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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 7
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Berliner Ausstellungen
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Scheffler, Karl: Menzelzeichnungen in der Galerie J. Casper
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0302
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dekorativ gemeinte Illustration. Von den wertvollen gra-
phischen Leistungen neuer Künstler, an denen es auch dem
französischen Buche nicht fehlt, ist nur wenig zu sehen.
Vielfache Bemühung um typographisch und drucktechnisch
einwandfreie Arbeit, Vorliebe für kostbares Papier bestimmen

die besten Leistungen, die für unser Auge immer den fatalen
Beigeschmack der Eleganz behalten. Ein Gefühl der Fremd-
heit bleibt zu überwinden, das sich nur dann einstellt, wenn
eine künstlerische Leistung sich nicht über nationale Ge-
bundenheit zu allgemeiner Geltung erhebt.

MENZELZEICHNUNGEN
IN DER GALERIE J. CASPER

Die Galerie Thannhauser hat vorweg eine Menzel-Aus-
stellung angekündigt. Die Galerie Casper hat sie schon ver-
wirklicht. Eine bescheidene Ausstellung von Zeichnungen nur,
aber nichtsdestoweniger eine sehr unterhaltende, lebendige
und intime Ausstellung, mit schönen frühen und späten
Blättern aus der Sammlung J. Freund, der Sammlung Sommer-
guth, und aus anderem Berliner Privatbesitz, die öffentlich
unseres Wissens noch nie gezeigt worden sind.

Menzel gehört zu den großen Künstlern, die immer wie-
der fesseln, deren Arbeiten immer wieder aktuell sind und
von denen das kleinste Blatt oft lebendig ist. In Menzels
unendlich umfangreichem Zeichenwerk gibt es viele Nieten,
wie es nicht anders sein kann; immer aber ist das Genie
wieder da, stets überrascht dieser merkwürdige Künstler von

neuem durch die Prägnanz des Ausdrucks, durch den Geist
im Handwerk, durch die knappe Formulierung des Natur-
erlebnisses. Hebbel unterscheidet drei Arten von Drama-
tikern. Den Dramen der ersten gegenüber sagt man: es
kann so sein; den Dramen der zweiten gegenüber sagt man:
es ist so; bei den dritten aber sagt man: es muß so sein.
Menzels geglückte Blätter — oft ist es nur eine Notiz —
sind von dieser dritten Art, wenn man's auf das Malerische
überträgt. Er hatte mehr Talent als er selbst wußte. „Ge-
nau so habe ich es gesehen", denkt der Betrachter; nur
bedenkt er nicht, daß Menzel es ihm selber erst zum Be-
wußtsein gebracht hat. Dieses ist die Allgemeingültigkeit
des Subjektiven, wenn es die Meisterschaft hat; dieses ist
das Beglückende, das vom Genie ausgeht: es bestätigt den

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