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Silvcstci'-Bildcr lins dem altcn Zahlt.

Än der Constantia Tasclrund,
Bekaibt gesenkt die Siöpst,
So saßen in der Neujabrsstund'
Drei arme Mehrheitsgeschöpfe.
Der Erste sprach: Wie wird'» ergehn
Uns zu den Wölfen Verdammten?
Was wird im neuen Jahr gcschebn
UnS abgesetzlcn Beamten?
Der Zweite sprach: Ter Bürger LcoS
Ist wahrlich nicht zu beneiden!
O web, was wird in seinem Schocß
Das neue Jahr uns bescheiden?

Der Dritte sprach: Ich veriage nicht,
Ich trrp.e des Schicksals Püffen;
Ich bin ein Bauer fromm und schlicht
Und laste mich nicht verblüffen.
Da hob der Erste das Glas und that
Drei tiefe mächtige Züge:
Stoßt an, ihr Freunde, ein Pcreat
Ter Heuchelei und der Lüge!
Ter Zweite bub das Glas aufs Neu':
Hoch Die, die uns vertreten,
Im Reden wabr, im Hanteln treu —
Ein Pcreat schlechten Rathen!

Drauf bub sein GlaS daS Bäuerlein:
Was uns auch widerfahre,
Der Himmcl schickt uns Sonnenschein
In jedem ncncn Jahre.
Das Volk, das jetzt verstoßen irrt,
Und den, die Heuchler fluchen,
Wenn man cs wieder brauchen wird,
Tann wird man cs schon suchen.
Nur frischen Muth! ES kommt die Zeit,
Tie Sonne wird sich heben!
Ein donnernd Hoch der Beständigkeit
Constantia, sie soll leben!

Ärei Junker sitzen — welch heitrer Kreis!
In warmer Ritterstube.
Die Pfropfen knallen: Frisches EiS,
Herr Wirtb, auS Eurer Grube!
Und frischen Sect! Tie Stunde naht,
ES schlägt gleich Zwölf — auf Taille!
Stoßt an, ihr Herrn, ein Pcreat
Auf den Plebs, die zähe Canaille!
Ein Andrer schnarrt: Geschwind, Garden,
Ein neues Hundert Colchester!
Ein Hoch der großen Action
Der Zukunft, am Silvester!

Zum Teufel mit dem ganzen Wisch
Von Paragraphen — auf Hüfte!
Ein Percat am grünen Tisch
Euch, ihr rebellischen Sibüfle!
Der Tritte näselt: Auf Handicap,
Fübl' mich zum Toasten getrieben!
Auf ein recht lustiges Hepphepp
In nächstes Iabr, ihr Lieben!
Den Wählern aber in Land und Stadt
Zähnklapxcn, Heulen und Zetern!
Stoßt krampfbaft an: ein Pcreat
Ten sogenannten Vertretern!

Da stammelt der Erste: Ruhmes-glanz —
FamoS — viel — Schmerz — erlitten —
Ein jubelnd — Hoch — auf — unser» Franz,
Hoch — seine treuen Banditen!
Ter Zweite lallt: Heil, Heil des Tags,
Der uns — zur Macht erweckte —
Schlag' vor, Uossienrs, zu neue Fracks
Patriotische Collccte!
Ter Tritte: Trinkt jetzt Gläser auS —
Nur wir das Volk, das wahre!
Hoch unser geliebtes — Herrenhaus
Auch in dem ncuen Jahre!
Aladberadalsch.

