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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 71.1921

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F.: Glaspalast 1921, [3]: die kunstgewerbliche Abteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8622#0073
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GLASPALAST 1921

(Schluß)

Unter den kunstgewerblichen Gegenständen aus
Glas befinden sich von den Vorjahren her alte
Bekannte: die Kunstgläser von Bernhardine
Bayerl und die bemalten Gläser von Professor
Bruno Mauder, wohlgelungen in der Form und
diskret in der Bemalung. Auch die Werkstätten
für Glas- und Porzellanmalerei Franz Scholze
haben einige beachtenswerte Arbeiten ausgestellt.
Fast ebenso sehr, wie für die Keramik, gilt für das
Glas die Mahnung an unsere Kunstgewerbe, es
in der besten Bedeutung des Wortes zu einem
Volksgut zu machen. Wenn man bedenkt, welch
unermeßlichen Umfang die volkstümliche Industrie
der geschliffenen und bemalten Gläser, angefangen
von den hochwertigen, sogenannten „venedischen"
Gläsern bis zu den geradezu massenhaft erzeugten
populären,farbenprächtigen Gläsern des bayerischen
Waldes und des Fichtelgebirges, genommen hat,
so kann man den ungeheuren Gewinn an gesell-
schaftsbildender und geschmacksveredelnder Kraft
ermessen, mit der das Glas selbst in der kleinsten
Hütte wirksam ist. Man hat den Eindruck, als
erstrebe das moderne Kunstgewerbe, gerade auf
diesem Gebiete fast
ausschließlich den
kunstliebenden Rei-
chen zu fangen, an-
statt den Bedürfnis-
sen des gewöhnlichen
Mannes Rechnung zu
tragen und so die
große Mission der
Läuterung in dem
Kunstempfinden der
Massen zu erfüllen.
Was ist es beispiels-
weise Anmutiges um
ein einfaches, mit
wenigem Dekor ver-
sehenes Trinkgefäß
aus sogenanntem An-
tikglas, bei dem schon
die wohlige, indivi-
duelle Struktur der
Glasmasse Auge und
Gemüt angenehm er-
regt? Die besten
künstlerischen Kräfte

müssen auch auf die- elsbeth altheimer

sem Gebiet mobil gemacht werden, um selbst die pri-
mitivsten Formendes Tagesbedarfs zu veredeln und
für die weitverbreiteten Hohlglasindustrien brauch-
bare und willkommene Typen zu schaffen. Selbst-
verständlich soll damit nicht gesagt sein, daß die Pfle-
ge des spezifischen Luxus- und Zierglases geringerer
Aufmerksamkeit bedürfe, im Gegenteil: je sorg-
samer und umsichtiger unsere Kunstgewerbe auf
der Warte stehen, alle sich ins einzelne verästelnden
Bedürfnisse des modernen Luxus zu erspähen,
aufzugreifen, künstlerisch zu formen und dem
meist sehr kostspieligen Kitsch zuvorzukommen,
um so mehr werden sie nicht bloß eine hohe künst-
lerische Aufgabe lösen, sondern auch in materieller
Beziehung das Rennen gewinnen. Ein hoffnungs-
voller Anfang ist ja auf dem Gebiete des Hohl-
glases gemacht. Aber es ist eben nur ein Anfang.
Gerade das bayerische Kunstgewerbe wird sich be-
sonders verpflichtet fühlen, für die deutsche Ge-
werbeschau Neues und Eigenartiges zu schaffen
und sich insbesondere des volkstümlichen Glases
zu erinnern. Die Typen der schon genannten
Gläser des fränkischen Bayerns bieten ja eine Fülle

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