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2. Die Bauten des Königs

Die Künste im Dienst des »plaisir du roi«

und der »gloire de l'etat«

Die Geschichte der Bauten Ludwigs XIV. handelt von einem
Gegenstand, dessen einziges dauerhaftes Kennzeichen die Ver-
änderung ist. Wandelbar zu sein, charakterisiert alle Unter-
nehmungen der Bätiments du Roi von den ersten Schritten der
Planung an. Dies drückt sich aus in der Vielzahl der ausge-
arbeiteten Projekte, im häufigen Umbau, mehrfachen Erwei-
terungen sowie gelegentlichem Abriß und vollständigem Neu-
bau einzelner prominenter Gebäude. Aus dieser Eigenschaft
ergeben sich besondere Schwierigkeiten, will man die Villeg-
giatur des Königs nur mit der Absicht darstellen, den Maßstab
für das Bauen in der Ile-de-France und den Anteil der königli-
chen Schlösser an den Innovationen in Architektur und ihrer
Dekoration zu erfassen. Baugeschichte wird daher im folgen-
den in der Kenntnis der langdauernden wissenschaftlichen
Kontroversen referiert, die durchaus berechtigt, im Rahmen
der hier gestellten Fragen aber von eingeschränktem Interesse
sind und daher unentschieden bleiben.

Zwei Aspekte, unter denen sich die Bauten des Königs an
der Spitze einer Hierarchie in der Ile-de-France konstituierten,
verdienen besondere Beachtung: die Anteile der Gattungen
Architektur und Gartenkunst auf der einen, Malerei und Plastik
als vornehmlich dekorativ verstandener Künste auf der anderen
Seite, sowie die Konkurrenz zu Italien, die einen steten Motor
der Anstrengungen bildete.

Aus diesem eingeschränkten Interesse heraus sollen die Ge-
schichte Versailles' im Widerpart zum Louvre bis zur offi-
ziellen Erhebung des Schlosses zur Residenz verfolgt und die
Ausbildung eines Netzes von Dependancen, die mit dem Bau
des Trianon de marbre 1687 abgeschlossen wurde, beschrieben
werden.

Versailles (1661 -1668)

Das Jagdschlößchen Ludwigs XIII., 1623/24 von Philibert Le
Roy erbaut und ab 1631 erweitert,1 zählte im zweiten Drittel
des 17. Jahrhunderts nicht zu den großen Sehenswürdigkeiten
des Pariser Umlandes. Es ist daher ein klares Anzeichen für den
Umschwung in der Gunst des Publikums und im Bauwesen,
daß Christopher Wren, einer der ersten Fachleute unter den
ausländischen Besuchern, Versailles anläßlich seiner Studien-
reise nach Paris 1665 gleich zweimal besichtigte. Auch wenn
sein Urteil insgesamt eher abfällig geriet und das Schloß offen-
bar noch nicht neben den »incomparable Villas of Vaux and

Maisons« bestehen konnte, beweist Wrens Interesse, daß der
französische König mit Versailles in den Kreis der ernst-
zunehmenden Bauherrn eingetreten war, der bis dahin von den
Kardinal-Ministern und den »Nouveaux-Riches«, den Finanz-
leuten, gebildet wurde.2

Der Aufstieg Ludwigs XIV. zum bedeutendsten Bauherrn in
der Ile-de-France begann 1661 mit den ersten Schritten zur
Veränderung der Jagdunterkunft Versailles. Sie betrafen, wie
der Vergleich des von Ludwig XIII. übernommenen und des
1668 erreichten Zustandes zeigen kann, das Gebäude selbst nur
in geringem Maße.3 Ludwig XIII. hatte das Schloß nord-
östlich oberhalb des Dorfes als eine Dreiflügelanlage mit
zusätzlichen Eckpavillons erbauen lassen. (Abb. 15) Der nach
Osten gerichtete Ehrenhof wurde durch eine niedrige Arkatur
gegenüber dem von Wirtschaftsgebäuden eingefaßten Vorhof
abgeschlossen. Ein Graben umgab das aus Ziegeln und Bän-
dern von Haustein errichtete Gebäude und sonderte es vom
Ziergarten ab.

Bis 1668/69 sollte sich an dieser Disposition nichts ändern,
allein die Einbindung des Schlosses in seine Umgebung wurde
vollständig erneuert. (Abb. 16/17) Gab es zuvor neben dem
nicht regulierten Weg, der von der Straße aus Sevres ab-
zweigte, nur die zweireihig bepflanzte Allee, die gerade auf die
in ihrer Breite identischen Höfe zuführte, war jetzt auf dem
nach Osten abfallenden Gelände ein System unterschiedlich

15. Versailles, Plan der Sammlung Dubus, um 1662
(BN, Cartes et Plans)
 
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