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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 9
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Waldmann, Emil: Giorgiones "Sturm" von Italien erworben
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Scheffler, Karl: Landschaftsmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0356
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werken der Sammlurjg, die auch schönes Porzellan enthielt, waren am berühmtesten
eine Saera Conversazione von Bonifazio dei Pitati, Rocco Marconis Christus und die Ehe-
brecherin und Lotto Lottos heiliger Rochus mit dem Engel. Ferner ein Dogenbildnis
von Tintoretto, ein Doge aus der mit den Giovanellis verschwägerten Familie der Con-
tarini, sowie Familienbildnisse von Longhi. Ein sehr moronihaft aussehendes Männer-
bildnis von Tizian verkaufte der Principe im Jahre 1925 an Duveen für 600000 Mark.
Um die Ausfuhrerlaubnis zu bekommen, mußte er der Galerie in Venedig ein signiertes
Madonnenbild von Giovanni Bellini geben, das aber vielleicht von Previtali stammt.
Für seinen letzten Verkauf, die Abgabe eines hervorragenden Werkes von Antonello da
Messina, Brustbild eines Mannes im roten Rock, das er einem „amerikanischen Händler"
überließ, bemüht er sich noch um die Ausfuhrerlaubnis. Vielleicht wird nun Sir Joseph,
der einmal eine Million Dollar für die Tempesta bot und damals ohne Antwort blieb,
durch die Freigabe seines Antonello getröstet.

Landschaftsmalerei

von KARL SCH EFFLER

Der Gedanke, der vergleichenden Porträtausstellung, die vor einigen Monaten im Kaiser-
Friedrich-Museum gezeigt wurde, eine ebenso gedachte Sonderausstellung von Landschaften
verschiedener Länder und Jahrhunderte folgen zu lassen, war erfolgversprechend. Denn
Landschaften interessieren immer. Wie der Hörer von guter Musik sich gern einer Ge-
dankenflucht hingibt — der rechte Kunstgenuß ist das freilich nicht —, und wie er
sein von Rhythmen und Melodien getragenes Phantasieren als angenehm empfindet, so
lockt es den Betrachter bildhaft dargestellter Landschaften, sich in Gedanken darin ge-
nußvoll zu ergehen. Schon als Kunstgattung haben Landschaften eine Vorgabe.
Diese Vorliebe ist dennoch verhältnismäßig jung. Das reine Landschaftsbild ist wenig
älter als vierhundert Jahre, einige Vorläufer abgerechner. Wenigstens in Europa. Vorher
war das Landschaftliche des Bildes kaum mehr als ein zeichnerisch erklärender, malerisch
den Raum weitender oder gobelinhaft schmückender Hintergrund für die beherrschende
menschliche Figur. So reizvoll diese Hintergrundlandschaften auf italienischen oder
deutschen Bildern des fünfzehnten oder sechzehnten Jahrhunderts oft sind, so über-
raschende „moderne" Akzente man darin findet: als reine Landschaftsmalerei kann
dieses alles kaum schon angesprochen werden. Denn dazu gehört eine besondere seelische
Einstellung. Es gehört dazu ein gewisses Ressentiment den Menschen, der Gesellschaft,
dem Staat gegenüber; die Liebe zur Landschaft und zu ihrer Darstellung setzt Sehn-
sucht nach Einsamkeit und Absonderung voraus. Der durchaus aktive Mensch macht
sich nicht viel aus der Landschaft, um so mehr aber der beschauliche. In diesem Sinne
hat die ganze europäische Menschheit zur Zeit der Renaissance — der Zeitpunkt ist
bedeutsam! — an naiver innerer Aktivität eingebüßt. (Die geschichtlich älteren Ostasiaten
waren freilich schon früher kontemplativ gesinnt.) Dieser damals zum ersten Mal allge-
mein betonte Subjektivismus war die Parallelerscheinung einer romantischen Unbefrie-
digtheit. Erlösung wurde in der Naturempfindung, in der Liebe zur Landschaft gesucht.
Man liebte das, was wir Stimmung nennen, was die Alten aber nicht gekannt oder ge-
duldet haben. Schiller hat es später in seiner berühmten Abhandlung das Sentimentalische
genannt.

War die Landschaft im Bild zuerst nur Hintergrund, so wurde sie in der Folge immer

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