Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 59.1908-1909

DOI Artikel:
Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9042#0108

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lhronik des Bayer. Aunstgewerbevereins.

Grumt k$ VGkrisAkn Kunflgklvkrökvkkki^.

Äikgemeine (Nereinsnachrrchten.

Das Vereinsadreßbuch, das seit längerer Zeit vollendet
vorliegt, wird auf dem Vereinssekretariat an Interessenten ab-
gegeben.

Pros. Gabriel v. Seidl vollendete am 9. Dezember das
so. Lebensjahr. Bei der Feier, die aus diesem Anlaß zu Ehren
des Jubilars im Künstlerhaus veranstaltet wurde, beteiligte sich
auch der Kunstgewerbeverein, zu dessen einflußreichsten Mit-
gliedern Seidl zählt, mit einer Abordnung, wobei der
I. Vereinsvorstand, Professor Pfeifer, die Glückwünsche
des Vereins zum Ausdruck
brachte.

WoDenversammlungen.

Zweiter Abend — den
io. November — Vortrag
von Dr. E. W. 8 redt über
„sittliche und unsittliche Bild-
werke". Der Vortrag hatte
eine sehr große Zahl von
Zuhörern angelockt, und der
Vortragende verstand es, das
von machem als heikel emp-
fundene Thema in einer
Weise zu behandeln, daß
sich keine Veranlassung zum
— Erröten bot. Er behan-
delte das Thema, ohne sich
mit der Definition des Be-
griffes „unsittlich" auszu-
halten, rein geschichtlich und
wies nach, wie falsch die
Behauptung ist, daß man in
der Blütezeit des Mittelalters
nur bei der Darstellung des
ersten Menschenpaares die

Nacktheit gestattet habe, daß die Darstellung des Nackten immer
ein Zeichen des beginnenden Verfalls eines Aunstzeitalters sei.
Tatsächlich finden sich Darstellungen nackter Menschen häufig so-
gar in den Miniaturen kirchlicher Bücher. Man nahm weder hieran
noch an Reliesbildern Anstoß, wiewohl letztere manchmal, wie
z. B. am Portal von S. Zeno in Verona, wo Salome trotz
ihrer Bekleidung durch ihre verfänglichen Bewegungen auf-
reizend zu wirken .sucht, reichlichen Anlaß zu sittlicher Ent-
rüstung geboten hätten; solcherlei Salome-Darstellungen aus
dem Mittelalter und der beginnenden Neuzeit gibt es an die
fünfzig, und selbst die vom heiligen Bernward in lgildesheim
errichtete Säule zeigt eine solche. Das Mittelalter hat sehr fein

gewußt, das Unsittliche zur
Belehrung und Erziehung zu
nutzen. Dem Mittelalter war
das Nackte aber auch da
nicht fremd, wo es künst-
lerisch geboten war, und
der späteren Zeit war eben
die Darstellung des Nackten
ein künstlerisches Problem
von größter Wichtigkeit, ja
inan kann sagen, das Be-
dürfnis nach möglichst voll-
kommener Wiedergabe des
Nackten kennzeichnet geradezu
die begabtesten Völker und
Zeiten. Wie wenig die Be-
Häuptling, woiiach die Dar-
stellung des Nackten ein Zei-
chen des Verfalls sei, richtig
ist, beweisen gerade Werke
aus der Frühzeit der Renais-
sance, z. B. von Donatello,
Ghiberti, Jacoxo della (puer-
cia, Signorelli. Unsere heu-
tigen Anschauungen sind ge-
wiß andere als die des \6.
Jahrhunderts; aber so rück-

24,3. („München (908.") Einbände; von Löv.
(V4 d. wirkl. Größe.

95
 
Annotationen