raum standen. Das folgte aus dem merkwür-
digen Gesetz, daß in einem Rechteck, dessen Seiten im Ver-
hältnis des goldenen Schnitts stehen, die Diagonalen in ihren
Schnittpunkten, die Höhen und Transversalen und alle sich
daraus neu ergebenden Schnittpunkte auch wieder im goldenen
Schnitt geteilt sind.

Es ist von Psychologen behauptet worden, daß es dem
Deutschen wider den Strich ginge, seine Taten und sein Tun
nach Gesetzen zu regeln. Wenn aber soviel zwingende Not-
wendigkeiten der Praxis den Anstoß erst einmal gegeben
haben, wird der Geist, wenn auch auf den Schleichwegen
der Gewohnheit, das Gesetz ertragen, weil sich von diesem
aus erst die Freiheit des Schaffens ergibt.

Ich glaube, die Frage der Formate ist wichtig genug, daß
die führenden Künstler sich entschließen, Stellung dazu zu
nehmen. Ist einmal ein Entschluß gefaßt, werden sich alle
Erzeuger von Malmaterialien sofort auf das Erforderliche
einstellen. Georg Calmann.

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