Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kladderadatsch: Humoristisch-satyrisches Wochenblatt — 3.1850

DOI Heft:
Hefte 9-13, März 1850
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2231#0041
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Sonntag,

III. Jahrgang

den 3. März <850.


Wochenkalender.

Montag, den 4. Mär;.
Die Beiliner Komödie geht für die Früh-
johrSsaiscn nach Erfurt. Herr von Vodel-
schwingh hat die Direeticn.
Vienflag, den 5. Mär;.
Die Saison soll mit einer Posse eröffnet
werden.

Mittwoch, den k. Mär;.
Herr Ernst August kann wegen plötzlich
cingetretener Heiserkeit nicht mitsplele».


Wochenkalender.
Vonucrflag, den 7. Mär;.
Herr von Bodelschwingh kriegt das
Coulissenstcber »nd wagt nicht aufzu treten.
Freitag, den 8. Mär;.
Herr von Radowitz wird die Rolle des
Herrn von Bodelschwingh spielen.
Sonnabend, den !>. Mär;.
Herr von Bodelschwingh legt die Di-
rektion nieder und zieht sich zurück. Es
folgt ihm Herr von Nadowrtz.

Humoristisch -satyrisch es Wochenblatt.

Dieses Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme der Wochentage. — Man abonnirl niit I7'^Sgr. vierteljährlich bei allen Buchhand-
lungen sowie bei den König!. Postanstalten des In- und Auslandes. Jede einzelne Nummer kostet I'^Sgr. Sie kedaktion.

Am S<» März 1848
war große Freude in Berlin und den Menschen ein Wohlgefallen. In den Straßen wogendes Gedräng und Siegcöjubel. Reiche
Spenden für die Verwundeten und für die Wiltwen und Waisen gefallener Kämpfer. FrohcS Wiedcrfindcn verloren Geglaubter. Die
Thore der Kerker öffneten sich und gaben die gefangenen Opfer politischer Kämpfe und Verfolgungen dem Tag und der Freiheit
wieder. Aus allen Fenstern und von allen Dächern wehte die dreifarbige Fahne, flaggte das Banner Deutscher Einheit und —
Deutscher Träume. Der Augenblick war groß, denn cS war ein Augenblick der Selbstverleugnung und der Wahrheit. Aber
es war nur ein Augenblick. Er verging schneller als er kam. Und am folgenden Tage, am 2l. März wurde schon wieder
— diplomatisirt.


war Berlin seit mehr als 4 Monaten in Belagerungszustand. Die Verfassung war über 3 Monate alt, die verfassungsmäßig gewählten
Kammern fast einen Monat lang versammelt, bedeutende Ercesse und Ruhestörungen waren seit langer Zeit nicht vorgckommcn. Der
Belagerungszustand aber dauerte fort. Warum? DaS haben wir nicht zu verantworten. Von der Rcdnerbühne der zweiten Kammer
aber sagte ein Mann, wie der heilige Augustinus von Heiden, so könne man von der jetzigen Regierung sprechen: „Ihre Tugen-
den .sind glänzende Laster."
Ob er Recht gehabt?!


ist jener Mann — er war bisher Präsident des Obcrgcrichts in Natibor — von seinem Amte suspendirt, weil er so reactionair
war, an der alten Unabhängigkeit des Preußischen Richterstandes festhalten zu wollen.
Am SO März 18SO wird in Preußen die letzte erste Kammer gewählt, nachdem die erste zu Gunsten gottbe-
gnadeter Kartoffelbrenucrei sich selbst und ihrer Nachfolgerin den Todtcn schein geschrieben.
Am SO. März I8SO eröffnet man in Erfurt das Deutsche Parlament, dessen Hauptverdicnst außer seinen
Diäten, darin bestehen wird, eine Kirche auf einige Zeit ihrem eigentlichen Gebrauch entzogen zu haben.
So ändern sich die Zeiten! Und wir?! Wir bleiben, die wir sind, und harren auS in Hoffnung und Geduld. Denn wir
haben gehört und wissen und wiederholen cs unS immer, daß alles eitel ist, und daß im nächsten Frühjahr der Aufstand
doch nicht in Berlin, sondern in Magdeburg und Breslau ausbrechen wird. —

Kladderadatsch.
 
Annotationen