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—^>-5^ Feuilleton.

sMinisterietle« Stillleben
am 1. April.
Heil mir! Ferienzeit! lind den LandtagSqualcn enthoben!
Heimwärts wandern zum Ostergeläut die Geslböpse der Niehrheit,
Der zum Süden und Jener gen Nord, und im Arme der Liebe
Ruhn vom erbitterten Streit jetzt eiuS die verbitteiten Kämpfer:
Löwe, der Rumpixräsident, und deS Unruh-Clubs Deputirtc,
Schulpe, der Arbeitemann, und der reichenhcimliche Gcldmcnsch,
Faucher, der Manchestermann, und Laerst und der schäumende Waldeck,
Grabow, Behrend und DolffS und der Forscher des Mikrokosmus,
Birchow, und .Wer sonst noch' — heut schweigen und scicrn sie Alle.
Heil mir! Ferienzeit — und den LandtagSqualen enthoben!
Bring' mir, Sclave, daS Frühstück her und den Kuchen deS Baumes,
Bring' vom Osterland mir den höheren Kuchen der Mazze —
Christliche Iungfrau'n bucken ihn mir mit geschäftigen Händen —
Ach, nicht huldigen mir gleich ihnen die Töchter von Juda!
Bon krummbeinigen Wühlern umstrickt und näselnden Jobbern,
Schworen sie Feindschaft mir, mißachtend die großen Actionen —
Aber im Kämmerlein still mein denkt die germanische Jungfrau,
Knetet den Teig und schweißet den DerS und läffet ihn drucken.
Heilige Ruh! Herzlabcnde Rast! O schöner Geburtstag!
Grüße von nah und fern und glückankündende Botschaft!
Bor drei Tagen noch Kammergeschwätz und Streit um Polackien,
Sybel-Latein, Seischlangen-Gezisch, Cartellergeklapper —
Heut — da steht eö gedruckt — steckt ein sein Schwert der Polacke.
Jubel und Lust! Nun fasse geschwind den Moment ich am Schopfe:
Still, daß Keiner eS merkt, auflös' ich die Posten der Gränzwacht,
Zieh' aus der Convention mein Haupt; und die ganze Geschichte,
Morgen vielleicht, nach Ostern gewiß, ist Alles vergessen!
Selber die Fehler gedeih» — Heil mir! — zu Segen und Ruhme!
Groß, weil Andre so klein, und stark durch der Anderen Schwachheit,
Biet' ich die Stirn und biete die Brust diplomatischen Streichen.

Bringe die Rüstung drum und bringe daS Schwert mir, o Sclave,
Daß ich zum Fest mich schmücke damit, doch — „hüte dich, Junge!"
Schnall' um den Leib mir den Gurt! Trotz biet' iib dem ganzen Jahrhundert,
Trotz auch dem Pöbclgeschrei, und eS sollen noch späte Geschlechter
Schwingen daS Weihrauchsaß zum Preise deS , JunkcrS der Junker!"

Wie man vernimmt, lost der Herr Minister deS Inneren die Absicht ge-
habt haben, den famosen Artikel deS Staatsanzeigers aus dem Neu-
preußischen auch inS Deutsche übersetzen zu lasten, um die Sympathien
auch deS deutschen TheilcS der Bevölkerung zu gewinnen. DaS Unter-
nehmen scheiterte aber an dem hartnäckigen tendenziösen Widerstande der
deutschen Sprache.

