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Hteber Sie Deutschen 'Professoren.

(Frei nach Pin dt er.)

t8ib! es wohl noch ärg're Thoren
AIS die Deutschen Professoren'S
Ich behaupte ruhig: Nein,

Dieses kann nicht möglich sein.

Denn was sind sie? Eitle Träumer,
Wind'ge Wolkenkukuksheimer,
Gaukler/ Charlatäns, Phantasten,
Die nur den Etat belasten,
Büchermänncr, Schwartenklauber,
'Einzig stark in faulem Zauber.
Wissen die Latein'schen Namen
Aller Wesen aufznkramen,

Decliniren „Los" und „Vacca“,
Sind zu Haus am Titicaca,

Auf dem Popocatepetel,

Aller nicht in ihrem Städtel.

Nur im Theoretischen groh,

Haben sie sonst gar nichts los;

Und besonders auch vom Vieh
Weis; die Kuhmago mehr als sie.

Wenn sie doch dabei nur bliebe»,
Daß sie dicke Bücher schrieben,

Ja, daS wäre gut und recht;

Aber da kennt ihr sie schlecht!

DaS ja eben ist das Schlimme,
Dan I>e muffen ihre Stimme
lieber jeden Quark erheben,

Ihren Senf zu Allem geben.

In die Politik sogar
Mengen sie sich — schauderbar! —
Predigen Brand in Redcsäle»,
Lasse» sich von Juden wählen,
Sitzen in dem Parlament
Nörgclhaft und malcontcnt,
Immerwährend opponireiid,

Kanzler ärgernd, Volk verführend.
Dünkelvollen Angesichts,

Doch verstehen thnn sic nichts.

Welche wir be>ondcrs meinen,
Kann nicht zweifelhaft erscheinen.

Viele Schlimme sind dabei,

Doch am schliminsten ihrer Drei.
Mommsen ist der Erste — MomnisenS
Ganze Weisheit scheint uns Nonsens.
Virchow, als des Fortschritts Fetisch,
Ist genau so theoretisch.

Hänel, al-s der Dutt' im Bunde,

Führt dasselbe Zeug im Munde.

Diese Drei als Uinstnrzschürer,
VolkSverderber, Rädelsführer,

Finden sicher ihren Lohn

Und ein End' mit Spott und Hohn.

Fort mit dieser Wühler-Race!

Schickt sie nach der Davis-Straße,
Stellt sic im Polarcis kalt,

Werft sie in den Gletschcrspalt!

Noch genug gibt's Professoren,

Wenn auch diese gehn verloren.

Denn Professor ist fast Jeder,

Der nur leidlich führt die Feder;

Aber Commissionsrath sein
Kann ei» edler Mensch allein.

(BEB Aus der Gesellschaft. ^^0

Winke und Fingerzeige für junge Streber.

Auf nichts hat in unserer Zeit ein junger Man» mehr zu achten, als
daß er in Gesellschaften vorsichtig in seine» Reden sei. Ein einziges un-
bedachtes Wort, und er hat sich in einem sonst angeiichnicn Hause unmöglich
gemacht, hat vielleicht seine Laufbahn zerstört, vielleicht, gar die Hand der
schönen und begüterten Tochter des Hauses verscherzt.

Ist man in ein Haus geladen, denen polit>i<l,en Standpunct man nocii
nicht kennt, so kann man sich über denselben am leichtesten durch einen Einblick
in daS gewöhnlich auf dem Prunktisch liegende große Photographicn-Album
unterrichten. Desselben bemächtige man sich sofort, nachdem man den Salon
betreten! Nach den in demselben enthaltenen Bildninen. unter welchen man
vielleicht solche von Partei-Koryphäe» findet, wird man sich ohne Mühe ein
Urtheil über die politische Stellung des Hausherrn bilden können. Man sei
aber doch vorsichtig darin! Wenn i» einem sonst scheinbar conscrvativen
Album einige Seiten sich vorfindcn, die mit Fortschrittsgesichtern angefüllt
sind, so ist das noch nicht ein Beweis, daß der Besitzer dcS AlbumS nach der
liberale» Seite hinneigt; vielmehr liegt der Verdacht nahe, daß diese cin-
gesprengten Fortschrittler eine sogenannte „Schreckenskammer" in dem
Album bilden.

ES gibt auch sonst noch manche Zeichen, aus denen man auf den im
Hause waltenden conscrvativen Geist schließen kann. Es liegt z. B. hier und
da ein Stück der Norddeutschen Allgemeinen herum, oder auf einer
Stange sitzt ein Papagei und ruft: „Nieder mit dem Fortschritt!" — oder
an einer Wand hängt ein Bild von Stöcker mit einer kleinen Lampe
darunter. Auf alle solche Zeichen achte man wohl!

