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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 74.1924

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Kleine Mitteilungen
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Aus dem Leben des Vereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.8625#0114
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worden, wo sie im Mittelpunkt der Stadt <Rua Sao Bento) eben»
falls außerordentlich gut geeignete Räume fand, nämlich ein ganzes
Haus, das für mehrere Monate zur Verfügung gestellt wurde. Die
Ausstellung erfreut sich der besonderen Förderung der brasiliani»
sehen Regierung und führenden Persönlichkeiten des Kunstlebens,
sie wurde bisher gut besucht und fand allseitiges Interesse. Be«
kanntlich ist auch der Bayr. Kunstgewerbeverein mit einer Zusam»
menstellung von Keramiken, Gläsern, Zinn» und Messinggegen-
ständen, Bastsachen und Textilien an der Ausstellung beteiligt.

Luxus=Steuer. Die Erhebung einer besonders erhöhten Um«
satzsteuer (der „Luxussteuer") wollte den Verbraucher treffen,
der trotz der Not der Zeit sich Luxusgegenstände kaufen kann
und wollte auch die Einfuhr solcher Rohstoffe einschränken, die
für Luxuszwecke verwendet werden, z. B. Seide, Edelhölzer, Elfen«
bein. Die praktische Erfahrung hat aber längst gezeigt, daß die
Luxusteuer in anderer Richtung viel nachhaltiger wirkte, nämlich
in der Unterdrückung hochwertiger Arbeit. Sie schädigt nachhaltig
diejenige hochentwickelte Arbeit, die den Stamm bildet für alle
Bestrebungen, das deutsche Erzeugnis draußen wieder zu Ehren
und Ansehen zu bringen. Auch ist ohne weiteres einzusehen, daß

der Preis kunstgewerblicher Erzeugnisse sich zum weit überwie»
gendenTeil aus Arbeit und Löhnen zusammensetzt. Man besteu«
ert also die hochwertige Arbeit und erschwert es von Staats wegen,
daß diese ihren Lohn findet. Und zwar eben diejenige Arbeit,
die die qualitative ÜberlegenheitdeutscherLeistung am Weltmarkt
in besonderem Maße begründet hat. Der Zugang zur gelernten
Facharbeit hat erschreckend nachgelassen. Die Auswanderung
geschickter Handwerker hat in gleichem Maße zugenommen
und es ist eine besorgniserregende Frage geworden, ob es gelin»
gen wird, einen genügend starken Stamm hochwertiger Arbeiter
über die jetzige Not hinwegzubringen, uns die Überlegenheit
deutscher Arbeit wieder zu erringen und die Techniken zu erhalten,
die in 70 jähriger mühsamer Arbeit wieder zum Leben erweckt
oder neu geschaffen worden sind. Wenn der Staat an diesen Miß«
ständen 15% verdient, so kann darin unmöglich eine sachgemäße
Besteuerung erblickt werden, es ist vielmehr ein abträglicher Raub»
bau an unseren besten Kräften. Der Bayerische Kunstgewerbe«
verein ist bereits vor einigen Monaten in diesem Sinne an das
Reichswirtschaftsministerium und das Reichsfinanzministerium
herangetreten und hat seine Vorstellungen jetzt erneut in Erin»
nerung gebracht.

AUS DEM LEBEN DES VEREINS.

Badischer Kunstgewerbeverein. Der Bayerische Kunst»
gewerbeverein hat mit dem Badischen Kunstgewerbeverein in
Karlsruhe, der zur Zeit unter der Leitung des Herrn Oberbaurat
Prof. Dr. h. c. Hermann Billing steht, eine Interessengemeinschaft
geschlossen. Diese soll eine ideelle sein und sich erstrecken auf
Austausch von Zeitschriften und anderen Veröffentlichungen,
auf gegenseitige Einräumung von Ausstellungsgelegenheit, tausch-
weise Abhaltung von Vorträgen, Gedankenaustausch über
schwebende Fragen. Ausdrücklich möchten wir feststellen, daß
diese Interessengemeinschaft eine Herstellung engererBeziehungen
innerhalb des Verbandes deutscherKunstgewerbes
vereine bedeutet, daß sie mit Zustimmung der Verbandsleitung
hergestellt worden ist und den Verband nicht nur nicht lockern,
vielmehr ihm ein wenigstens teilweise festeres Gefüge geben will.
Wenn zwei Kunstgewerbevereine, die, wieder Badische, und der
Bayerische unter ganz ähnlichen Verhältnissen und in gleicher
Richtung arbeiten, sich naturnotwendig näher kommen und dem
auch äußerlich Ausdruck geben, so ist zu erwarten und zu
wünschen, daß auch andere Vereinigungen solche Zusammen-
schlüsse suchen und auf diese Weise der Verband deutscher
Kunstgewerbevereine von innen heraus und durch eine sich
von selbst ergebende Gruppenbildung neues Leben entwickelt.
Anläßlich unseres Vereinsjubiläums wird im Sommer 1925 in
München eine Tagung der deutschen Kunstgewerbevereine statt»
finden.

