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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Karlinger, Hans: Empire-Öfen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0033

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<kmpire-Hfen

von Hans rtarlinger

wenn man von der Bedeutung einzelner Einrich-
tungsgegenstände im Gesamtbild eines Innen-
raumes das Stilempfinden, das diesen Raum be-
herrscht, ableiten kann, so ist der Ofen, oder ganz
allgemein gesprochen, der Beheizungsapparat, nicht
das letzte Stück, welches für die Kritik in Frage
kommt, wir kennen in älterer Zeit, d. h. bis zur
Mitte des t9- Jahrhunderts, zwei Lösungen der
Beheizungsfrage, den Kamin und den Kachelofen.
Ersterer hat noch heute feine größte Verbreitung
in romanischen Ländern, vornehmlich Italien und
Frankreich, kommt daneben aber für die ältere
Zeit als beherrschende Form weiter für die Nieder-
lande und England in Frage. Letzterer tritt vor-
wiegend in germanischen Ländern: Deutschland,
der Schweiz und Österreich auf, hat jedoch auch
auf die slawischen Grenzgebiete starken Einfluß
gewonnen. Aus dieser Lokalisierung, die ihrerseits
im Grunde doch wohl auf klimatischen Einflüssen
beruht, geht schon hervor, daß die Formentwicklung
des Kachelofens sich auf germanischem Boden
vollzog, während die Kaminfeuerung bei deutschen
Innenräumen nur da raumgestaltend hervortritt,
wo es sich um Übernahme ausländischer Elemente
handelte, wie bei den Repräsentationssälen der
Renaissancepaläste, der Barock- und Rokokoschlösser,
begleitet der Kachelofen die Ausgestaltung des
deutschen Zimmers vom spätgotischen Herrensitz
bis zur Wohnstube des Jahrhunderts.

^er Aufbau des Kachelofens geht dem des Mobi-
bars parallel. Seine Zweckform stellt ihn am
nächsten dem Schrank, wenn auch sein Material
nicht die gleiche Modulationsfähigkeit besitzt. Ubri-
Sens hat man gerade beim Ofenbau das Grund-
gesetz der Unterordnung der Form unter das Ma-
terial nicht immer streng befolgt. Ein charak-
teristischem Beispiel dafür sind die um Mitte des
t8. Jahrhunderts auftretenden Schranköfen, welche
die Form eines Rokokosekretärs besitzen. So steht
3° R. im alten Schlosse zu Sulzbach in der Ober-
p^alz ein sehr charakteristischer Rokokoofen in weißer
Fayence, vermutlich eine Amberger Arbeit, bei
dem die Schrankidee sogar soweit ausgebildet ist,
daß einzelne Kacheln des Mittelrumpfes als Schub-

laden herausgenommen werden können. Aber
auch abgesehen von solchen recht reizvollen „Stil-
entartungen" wird man am Aufbau des Kachel-
ofens schlechthin seine Entsteh ungsz eit ablesen
können.

Die Gliederung in zwei durch den Standofen
praktisch bedingte Teile: d. h. Feuerraum und
Wärmeraum, führte von Anfang an zu einer Zwei-
teilung des Aufbaues, die man zwar gern, je nach
der Stärke des allgemeinen Formempfindens, nicht
zu sehr hervortreten ließ, aber bis herauf zum
Lmpireofen nicht ganz zu verschmelzen vermochte.
Zu betonen ist nebenbei, daß der alte Ofen selten
die Feuerung in dem Raume, in dem er steht, erhält,
sondern meistens von außen geheizt wird, ein für
die tektonische Gestaltung wesentlicher Vorteil.

Der spätgotische Ofen bringt seine Kastenform
durch Teilung in Untersatz und Aufsatz zum Aus-
druck, etwa so, wie der spätgotische Stollen- oder
Truhenschrank. Der Renaissanceofen fügt dieser
Zwischenteilung noch die stärkere Betonung des
Sockels samt den Füßen und das Kranzgesims
hinzu. Der Barock gefällt sich in einer Umwand-
lung der bis dahin vorwiegend kubischen Formen
in zylindrische; Gegensatz von Unter- und Aufbau
werden stärker; die Gesimse schwellen an. In der
Art der Konstruktion bürgert sich seit dem \7. Jahr-
hundert die wichtige Neuerung ein, daß man an
Stelle der kleinen Kacheln, von denen meist zwei
bis vier auf die Höhe eines Aufsatzes gehen, große
Kachelstücke fetzt. Bei späteren Barocköfen ist
z. B. oft der ganze Unterbau und ebenso der Auf-
satz nur aus vier bis fünf Kachelstücken zusammen-
gesetzt, von denen das einzelne bis über einen Meter
hoch sein kann. Noch einen Schritt weiter geht der
Rokokoofen, der für seine geschmeidige, der leben-
digen Silhouette des Rokokomöbels angepaßte
Form mit ihren Schwellungen, Verkröpfungen,
bald gebauchten, bald eingezogenen Wandungen
vielfach ungleich große Kacheln verschiedener Form
brauchte. So finden wir in der ersten Hälfte des
t8. Jahrhunderts zuerst die Praxis, daß man ganze
Ofenteile: Bekrönungen, mehrere wände u. dgl.
in einem Stück modellierte.

r<unst und Handwerk. bS. )ahrg. Heft 2.

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