!)m Lureau.
Ciuk gcheinmißvollc Scknc.
Minister. Kommt eine solche Dtmonstialion noch einmal vor, so machen
Cie sich auf Ihre Paßkarte gesaßl!
Intendant. Aber Excellrnz sind ganz im Jirlhum! Tie Aufforderung,
welche der Herzog in dem Stücke an seine Mutter riebtet, „die Minister
zu entlassen' schließt mit einen, Hinweis auf den Wunsch der Unterthanen
— Unterthanen bleiben zu wollen. Und dieser Stelle wegen axplaudirte
daS Publicum.
Minister. Lieber Herr, dergleichen kann man wohl gewisser Zwecke wegen
drucken lassen; wir aber wollen uns doch nicht täuschen!
Intendant. Aber ich frage Sie, Excellcnz. wenn das Publicum jeden
Abend nur auf die Gelegenheit lauert, irgend beliebige Stellen zu Demon-
strationen zu benutzen, dann bleibt nichts mehr übrig, als .Heil dir im
Siegerkranz' zu singen.
Minist». .Heil dir im Siegerkranz?" WaS fällt Ihnen ein. Herr?
.Heil dir im Siegerkranz' kann unter Len jetzigen Umständen zur Mar-
seillaise werden! DaS Publicum würde nicht aushören die Strophe:
.Nicht Roß, nicht Reisige
Sichern die steile Höh'
Wo Fürsten stehn;
Liebe deS Vaterlands,
Liebe deS freien MannS
Gründen deS Herrschers Thron,
Wie Fels im Meer' —
alS Demonstration fortwährend zu wiederholen.
Intendant. Dann bleibt uns allerdings nichls mehr übrig, als — tan-
zen zu lassen.
Minister. Lasten Sie tanzen!

Die Einsytöigen.
Seht nur den schönen Ueberschuß,
Wir haben Geld im Ucberfluß.
.Sol"
Wir haben bicr und dort gespart
Und stets an, — rechten Ort gespart.
.O!"
Die ihr vom Hauehalt doch nichts wißt,
Sagt jetzt, ob daS denn noch nichts ist!
.Schein!"
Da ist LaS Geld! begnügt euch jetzt.
Seid ruhig, schweigt und lügt euch jetzt.
.Nein!"

Der Mann mit der viereckigen Mühe,
bin Nachtstiick.
1.
Ungewöhnliches Drängen und Treiben herrschte überall. Plötzlich sah man
einen Mann mit einer viereckigen Mütze.
2.
WaS bedeutet diese viereckige Mütze?
Reitende Boten sprengten hin und her. Die Telegraphen spielten. Ein
schleuniger Ministeirath fand statt. Alles srbien in der Schwebe, und Braun-
schweig drohte in der allgemeinen Bestürzung — an Preußen zu fallen. Noch
aber wußte Niemand, waS die viereckige Mütze zu bedeuten habe.
3.
WaS bedeutet diese viereckige Mütze?
Die Frage war daS Zeichen. CS fiel rin Schuß. Dieser war da» Signal
zum Angriff. Alle« wuide umzing.lt. Jetzt rückten die Heere vor. Ergebt
euch, ihr seid verloren! WaS hat die viereckige Mütze zu bedeuten?
Ai herrjäseS! Ai herrjäse«! — rief der leipziger Schneidcrgesclle, der sie
trug — ich habe sic mir ja nur viereckig gemacht, weil zu ner runden
die Lappen zu kleene waren!
Wehe den Völkern, die sich selbst befrci'n! Da kann die Wohlfahrt nicht
gedeih n.

tlnsragr.
Ist denn der Prinz Georg von Schleswig Holstein Sondcrburg Glücksburg
fest, oder bloß aus monatliche Kündigung zum Könige von Griechenland
angenommen worden?
Ein legitimer Dienstmann.

»Von ungefähr muß einen Blinden
Ein Lahmer aus der Straße finden."
(Weitere Details über die Convention fehlen noch.)

Trofi der im ilbgeordnetenhanse Eingeregneten.
ES regnet durch — waS kann da sein? —
Wir finden uns gcmüthlich drein:
Aus Regen folgt ja Sonnenschein.

1813 sind wir eingetreten, 1813 waren wir fertig. Wo bleibt da die
dreijährige Dienstzeit?
Der brave Veteran.
 
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