In der Unterhaltung kann ein junger Mann, der eine Zukunft vor sich
hat, nicht zurückhaltend genug sein. 'Kann er das Thema der Unterhaltung
beitim,uni, so wähle er wo möglich neutrale Stoffe. Als solche sind be-
kannt : Cellulose, Propionoyyd, Traubenzucker, Nitromannit, Acrol, Aethol,
Myrici», Terpentin, Zimmtöl, Cuminol, Cnmol, Nitrocnmol, Cumidin,
Caryophylli», Tülolbalsäm, Sydrobenrainid. Pikrainiu, Pikrotvxin ». s. w.
Gelingt eS nicht, den Faden der Unterhaltung an einen dieser Stoffe anzu-
knüpfc», so wende der junge Mann sich an seinen Nachbarn resp. an seine
Nachbarin mit einer der harnilosen und »»verfänglichen Fragen, wie man
sie immer bei der Hand hat, z. B.: „Essen Sie auch die Datteln für Ihr
Leben gern?" (Antwort: „Ja" oder „Nein", je nach dem Geschmack) —
oder: „Was ist des Lebens höchste Lust?" (Antwort: „Die Liebe und der
Wein") — oder: „Sind wir nicht zur Herrlichkeit geboren?" (Antwort:
„Gott bewahre!") — oder: „Was verdirbt den Cliarakter?" (Antwort:
„Die Politik") — oder: „Was ist des altersschwache» Greises nnd des
jungen Lebemannes letzte Stütze?" (Antwort: „Malzextrakt). Dan» wird
ein Wort das andere geben, ein Scherz den andern jagen, und eine ebenso
gcmüthliche wie ungefährliche Unterhaltung wird die Tafel beherrschen.

Manchmal spielt der Hausherr dem Gast gegenüber die Rolle eines
Agent provocateur oder läßt dieselbe durch Frau, Tochter oder Tante spielen.
„Nun" — wird z. B. der Unglückliche angcrcdet — „war cs neulich nicht
ganz prächtig auf dem Fortschrittlercommers?" Oder cs heißt: „War das
nicht ganz famos, was im letzten Kladderadatsch über X°°° stand?"

Nur zu leicht antwortet der Unerfahrene, dem das diabolische Lächeln
und das heimtückische Angenzwinkern des Fragenden entgangen ist: „Ja,
es war prächtig" — oder: „Ja, es war fanios." Schwapp! ist das Wohl-
wollen verloren, die Cärrii-re ahgeschnittc», der Schwicgersohnstrauni zu Ende.
Al)v auch solchen Fragen gegenüber Vorsicht!

Das Toasten lasse man lieber ganz, wenn man nicht sicher ist, das
Richtige zu treffen; man kann damit fürchterlich anstoßen. Ein Toast auf
Virchow, auf die Gedankenfreiheit oder auf die Freiheit im Allgemeinen
ausgebracht, kann, wo er nicht paffend ist, von ganz unberechenbarer
Wirkung sein. Selbst wo man sich im beßten Glauben befindet, kann man
leicht - irre». Ist man z. B. bei einem officiösc» Preßleiter zu Gast und
fühlt sich veranlaßt, eine Rede auf denselben zu halten, so lege man nicht
eine zu starke Betonung auf die Unabhängigkeit des Festgebers. So un-
abhängig er in seinem Blatt auch ist, hat er doch nicht den Wunsch, gerade
dcßwegen in Privatcirkeln besonders gefeiert zu werde».

Wird man nnvermuthet vom Hausherrn oder von einem gerade
anwesenden einflußreichen Mann oder von einem Vorgesetzten am Arm
genommen nnd gefragt: „Wie lautet Ihr politisches Glaubcnsbekenntniß ?" —
oder: „Wie haben Sie das letzte Mal gewählt?" — ,vas man dann ant-
Worten oder ihn» soll, ist schwer zu sagen. Einige empfehlen für diesen
Fall plötzliches Nasenbluten oder krampfhaften Husten. Dergleichen verlangt
jedoch große Uebnng, uni natürlich und ungezwungen herauSzukommen.
Seichter und dabei von unfehlbarer Wirkung ist eS schon, plötzlich auf deii.
Parket auSznglcitcn und der Länge nach hinzuschlagen. DaS macht sich noch
großartiger, wenn »m» eine Taffe Theo oder einen Teller mit Sahnenspeise
in der Hand hat oder beit vielleicht übermäßig korpulenten Fragesteller mit
in den Fall hincinzicht. Allgemeine Bestürzung gibt sich kund, man wird
lebhaft bedauert und muß vielleicht verbunden' werden. Jedenfalls ist das
verfängliche Gespräch für den Abend abgebrochen.

Hat man sich aber unwiderruflich vcrschnappt und Ansichten geäußert,
die auf Verzeihung nicht rechnen können, so ist es das Gescheidtste, sofort in
den Boden z» versinken. Befindet sich an der Stelle, auf welcher man steht,
zufällig keine Versenkung, so entferne man sich möglicbst schnell und ge'
räuschloS nach dein Hintergrund zu, wobei man etwa vorhandene Blatt,
pflanzen auf der Rückzugslinie als Deckung benutzt. DaS Trinkgeld behält
man in diesem Fall ein und benutzt dasselbe zu einigen Trosthumpen in
dem nächsten Richter'sche» Bierausschank.

Kladderadatsch.
 
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