Kladderadatsch: Humoristisch-satyrisches Wochenblatt (16.1863)

41. Berlin, den 6. September 1863. XVI. Jahrgang.


wocheakalender.
Montan, den 7. September.
DerRH ein ström und Jung-Oester re ich,
Wie sind die Beiden sich so gleich
Zur Stunde!
Dienstag, den 8. September.
Jung-Oestrcich springt so kühn hinein,
Wie von dem Gletscher springt der Rhein
Zu Grunde.
Mittwoch, den 9. September.
Wie hell und schnell bi» Laufenburg,
Selbst durch den Bodensee hindurch —
Wie kräftig!


wochenkatender.
Donnerstag, den 10. September.
Wie stolz bi» Frankfurt OestreichS Lauf!
ES nimint wohl dreißig Ström« auf
Geschäftig.
Freitag, den II. September.
Doch ach, stets breiter wird der Rhein,
Er schleicht nach Holland trüb hinein
Zum Strande.
Sonnabend, den 12. September.
Und schwächer stets wird seine Geivalt;
Am End' verlausen Beide halt —
Im Sande.
Kladderadatsch.

humorisiisch.-salynsches MocheiMatl.


zu einer noch unvollendeten Komödie.

An gefallen jetzt siir den Augenblick ob der heitern Scene »er Vorhang,
Hin tret' ich vor euch, der Komödie Chor, heimlenchtend heiterem Vorgang.
Laut erscholl weittöncnder Heroldsrns von de- Jster- üppigem User
Durch Germanica hin; and ein kaiserlich Haupt war der brpurpurte
Rufer.
Germanien- Fürsten rief er zu Hanf nach der Kaiscrknrstadt am Maine,
Daß des deutschen Bau'- zerbröckelnd Gestein durch neuen Mörtel er
eine;
Daß er bind' aus- Neu' den zerfallenden Bund haltlo- sich lösender
Pscile,
Daß des deutschen Volk- heiß blutende Wund' rin Verband, ein stär-
kender, heile.
So rief die germanischen Fürsten er all' in der Freiheit heiligem Namen,
Durch der Einheit Band zu festigen neu ihre Land'. Und siche — sie
kamen!
Sie kamen zum Main in glanzendem Hanf, dem Ruf versagten nur
Wcn'ge:
Beisammen sah, wie im lustigen Spiel de- Planet, er glücklich vier
Kön'ge;
Großhcrzöge waren, Herzöge zumal und der Fürsten viele versammelt,
Auch ein Kursürst kam von der Wilhelms-öh' herab gen Frankfurt
gestammelt.
So saßen um ihn sie zum ersten Mal beim heitern Mahle vereinigt —
Biel fränkische Köche würzten, allein verdarben diesmal den Brei
nicht.
Wie homerische Helden schmanseten Irisch die germanischen Potentaten
Da- historische Viertel historischen Rinds. Nur Einer merkte
den Braten!
Trum hielt er sich fern dem leckeren Mahl, weil er Freund von Frieden
und Rah' ist,
Und er weiß als Gourmand, daß historisches Fleisch nie frei von
starkem Iknut-xnstt ist.
Die Andern aber, nachdem von der Gier sie befreit der Speis' und des
Trankes,

Begannen sosort der Einigung Weck auf dem Weg' hochfürstlichc,
Zankes.
Denn dem Einen erschien zu gering da- Gebot, das der Fürsten Rechte»
gemacht ward;
Dem Andern erschien das Opfer zn groß, da» des Bolle- Rechte» ge-
bracht ward.
Doch kamen zuletzt nach heftigem Streit sic zusammen in Compromiffe»:
Der Eine opfert ein Stückchen Herz, der Andc' ein Stückchen Gewisse».
So eint' in der zwölften Stunde man noch sich ans gemeinsamer Base —
Warum denn auch nicht? — Hat Recht und Gesetz doch eine wächserne
Nase!
Ab trat dann zu kurz erholender Raft der Spieler Schaar von der Bühne,
Mir verzeiht drum jetzt, wenn als komischer Chor ich mich dreisten Worte»
erkühne.
War gezwungen ich auch, schlau pfiffigen Plan- Jntrigucnspiel zu be-
kämpfen,
Will doch thatlos scrnblribrnder Ruh' Mißbilligung nimmer ich dämpfe».
Wenn ich»rarem so keck andcingeadcn Feind die scharfen Zähne gewiesen.
Glaubt trum, ich bitt' euch, nimmer daß euch und eure That ich ge-
priesen !
Still dlclben und fern sturmschrcilcndcm Gang der Zeit erobert die
Welt nicht;
Fern blieb Alexander und Cäsar ihm nicht, und Fritz der Große,
der Held, nicht.
Auch nenn' iq nicht Math, leichtfertigen Schlags vor den Kops de»
Gegner zn stoßen,
Und mit kleiner Chicanc Geplänkel den Feind zu gerechtem Grimm z»
erboßen.
Vorsichtig rüstet im Frieden der Held mit klugem kaltem Besinnen;
Dann draus! und wäc's um des Leben- Preis, in dem Kampf de» Sieg
zu gewinnen!
Ihr aber-Ich schweige! Doch du, mein Volk, gedenk' de- Dichter»
und sich', wie
Wahr spricht der Poet: äellrLllt rsxss, pleatuatrar
Kladderadatsch.