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3Tr. 3

Berlin, den 1. Februar 1885.

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XXXVIII. Jahrgang.

KauM llloil)ciil:nIciiki'.

lampes MchriiKalcndkr.

Kladderadatsch.

Zmiwl istisch-salinsches Modjcnöfaff.

Wontag, den 2. Acbruar.

Hört die Freudenbotschaft.

Dienstag, den 3. Aevruar.

Uns und unsre Lieben

Mittwoch, den 4. Aevruar.

Tod — bei solchem Treiben

Donnerstag, den 5. Aevruar.

Jetzt sind wir geborgen,

Jubel stillt die Brust.

Denn nach Angst und Sorgen
Folgt der Schonzeit Lust.

Kreitag, den 6. Iicvruar.

Und kein FlintentrSger
Zeigt sich weil und breit.

Auch kein Sonntagsjäger
Thut uns was zu Leid.

Sonnavcnd, de» 7. Acvruar.

Froher Zeit entgegen.

Weibchen, schlag' dein Herz!
Reuen Kindersegen
Bringt unS schon der März.

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage. Der vierteljährliche Abonnements-Preis auf dieses Blatt
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Zells und der Landl,in,m.

Sem Göttervater wiederum zu Ohren drang
I Noch lauter klingend, stürmischer als je vorher,

^Des hartbedrängten Landmanns Noth- und Hilfgeschrei.
Da sprach zu jenem zürnend Vater Zeus das Wort:
„Za wohl, beklage du, daß hingegangen ist
Die gute, alte, die mit Recht belobte Zeit!

Damals ein Strohdach trug dein niedres Herrenhaus,

Doch unterm Strohdach wohnte die Behaglichkeit,

Gs hauste Wohlstand unter russigem Gebälk.

Seit deine glitte sich verwandelt in ein Schloß
Mit Säulengängen, Balustraden, Attiken,

Mit eitlem Blendwerk und mit Schnörkelei aus Stuck,
Seitdem im prachtsaal kältet dich der Mangel an
And auf der Schwelle sitzt der drohende Loncurs.

Wie saßest früher fröhlich du in deinem £jetm,

Bezechend dich bei festlicher Gelegenheit
Zn gutem Rothwein nach der braven Väter Brauch!
Zndessen längst schon trank den guten Wein dir weg,
Behaglich schnalzend, der gerissne Advocat,

Zn peinlichen Geschäften Rath ertheilend dir.

Groß zwar ist jetzt dein Keller, aber öd' und leer,

Und kaum ein pöstchen Krätzer säuert noch darin,

Auf pump entnommen der Stettiner Weinfabrik.

Was wußtest früher du ve
Mehr galt als Meyerbe-

classischer Musik?

- und Ghopin, mehr sogar,

Als Richard Wagners Weiala und peiaho
Der Schweine Grunzen, das Gebrüll der Rinder dir.

Der Lerche Schmettern und der Schwalbe Morgenlied,

Der sommerlichen Grille Stimmchen, der Gesang,

Der rauhe, deiner Schnitter bei dem Lrntebier
Galt mehr dir als das beste städtische Loncert,

And unbekannt noch war der Marterkasten dir,

Mit dem die Menschen jetzt sich selber peinigen.

Denn heutzutage ja, soweit ich sehen kann,

Zst mit Glavieren überall das Land besetzt,

And dichter stehn sie als die Apfelbäume einst.

Doch der verfluchte Klimperkasten hat verdrängt
Aus deinem fjaus die Geister, welche heimlich dort
Ginst walteten in segenbringender Thätigkeit.

War deiner Hausbewohner früher eines krank,
vielleicht die Gattin oder du auch selber wohl,

So war ein Schnaps das erste; wenn der Schnaps nicht half,
Dann ward geholt der Schäfer, der ein Mittel wußt'

Für alle Fälle, ein unfehlbar heilendes.

Zetzt bist herabgekommen du aufs Modebad,

Wohin die theure Gattin du begleiten mußt,
voll ehelichen Stolzes dort es anzusehn,

Wie sie mit schwammigen Banquierfrau'n concurrirt
Zn Affenputzwerk, widerwärtigem Behang
Und in das Leere weit hinausgestrecktein Sterz.

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