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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 68.1917-1918

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Frankenburger, Max: Jagdpokale aus der Kgl. Silberkammer der Münchener Residenz
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Wolf, Georg Jacob: Moderne Silberarbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10300#0061
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Auf Sockel und Deckel Spuren von grünerBemalung.
Im Innern der Luppa eingelöteter silbervergoldeter
Einsatz. Getriebene und ziselierte Arbeit. Höhe
42,5 cm. Augsburger B. Z. mit dem Iahres-
buchstaben l^ für 1755—55. Meisterstempel nicht
sehr deutlich, vermutlich IIA. (Nach Rosenberg II,
Nr. 566: Meister Ioh. Jakob Adam, Meisterstück
17^8, f 1.792. vgl. Anton Werner Nr. 1655.)
Schließlich sei noch der interessanten Fassung
einer in der Kgl. Silberkammer befindlichen Austern-
schale gedacht. Letztere wurde im Magen eines
im Jahre I691 bei Neuburg a. D. von Pfalzgras
Philipp Wilhelm erlegten Hirschen gefunden. Lin
Delphin trägt aus seinem emporgezingelten Schwanz

die Austerschale, welche am rückwärtigen Rand
von einem silbervergoldeten langen Eichenblatt
überragt wird. Lichenblätter bilden auch die
Unterlage für den aus dem emporgewölbten Teil
der Sockelplatte gelagerten Kops des Delphins.
Am Sockelablaus getriebene Muscheln, Schnecken
und Blätter. Mit gravierter Inschrift. Höhe
13,5 cm. Barocke Arbeit, vermutlich Augsburger
Provenienz. Auch bei diesem kleinen Zierstück ist
es dem Goldschmied geglückt, die Verbindung der
Bewohner des feuchten Elementes mit den heimat-
lichen, eichenbewaldeten Iagdgründen zu einem
einheitlichen Ganzen zusammenzufügen.

Moöerne Silberarbeiten

von Dr. Georg Jakob Volf, München

Soferne es sich nicht um mehr oder minder unver-
hüllte Kopien alter Silberarbeiten handelt, haben
die Ausformungen in Silber, mit denen uns die
angewandte Kunst unserer eigenen Zeit bedenkt,
so gut wie nichts mit den Werken früherer Zeit
zu schaffen; fast aus keinem Gebiet des Kunstge-
werbes hat die zeitgenössische Produktion sich so
vollkommen im Formalen von der Tradition los-
gelöst.

Diese Behauptung zu überprüfen, hat man leicht
Gelegenheit. Man schlage zum Beispiel in Bier-
manns werk „Deutsches Barock und Rokoko"
die von Marc Rosenberg bearbeitete Abteilung
„Gold und Silber" auf und vergleiche die alten
Silberarbeiten in ihrer Fülle der reizvollen Ein-
fälle, der originell-absonderlichen Formen und
bizarren Einzelheiten mit den meist sehr sachlichen,
glatten oder doch nur diskret dekorierten Silber-
arbeiten, wie man sie etwa, um mich eines sehr
naheliegenden Beispiels zu bedienen, auf der
kunstgewerblichen Abteilung in der Münchner Glas-
palast-Ausstellung 1918 sieht! was unser deutsches
Kunstgewerbe im ganzen erlebte: eine Abkehr
von den mit übertriebener Liebe ausgedachten
und angebrachten Einzelheiten und von dem oft
überwuchernden Schtnuckwerk, dagegen ein be-
stimmtes, zielbewußtes Herausarbeiten des Kon-
struktiven, das zuweilen in seiner statischen Nackt-
heit hingestellt wurde, das wurde im Besonderen für
die moderne Silberarbeit Ereignis. Erst allmäh-
lich, schüchtern und vorsichtig, beginnt neuer-
dings bei Silberausformungen der Dekor wieder
mitzusprechen; aber er ist durchaus in den zweiten

plan gerückt, die Grundform ist durchgehends die
Hauptsache geworden.

Diese Tatsache erklärt sich unschwer daraus, daß
modernes Silber hauptsächlich in der Gestalt des
veredelten Gebrauchsartikels auftritt (sofern es
nicht als einfacherer Schmuck vorkommt, der in-
dessen hier außer Erörterung steht), also dessen
glatte, gefällige und umgängige Formen trägt,
während das alte Silber fast nur als Prunkgegen-
stand in die Erscheinung trat. Fruchtteller, Schalen,
Dosen, Becher, Leuchter, Tafelgerät, Bestecke vor
allem, das sind die hauptsächlichsten Ausformungen,
die heute das Silber erfährt. Bei der relativen
Köstlichkeit des Metalls eignet es sich natürlich
besonders für handwerkliche Bearbeitung. In
der handwerklichen Ausformung mag ein gewisser
Zusammenhang mit der künstlerischen Silberbe-
arbeitung vergangener Zeiten erblickt werden;
hier wie dort herrscht der Kultus des Linzelftückes
und die Erkenntnis, daß sich der volle Reiz des
Metalls nur bei individueller Behandlung erschließt.
Indessen ist man natürlich auch zur fabrikmäßigen
Herstellung von Silberwaren für den täglichen
Gebrauch übergegangen und war klug genug,
in diesem Fall aus dekoratives Beiwerk tunlichst
zu verzichten, wenigstens geschah es, wo Geschmack
am Werke oder wo künstlerischer Beirat erbeten
und wirksam geworden war. Daß dabei Arbeiten
von ästhetischen «Dualitäten entstehen konnten,
beweist das in zahlreichen fabrikmäßigen Wieder-
holungen hergestellte sogenannte Dürerbund-Be-
steck, das vollkommen auf Zweckschönheit eingestellt
ist: praktisch und sinnreich geformt, dabei ohne jeg-

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