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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Heilmeyer, Alexander: Geschäfts-, Weihnachts-, Neujahrs- und Künstlergrußkarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0081

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JaKoV^rA^L- X

Geschäfts-, weihnachts-, Neujahrs- und Mnstlergrußkarten

Die Reklame ist eine gute Ziehmutter fürs Ge-
schäft. Im ganzen Umkreis unserer Kultur gibt
es kaum noch etwas, das nicht in ihren Bereich
gezogen und in ihrem Sinne bewertet wird: das
Sakrale verbindet sich mit dem Profanen, Senti-
mentalität mit Pikanterie, Naivität mit Raffine-
ment, Gemüt mit Geschäftsgeist, um der Re-
klame zu dienen. Spekulativer Sinn hat es längst
herausgefunden, daß eine interessante, möglichst
pikante Geschäftskarte ihre Wirkung nie verfehlt.
Man erinnere sich nur Berliner Geschäftsanzeigen
mit Damenbadestuben oder aber auch biederer
Reklame mit Alpenlandschaften, Mondscheinidyllen,
dem beliebten Lhristbaumzweig mit Liskristallen
und anderen idyllisch-lyrischen Motiven. Nicht zu
vergessen die Weinflaschenetiketten mit Alkohol-
jungfrauen und -genien, Gambrinus, Bacchus
mit Gefolge. Auch auf den Zigarrenkistendeckeln,
wo früher der rauchende Türke oder ein phan-
tastisch gekleideter Mohr erschien, sehen wir jetzt
nur mehr Odalisken, Nymphen und andere weib-
liche Zweideutigkeiten; dagegen sind die Parfü-
merien- und Seifenetikettenamorln immer noch recht
harmlose Bürschlein.

Und wie das Gegenständliche im Bilde, so ist
auch das Gegenständliche im Druck hervorgehoben.
Und Bild wie typographische Ausführung stehen
oft auf gleich niederer Stufe. Immer herrschen
noch die bekannten Zierschriften — Firmenschilder
in Miniaturausgabe. Die Bilder, so bunt wie
möglich, natürlich prima Farbendruck oder Litho-
graphien von jener süßlichen Art, die in Himbeer-
Lreme- und Orangetönen schwelgt. Diesem Ge-
schmacks entspricht auch das Papier vom feudalen
Karton mit Goldrand bis zum Gelatine, dem sog.
kjauchbildl!

wie immer finden diese Äußerungen der „Fa-
milie Kitsch" ihr Publikum. „Mundus vult Schun-
dus"! Aber schließlich hat nicht das Publikum,
sondern die Zeichner dieses Genre herunter-
gebracht. Sie frönten dem schlechten Geschmack,
weil sie in solchen Aufgaben nichts suchten.
Sie erkannten noch nicht den großen erzieherischen
wert dieser Gelegenheitskunst. Ls mußte zuerst
wieder der Geschmack für gute Drucksachen und
Bilder erstehen, damit auch die geschäftliche Druck-
sache wieder geschmackvoll werden konnte. Denn
war einmal der gute Geschmack im Zuge, konnte
man es nicht mehr wagen, seinen Kunden ge-
schmacklos zu kommen. Es war daher ein ganz
richtiger Gedanke, der feiner empfindende Ge-
schäftsleute an Künstler gehen ließ und sie mit
der Ausführung künstlerischer Geschäftskarten be-
traute. Denn sicher bringt eine gute, geschmack-
voll ausgeführte Geschäftskarte, die man gern an-
sieht und aufhebt, auch dem Geschäfte mehr Nutzen,
und das darauf verwandte Geld fließt auch wie-
der in den Beutel zurück.

Im künstlerischen München, wo auch dem Geschäft
eine alte Hauskultur die weihe gibt, kam diese
schöne Sitte zuerst auf. Den Künstlern allzeit
nahestehende Werkstätten und Geschäfte ließen sich
von unseren besten einheimischen Malern wie
Iulius Diez u. a. Geschäftskarten zeichnen, die
nicht selten ein sinniger Ausdruck, ein treffendes
Epigramm ihrer Tätigkeit wurden. Dem lebens-
frohen, gemütreichen süddeutschen Volkscharakter
entsprach es auch, alte Kunden mit einer Anzeige
zum Weihnachtskauf und mit einem Neujahrs-
glückwunsch zu beehren und zu erfreuen. Und
diese Gepflogenheit entwickelte sich in München
zu einer Reklame gemütlichster Art wie bei freund-

Kunst und Handwerk. 6<*. Jahrg. Heft 3.

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