Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt (7.1854)

Nr. LR.

Berlin, den 3. September 1854.

7. Jahrgang.


MochMafMer.
Montag, drn 4. September.
England, unser langjShriger Bundes-
genosse, wird mit unserer Bewilligung
einige Küstenplätze besetzen.
Ein Moscoviter.
Dienstag, den 5. September.
Nicht in freundlicher, nicht in feindlicher,
nicht in neutraler, sondern in ganz anderer
Absicht. Ein Wiener.
Mittwoch, drn 6. September.
Was auch Dänemark sagen möge:
wir haben stets eine ehrliche Politik befolgt
und halten stets — wa« sich halten läßt.
Ein Londoner.

// „ ^



wo ch «Malender.
Donnerstag, den 7. September.
U'ewpire c'est la puix!
Ein Pariser.
Freitag, den 8. September.
Immer langsam voran, immer langsam
voran,
Daß unser Eins auch noch milkommen
kann!
Ein Bamberger.
Sonnabend, den 9. September.
Jo nich sehn!

Ein Berliner.

Humoristisch - salyrisches Mochenst last.

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d" Herbstlicher Larneval.

Ist es doch, als ob auf einmal Carneval in allen Landen
Von der Neva bis zum Tajo wäre jugendlich erstanden!
Nicht weil heute noch die Narrheil herrscht wie in der Faschings-
woche —
Den» der gläubige, wie der dumme Narr, sie mache» stelS Epoche —
Sonder» weil sich alle Völker in der Maske dichten Decken
Heut mit alten, oft bewährten, und mit neuen Scherzen necken.
„Schone Maske, sag', wer bist du?" — fragt ein fezgeschmückter
Alter —
.Bist ein Heide oder Christ du, bist ein inniger oder kalter
Freund mir oder Feind? O rede! Rede, fremder Mann, ich bitte;
Denn ich seh', du folgst mir längst schon nach auf jedem Schritt und
Tritte!
Drücktest mir vorhin so freundlich im Gewühl« doch die Hand,
Daß ich glaubt', wir hätten Beide uns verstanden und erkannt;
Aber später Hab' ich wieder bei der Gruppe dich gefunden,
Die sich mir zum Schabernacke hat auf diesem Ball verbunden!"
Also fragt der Fezgeschmückte; doch des Fremden Auge blitzt
Hinter diplomat'scher Larve, halb vergnügt und halb verschmitzt.
Und er spricht kein Wort und hüllt sich in die Toga heldenkühn —
Schwarz und gelb ist sie von Farbe, doch das Futter — russisch
grün.
»Sag', wer bist du?" — fragt ein Andrer eine fein geputzte Dame —
.Irr' ich nicht, so ist Britannia, schönes Weib, dein stolzer Name.
Zwar ich weiß, wir stehen feindlich durch der Vorzeit Iiistoire,
Aber jetzt sind wir verbündet durch die Noth und — psr Is gloire.

Wozu also noch die Scherze? Laß mich blicken frei und offen
In dein Aug', in deine Seele, in dein Denken, in mein Hoffen!
Laß uns festvereint in Liebe, ohne Falsch, zum Ziele wallen!
Aber, willst du mit mir schwelgen, nun, so laß die Maske fallen!"
Doch da springt geschwind dazwischen Ab erd ecnö bemoostes Haupt!
.Mylady, das Dcmaskiren ist zur Zeit noch nicht erlaubt!"
Und es wendet sich der Franke hin zu einer andern Schönen:
.Bist erkannt, o holde Maske! Komm, wir wollen uns versöhnen!
Denn die Zeit macht meinen Ingrimm und dein Mißtrau'» auch zum
Spotte;
Komm, laß u»S vertraulich plaudern, Tochter du von Bernadotte!
Geh' mit mir, wirf a b die Larve und durchbrich der Sitte Schranken —
Und dir sollen willig dienen mehr als Millionen Franken.
Willst du nicht? Mehr als du haltest, geb' ick wieder dir!" —
Stre!""—
„Nicht vielleicht, o liebe Schwedin, nein, jetzt gleich!" — „„Na
davon später!"" —
„Aber du?" —so fragt ein Brite einen stahlumwallten Mann —
.Ocffne dein Visier, ich bitte, daß ich dich erkennen kann!
Bist ein Ritter, fest und furchtbar, bist ein Mann und zwar ein ganzer;
Aber wissen möchl' ich jetzo: gegen Wen bist du im Panzer?
Sprich,wie heißt du? und wie lebst du, und womit ichdienenkann?" —
..Laß mich gehn, wie mich gelüstet! Denn, mein Freund, selbst ist
der Mann!""
Ach so:::-
Kladderadatsch.