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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Habich, Georg: Ignatius Taschner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0015

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;. Gemalter Fries (Bruchstück).

IgnaiLue Taschner?)

(Von Vr. Soorg Hakich.

enu der alte schreib- und Rechen-
ineister der Reichsstadt Nürnberg,
Herr Johannes Neudör-fer,
der über die vortrefflichsten Künstler
und Werkleute seiner Stabt einige
sehr brauchbare Nachrichten Hinter-
lasten hat, heute wieder ausstünde und über diejenigen
berichten ivollte, „so neuerlich die Künste mit fielst
gefördert": er würde sieben müssen. Me viel Mode-
größen flögen da mit der Spreu davon! Einen
aber, deß bin ich gewiß, würde der treue Alte iticht
zu leicht befinden, einen, der sicherlich nach seinem
perzcu wäre und nach dem Kerzen der „erbarn
cherrn", denen zu Gefallen er Anno (5^7 schrieb.

„In der Zeit aber, da ein groß Geschrey war
von der Kunst Niedergang, hat in dieser Stadt
Münichen, die vor anderen mit kunstreichen Leuten
begabt ist, einer gelebt, Ignatius Taschner ge-
nannt. Dieser hielt sich still und übte sich fleißig in
allerlei künstlichen Dingen, denn zu vielen hatte er
Verstand. Nicht bloß, daß er manierlich in Wachs
bossierte und aus Letten Bilder zu formieren ver-
stand als wie die andern, so zu dieser Zeit Bild-
hauer genannt, er war auch sonderbar geschickt, in
harten Marmclstcin, polz, Eisen und Erz Bilder von
der pand zu schneiden, sowohl in erhabener Arbeit
als auch durchaus rund. Also hat er Manns und
Weibs Bilder, Ritter und Bettler, Rösser und andere
Thierlein, zahm und wild, gemacht von lieblicher und
gerechter Proportion. Auch inachte er Angesichter
kontrasettisch, als wären sie lebendig. Selbiger ist
aber nicht allein ein Bildhauer, sondern auch der
gerissenen, geschabten und gestochenen Kunst, fernerauch
des Aetzcns, Illuminirens, Schmclzeus und Malens
höchst verständig gewest; war auch in der Architektnra

i) Sämtliche Abbildungen dieses ffcftes (Tafel \ und 2
und Textbildcr ;—78) stellen Arbeiten von Ignatius Taschner,
Nlüncheu-Breslau, dar.

fast erfahren. Was großen Verstand und Geist er
auch in der Symmetrie bewies, so hat er doch seine
j Lust, allerlei veränderliche Köpfe und Kratzen von
Bauern zu reißen, quos ,Geschcerte^ vocant, eitel
wüste von so vertraktem Ansehen und Gestalt, daß
einen fast ein Lachen aukam.

Desgleichen achtet er das heillos und erbärmlich
Volk der fahrenden Leut, Spieler, Pfeifer und Va-
ganten nicht gering, auch Bader, penker und Nacht-
wächter koilterfettete er mit Fleiß. Dieser Ignatius
hat auch seine Freude an Fabeln uitd erdichteten Mär-
lein, daraus er viel schöne preterey von Rieselt und
Zwergen, Waldniännern, satyri genannt, und Wasser-
fraucn gar lustig aufriß und mit Farben absetzt.
In all dem macht er aber in teutscher, welscher und
antiquitetischer 2lrt keine Unterscheidung, sondern
bringt alles aus seinem eigenen Kops herfür, was
nicht jeder kann. Zuletzt machte er ein ausgespanntes
Göttlein oder Trucifixum ganz aus Silber. Davon
war viel Rühmens und nicht minder viel Schelteus
wodurch aber die Kunst nicht wird gebessert. Nach-
her verzog er von hier (nit gern, sondern nur der
Notdurft halber) in die Stadt Breslau im Lande
Preußen, denn alles, was er in diesen seinen jungen
Jahren vollbracht, war nicht nur in unsrer guten
Stadt, sondern auch draußen bei den Preußen und
Sachsen löblich, woraus man erstehet, als was

2. Relief.

Aunst und Handwerk. 5% )ahrg. Heft u

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