Feuilleton. (§2^^

Man schreibt uus aus Mundschah (Kreis Japan, Regierungs-
bezirk China): Liest man, was gegenwärtig den Zeitungen und Blättern
Oesterreichs und des übrigen Deutschlands über unsere Regierung zu sagen
gestattet ist, wie Männern, die an der Spitze unseres Staates stehen, Be-
zeichnungen ertheilt werten, die den letzten Droschkenkutscher zur Verzweiflung
bringen müssen; bedenkt man, daß diese Blätter öffentlich ausliegen und täg-
lich von Tausenden gelesen werden, so fragt sich der besonnene und verständige
Simodske: wie hoch muß die Blauer sein, und wie lang, vor Allem aber wie
dick, um das Land gegen diese hcchverrälherischcn Papiertraeben zu schützen?
Und sind überhaupt so viel Mauersteine vorhanden, um den Bau mit einiger
Aussicht auf zweckmäßige Vollendung beginnnen zu können? Ohne Mauer
ist aber schlechterdings nicht zu regieren, wenn man sieht, mit welch' offener
Bosheit engbefreundete Nachbarländer die unverfänglichsten Maßregeln unserer
Staatsmänner verdächtigen lasten. Denn welchen Nutzen hätte cS, die Presse
des eigenen Landes in schärfster Weise zu zügeln und zu züchtigen, so lange
es noch gestattet wäre, folgende Leitartikel zu bringen:
Wiener Presse (502), Allgcin. Augsburger Zeitung <345>, Badische
Zeitung (341), Hessische Zeitung Ml), Leipziger Allg. Zeit. >358),
Coburgcr Zeitung (317), Prager Zeitung (360), Wiener Botschafter
(107) u. s. w. u. s. w.
Denn der Wohlstand unserer oppositicnslustigen Bevölkerung ist leider so
groß, daß sic nicht nur so viel Geld übrig haben, inländische Zeitungen zu
halten, sondern auch einzelne Nummern ausländischer Blätter durch ganze
Familien, ja durch ganze Ortschaften, Straßen, Torft'chaften — durcblcsen zu
lassen. Tie Alten schütteln den Kopf; aber die Jugend, die Jugend, die
Jugend — der man auf den Schulen von Vaterlandsliebe, Mannesstolz und
all' dem andern von den demokratischen Sudclblättern eolportirtcn MchrbeitS-
quark spricht — die Jugend empört sich, daß daS Organ eines kleinen Hofes
— dessen herrliches Krieg-bcer auS sechSunddreißig Mann und einem Trom-
peter besteht — es wagen darf, die Geschichte ihres Mutterlandes in den Koch
zu treten! Sie schäumt und bäumt sich und ist nicl-t zu halten, wenn wir
nicht — eine Bi au er haben! Eine Mauer, eine Mauer! Eine hohe, lange,
dicke Mauer um das ganze Sand! Oder wir erzählen uns Silvester 1804 —
wunderbare Tinge!

Doch noch einmal Hagen.
Schon wieder einmal festgesetzt
Zur endlichen Bekehrung!
Der Hagen denkt: Das paßt sich jetzt,
Das ist eine schöne Beschecrung
Zum Weihnachtsfest — das fehlte noch!
Und nun zu all' der Plage .
Rust ihm der Schließer durchs Schlüsselloch:
„Vergnügte Feiertage!"

Das Kempener Krcisblalt bringt folgende amtliche Bekannt-
machung:
„Ich halte mich verpflichtet, dik Bewohner des KreiieS von der
Bctheiligung durch Unterschrift an eine, an das Abgeordnetenhaus
gerichtete Adresse, welche in rcrschietenen Genieinden des Kreises in
den Häusern umber getragen wird, abzurathcn.
Kempen, den 19. Dezember 1862.
Ter König!. Landrath Förster."
Bei der ausgesprochenen Vorliebe des Herrn Förster für Len
AccusativuS oder Anllagcsall erlauben wir uns, den Herrn Justizministcr
auf den Herrn Landrath als einen besonders für die StaalSanwalkschast geeig-
neten königlichen Diener aufmerksam zu machen, eventuell aber den Herrn
Minister des Innern zu ersuchen, den genannten Herrn wegen hartnäckiger
Auflehnung gegen die Gesetze — unserer Sprache dem Herrn Nähst (Mou-
bijcuxlatz 5) zur Maßregelung überweisen zu woacn.
Adelungs und HcinsiuS sel. Erben.

Die Zeitungen melden, zwischen Victor Emanuel und denr Papste
scheine sich eine Annäherung vorzubereiten.
Unserer Auffassung nach war der König von Italien dem heiligen Vater
schon seit längerer Zeit zu nabe getreten, so daß ein ferneres Näher
treten höchstens einen — Zllsammcnsloi) bedeuten könnte.
 
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