Adolf von Mayrhofer beging am 2. Dezember seinen
60. Geburtstag. In unserer Zeit, die so mühsam nach Mitteln
sucht, um starke Individualitäten für die Fortentwicklung unserer
Kunst heranzuziehen, ist es lehrreich, den Werdegang des Man»
nes zu betrachten. Denn er ist ohne von irgend einem Meister
bestimmend beeinflußt, ohne von einem Mäcen gefördert zu
werden, zu dem geworden, was er heute ist, seine Entwicklung
war sogar durch Hemmungen verschiedenster Art aufgehalten
und benachteiligt. Adolf von Mayrhofer entstammt einem alten
Tiroler Adelsgeschlecht und wurde 1864 in Miesbach geboren,

kam aber schon früh nach München. Seine Absicht Bildhauer
zu werden, wurde trotz vielversprechender Jugendarbeiten zwei«
mal vereitelt. Er wandte sich dann dem Ziseleurberuf zu und schuf
sich schon anfangs der 80er Jahre eine eigene Werkstatt, die mit
zahlreichen Aufträgen für die Schöpfungen König Ludwigs II.
bedacht war. Obwohl diese Tätigkeit dem jungen Meister keine
künstlerische Befriedigung brachte, war sie ihm Gelegenheit, sich
in der Handwerkstedinik zu höchster Vollendung zu entwickeln.
Mit dem Tode des Königs und dem damit erfolgenden Rückschlag
im Kunstgewerbe, gab Mayrhofer die Selbständigkeit vorüber»
gehend auf und war dann lange Zeit bei Riedinger und als Leiter
der Werkstätte Wollen weber tätig. Erst um die Jahrhundertwende
gründete er wieder einen eigenen Betrieb und errang damit auch
endgültig seine künstlerische Selbständigkeit. Zeigten frühere
Schöpfungen, wie der Nürnberger Jamnitzer«Aufsatz und ein
Ehrengeschenk für Papst Leo XIII. die überlegene handwerkliche
Leistung, so setzte jetzt, mitgerissen durch die neue Bewegung im
Kunstgewerbe eine Entwicklung Mayrhofers zum Meister neuzeit«
lieber Pormensprarhe ein, wobei das gehämmerteSilbergefäß in den
Mittelpunkt seines Schaffens rückte. Ohne jemals gegen überkom«
menen Schönheitssinn zu sündigen, hat er eine Art silberne Gefäße
geschaffen, die von unerreichtem Ebenmaß und vollendeter Mate«
rialwirkung sind, und eine feindurchdachte Anwendung sparsam»
sten, aber wirkungsvollen Zierats zeigen. Ziselierarbeit wechselt
dabei mitCloisonne»Technik ab und letztere hat Mayrhofer später
auch ganz besonders zu Schmuck und größeren Stücken heraus»
gearbeitet. Die kräftige, rassig, aber gediegen wirkende Eigenart,
die Mayrhofers Arbeiten auszeichnet, trägt unverkennbar die
Entstehung aus einer vollkommenen Durchbildung des handwerk»
liehen Könnens zur Schau, das sich hier mit unverrückbar sicherem
Formensinn und einem statken künstlerischen Wollen vereint.
Möge dem rüstigen 60er, der in der Vollkraft seines Schaffens
steht, noch eine recht lange Zeit segensreicher Tätigkeit beschieden,
und uns der liebenswürdige Meister, der seit langem unserem
Aussdiuß angehört mit seinen reichen Ideen, erfahrenem Rat und
treffendem Urteil, noch recht lange erhalten bleiben!

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