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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Lasser, Moritz Otto von: Restaurant "Zum Paulanerbräu" in München: Architekten: Heilmann & Littmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0255
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Restaurant „Zum paulanerbräu" in München.

Veskaurank^Ium PaukanerKräu"
in München.

-Architekten: Heitmann & Littmann.

München, die Bierstadt, München,
die Kunststadt, München, die
Fremdenstadt, München, die Stadt
der schönen grauen — so hört
man's oft genug." München, vor
allem die Fremdenstadt. . . ganz
richtig! Als solche gilt München nicht ohne Neid
bei zahlreichen Kolleginnen. Daraus läßt sich allerlei
lernen. Jeder sollte es, wenigstens der Geschäfts-
mann, der Kaufmann, der Kunstgewerbetreibende,
der Künstler uff. Denn angenommen, München ist
wirklich eine der besuchtesten Städte der Erde — was
folgt daraus? Daß wir mit diesem Faktor auch für
die Zukunft rechnen sollen. Das heißt also, München
sollte immer etwas bieten, was andere Städte nicht
haben, nicht haben können. Das heißt also,
München soll nicht nur fein und rein, elegant, groß-
zügig, mit flatternden Mahnen künstlerischer Feste,
mit der Gebärde des Beschenkens und stets im neuesten
Kleide — ich meine das bildlich — dastehen, sondern
es sollte zugleich auch das alte, liebgewordene Mün-
chen nicht und nie verleugnen — es sollte das München
der Piloty-Zeit bleiben! Keine internationale Glätte!
Um Gotteswillen kein Adlon-hotel! Nicht jede Miese
verschachert! Kein Toilettenluxus ä la Wien, Paris.
Za nicht die Großstadt auf Kosten der Gemütlichkeit.
Freilich letztere auch nicht als den bequemen Deck-
mantel für Rückständigkeit, Faulheit, Borniertheit.

Auf die Kunst angewendet heißt es also zunächst,
die Bodenständigkeit bewahren. Und zwar
meinen wir dies weniger in bezug auf Malerei und

<H7. Vom paulanerbräu.

Gberlichtumrahmung
über der Eingangstüre zum
Laden.

Modell von

Jul. Seidler, München.

^6. Paulanerbräu;

Grundriß des Erdgeschosses.

Laden mit Sondereingang (Ja);
daneben Gang zu den Treppen
der oberen Geschosse.

2. Restaurationsräume (Eingang
von der Straße her bei 2a).

3. Büfett.

4. Schänke.

5. Eingang zur Gasienfchänkc.

6. Rüche.

7. Speisekammer.

8. Spülküche.

9. Aneiphof.

O/joo d. wirk!. Größe.)

Plastik, als vielmehr
hinsichtlich des Kunst-
gewerbes und der Ar-
chitektur. (Es darf näm-
lich sehr wohl von einem
„bodenständigen" Mün-
chener Kunstgewerbe die
Rede sein. Ich erinnere
da nur an die h eckel-
b I u m e n, an die vielerlei
„MünchenerAndenken",
die die Fremde so gern
aufnimmt usw. Aber
wir sollten hundert solche
Ausfuhrartikel haben,
j wie es die Heckelblumen
sind. Mir sollten im
Inserat, im Plakat, in
der Etikettierung jeder Schachtel, auf jedem Brief-
bogen, in der Auslage des Geschäfts, im Reklame-
schild, der Gemäldeausstellung, in dem, jenem und
tausend anderem München sein, München geben,
München servieren. Das gilt natürlich auch sehr für
jene dekorativen Darbietungen, die zwischen Kunst-
gewerbe und Innenarchitektur vermitteln: also für
größere Keramik, Blumenarrangements großen Stils,
für Lüster, dekorative Holzschnitzereien rc. And es
gilt für den Münchener Laden. M, elegante, sehr
schmucke Geschäfte haben wir wohl, aber kaum
wirkliche „Münchener Läden" im guten heimatlichen
Geschmack, anheimelnde, nicht zu prunkvoll durch-
geführte Geschäfte, die in ihrer Architektur etwas
bayerischen Dialekt reden, aber sonst ganz zeitgemäß
gehalten sind. Doch wenn ihr schon glaubt, ihr
müßt durchaus „elegant" sein, dann seid meinetwegen
auch das, aber seid es dann auch wirklich, gebt
euch da gleich im höchsten Grade elegant, einfach,
knapp — schafft mit einem Morte wahre perlen
moderner Innenkunst . . . damit ihr wieder münch-

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