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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Erläuterungen zu Obrists Modell vom Künstler selbst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0055

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Wettbewerb um einen Monumentalbrunnen für Kempten.

Erläuterungen zu Gbrists Modell vom
Künstler selbst.

Aritik: Das ist doch kein Brunnen.

Erklärung: Es soll auch keiner sein, wenn
auf einem so großen Platze ein Monumentalbrunnen
errichtet werden soll, jedoch nicht mehr Wasser vor-
handen ist, als wie zur Speisung kaum einer einzigen
Röhre genügen würde, so bleibt einen: nichts übrig,
als statt eines Brunnens ein Monument in Verbindung
mit einem Wasserbecken zu machen. So wurde, ge-
treu der Vorschrift, auf Wasserwirkung verzichtet und
der Wasserausfluß in kühle tiefe Nischen verlegt.

Aritik: Ja, aber das Ganze sieht aus wie ein
halbes Schwungrad, plump und unförmlich. Wenn
das der neue Stil fein soll, dann danken wir für
solche Extravaganzen.

Erklärung: Ein Schwungrad? Sie meinen
wahrscheinlich eher ein Radieschen. Damit hat es
fast eben so viel Ähnlichkeit. Ich selber habe ver-
sucht, einen konstruktiven Unterbau für die plastischen
Figuren zu inachen. Ich überbrückte einfach die
Wasserfläche und setzte auf den Schlußstein die Haupt-
figur. Die zwei Schenkel umgab ich mit wuch-

85. Modell von tsans Sautter.

84. Modell von Franz Drexler.

tigen Widerlagern, die einen: 20fach größeren Drucke
gewachsen sind als der, den der inächtige Schlußkeil
ausübt. Es ist dies, was wir Modernen einen kon-
struktiven Einfall nennen gegenüber den konventionellen
Formen in: Barockstil oder in den: augenblicklich
wieder in München nwdischen neu-ron:anischen Stile.
Gewiß ist die Wucht unnötig. Die Pyramiden, die
ja doch nur ein Grab von wenigen Metern Länge
unrschließen, sind aber ebenfalls ganz unnötig wuchtig
und würden, wenn sie nicht schon existierten, von
jeden: anständigen Architekten verurteilt werden.

Sollte Ihnen aber unbekannt sein, daß der poly-
technisch-korrekteste Unterbau eines Ingenieurs him-
melweit davon entfernt sein kann, eine künstlerische
Wirkung auszuüben, wie sie oft ein einfacher Alotz
an rechter Stelle hervorbringt? Früher hieß der
extravagant, der tolles Zeug machte, jetzt aber der,
der wieder das Einfachste erstrebt.

Aritik: Ja, aber die klobigen Figuren rechts
und links. Das ist doch nichts Schönes?

Erklärung: Das soll es auch Nichtsein. Wie
sollte ein Aeinptener Bauernbürger aus den: frühesten
Mittelalter, denn diese Zeit war ausdrücklich vor-
geschrieben, wie sollte der schön sein? Eharakte-
ristisch soll er sein. Ist er es nicht?

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