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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Lory, Karl: Die II. Weihnachts-Ausstellung staatlicher Fachschulen Bayerns
DOI Artikel:
Pudor, Heinrich: Haltbarkeitsprüfungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0113

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ljaltbarkeitsprüfnngen.

und vor allem Tiefenbach sakrale Gegenstände,
zum Teil auch prachtvolle Kopien nach alten Mustern
saus dem Kloster Schöntal), manche darunter von
fast venezianischer Feinheit, aber auch moderne
Lachen, zu denen die Münchener Kunstgewerbeschule
die Zeichnung lieferte; Nordhalben u. a. eine
fertige Spitzenbluse, die freilich kaum eine gute
Figur machen dürfte, vor allem einen reizenden
kleinen Pompadour in Lila, hübsche Deckchen usw.;
Enchenreuth endlich wieder eine unendlich reiche
Auswahl von Kindersachen, entzückend in der Farbe
(es handelt sich dabei wohlgemerkt um erprobte
waschbare Farben), ausgezeichnet im Ornament;
wir können hier ohne weiteres auf unsere früheren
Ausführungen verweisen. Ausdrücklich anführen
möchten wir aber doch wenigstens einen prachtvollen
Läufer, weidcgrün mit Violett, das Glanzstück der
Kollektion, desgleichen einige sehr zarte und schike
Theaterhäubchen (für Erwachsene natürlich), die zu-
gleich als Umhang Verwendung finden können. An:
vielseitigsten aber stellt sich die Münchberger
Webeschule dar, init Staunen sehen wir den Um-
fang ihrer Produktion: Luftspitzen, ein billiger

Massenartikel der dortigen Gegend, Maschinen-
stickereien, Proben von Läufern und Teppichen in
Jute und Smyrna, prachtvolle gefütterte Decken,
Kattundrucke, nierzerisierte Baumwolle, Teedecken,
Schals, Blusenstoffe, Handtücher (auch in Gersten-
kornmuster) usw. usw.; deutlich erkennt n:an, wie
unermüdliches Hinarbeiten auf Gesundung der
dekorativen Formen auch bei den Produkten altein-
gesessener billiger Hausindustrie seine Früchte trägt.

Vr. K. Lory.

HaktkarßeiieprüfunHen.

(Von Dr. Heinrich (pudor.

n einem gewissen Standpunkt aus kann
man den Lieg des 70 er Krieges auf
Rechnung der deutschen Qualitätsarbeit
setzen. Ein jeder Offizier weiß, was
in einen: Kriege gutes Lchuhwerk zu
bedeuten hat. Die Franzosen aber nmßten im 70 er
Kriege die Erfahrung machen, daß ihre Stiefeln bei
Regenwetter nicht hielten, weil sie aus Pappe waren
(„Kunstleder" nennen wir das heute in Deutschland).
Loweit die Industrie und soweit das Kunstgcwerbe
reichen, ist Haltbarkeit und Dauerhaftigkeit eine
Hauptvoraussetzung einer guten und soliden Ware.
Was nicht haltbar ist, ist „Schund", ob es nun ein
Zwirnsfaden oder ein Bucheinband ist.

Die Haltbarkeit einer Ware oder eines Fabri-
kates betrifft zweierlei, das Material und die
Arbeit. Beim Material können wir unterscheiden
zwischen dem Rohmaterial, aus den: ein Gegenstand
gemacht ist und aus den: er besteht, und den: Ma-
terial, mit dem er bearbeitet ist. Also Rohmaterial
und Arbeitsmaterial. Bei einem Stuhl z. B. das
Holz als Rohmaterial, und Lein:, Lack, Beize als
Arbeitsmaterial. And bei der Arbeit könne:: wir
dreierlei unterscheiden, die Gedankenarbeit (Entwurf),
die Sacharbeit (Werkarbeit) und die Ausstattungs-
arbeit. Von allen diesen fünf Momenten, Roh-
material, Arbeitsmaterial, Entwurf, Werkarbeit,
Ausstattungsarbeit ist in der jüngsten Zeit das des
Materials am meisten in den Vordergrund getreten,
wenn auch der Zusa:nmenhang zwischen Material-
solidität und Haltbarkeit noch nicht hinreichend her-
vorgehoben ist. Aber wenn ein Haupterfordernis
einer guten Ware ihre Haltbarkeit ist, so ist ein
Haupterfordernis der Haltbarkeit die Materialsolidität.
Echte Materiale sind in: allgemeinen haltbarer als
Surrogate und eine geschönte Farbe ist nicht so halt-
bar wie eine echte Farbe. Wenn unsere Industrie
nach Solidität strebt und haltbare Waren fertigen
will, inuß sie auch nach Materialechtheit streben.
Auch aus diesem Gesichtspunkte erhellt die Bedeu-
tung einer Materialkontrolle und eines Material-
buches der deutschen Industrie. Und die Frage der
Echtheit des Arbeitsmateriales ist für die Haltbar-
keit fast noch wichtiger als die des Rohmateriales,
denn ein gutes Arbeitsmaterial, wie japanischer
Lack, kann die Haltbarkeit des Rohmateriales ins
ungemessene steigern. So ist es bei der Patina der
Bronze, der Emaille des Eisengeschirres, der Glasur
des porzellanes. Und die Frauen wissen, wie sehr
die Haltbarkeit eines Konfektionsgegenstandes davon
abhängig ist, ob ein guter Nähzwirn verwendet ist.

Im Mittelpunkt der ganzen Frage der Dauer-
haftigkeit und Haltbarkeit steht die «Qualität der Sach-
arbeit und Werkarbeit. Der Architekt des Singer-
Building in New pork hat die Stahlwerkstücke des
Gebäudes aus Deutschland bezogen, nicht weil man
in Amerika nicht so guten Stahl hätte, sondern weil
die Arbeit dort nicht so zuverlässig ist. Die Quali-
tät der Werkarbeit macht das rein industrielle Er-
zeugnis dauerhaft und das kunstgewerbliche Erzeug-
nis haltbar. Je mehr wir im Kunstgewerbe von
der formalästhetischen Betrachtungsweise zum Sach-
stil und Zweckstil kommen, desto größere Bedeutung
erlangt die Frage der Qualität der Sacharbeit, und
ein Gegenstand des Sachstiles und Zweckstiles ist
ohne Haltbarkeit ebensowenig denkbar als eine gute
Werkarbeit. Ja, selbst in der hohen Malerei ist die

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