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Ur.1

Kerlin, den 8. Januar 1904

l.vil. Jahrgang

Wcheakafender

Montag, den 4. Januar

Erst eben begann der Jannar.

Es isr noch jung das neue Jahr.

Dienstag, den 5. Januar

Es ist noch jung, doch ninn sieht schon ein:
Ganz ohne Mängel wird es nicht sein.

Mittwoch, den 6. Januar

Ev geht nicht alles so, wie cs soll,

Daran den« mancher schon sorgenvoll.

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Donnerstag, den 7. Januar

Indessen nimmt doch in aller Ruh
Das Tageslicht wieder beständig z».

Freitag, den 8. Januar

Es gehl entgegen der bessern Zeit.

Da wieder maltet mehr Helligkeit.

Sonnabend, den 9. Januar

Das ist ein Trost für das Mcnschenher?
In Preußen, Sachsen und anderwärts.

Kladderadatsch

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage.
Man bestellt bei den Postanstalten dcS In- und Auslandes,
sowie in den Buchhandlungen.

Der vierteljährliche Bezugspreis für dieses Blatt mit sämmtlichcn
Beilagen beträgt für In- und Ausland 2 M. 25 Pf. ohne Porto.

Einzelne Nummer 20 Pf.

Alle Rechte für jännnUiche Urtiiel und Illustrationen Vorbehalten.

^ Nach cien Feiertagen


fii seinem Schreibtisch läßt sich nieder
^Der Dedoclenr nnd spricht mit frohem Mnth:
„Vorüber ist dos Lest, und wieder
Geht's an die Arbeit, dos ist gut.

Drei Feiertage sind doch rtmos reichlich,

Do wird der Mensch leicht schloff nnd weichlich,
Und überhaupt ist }u beklagen
Keim schönen Lest der Weihenocht,

Dost topfte Kämpfer es zu Zogen,

Daß Männer es jit Kindern macht.

Dos viele Ueden von dem Frieden
Ans Erden rings, vom Himmelreich,

Dos kommen soll, macht uns zu weich
Dos Herz und schadet ganz entschieden.

Wie sieht es denn in Wahrheit ans hienieden?
Do ist von Frieden keine Uede,

Zu ollen Stunden sehn an jedem Ort
Wir toben Kampf nnd Streit nnd Fehde.

Und so wird's bleiben immerfort.

Drum freut sich, wer dos Leben kritisch

Ketrachtel und dabei politisch

Sich müht, dost jetzt dahin die Weihnachtsstimmung,

Daß wieder nun in trotziger Grgrimmung

Mit seiner Feder-spitz und schürf

Gr seinen Mann im Kampfe siehen darf.

Doch bin ich noch im Stande, grob zu werden?

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Hot nicht, so frag' ich mich beschämt,

Dos unobläff'ge „Fried' auf Erden"

Die Kraft des Geistes mir gelähmt?

Und Grobheit ist uns doch vonnülhen,

Denn rings umgibt uns Tücke nnd Gemeinheit,
Indeß nur mir in idealer Reinheit
Ein höheres princip vertreten.

Kann ich noch schimpfen, wettern, fluchen?

Dos wollen wir doch gleich versuchen!

Dos neue Jahr in feinen ersten Togen
In wnrd'ger Weift einznweihn,

Will jetzt ich fämmtlichen portein
Mol meine Meinung gründlich sogen!"

Doll Eifer schreibt er nun draus los
Mit nochdrncksvollem Zederzuge.

Dann sieht er, was er schrieb, im Fluge
Noch einmal durch nnd spricht: „Famos!

Ich bin bescheiden, doch mich selber lob' ich
In diesem Zoll: noch nie schrieb ich so klobig.
Ganz unbegründet war doch mein Verdacht.
Nicht hat dos holde Fest der Weihenocht
Zu weich und milde mich gemacht.

Gottlob, noch weist ich grob zu fein,

Noch kann ich kräftig um mich honen!

Mit frisch gestärktem Selbstvertrauen
Geh' ich ins neue Jahr hinein."

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Nlaüüeraüatsch
 
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