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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0017
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KLEINE MITTEILUNGEN.

Friedrich von Thiersch, der Architekt. Unter diesem Titel
ist im Verlag Hugo Bruckmann ein Lebensbild Friedrich von
Thiersdis erschienen, verfaßt von einem Neffen des Verstorbenen,
Geh.sRat Hermann Thiersch, Marburg. Die meisterhafte Be-
arbeitung des reichen Materials, die ein abgerundetes Bild von
dem seltenen Weidegang und der überragenden Persönlichkeit
Thierschs gibt, die reiche Ausstattung mit Abbildungen, nament-
lich aus dem ungeheueren Bestand an Skizzen und Aquarellen
und die gediegene Gestaltung, die der Tradition des Verlags
vollauf entspricht, haben hier ein Werk von höchstem künst-
lerischen und literarischen Wert geschaffen, auf das wir noch aus-
führlicher zurückkommen werden.

Um den Bamberger Dom. Auf die Nachricht hin, daß das
Bamberger Domkapitel in der Apsis des Domes ein Wandge-
mälde von Prof. Becker-Gundahl anbringen lassen will, hat sich
in München ein Konsortium gebildet, um das zu verhindern. Es
ist mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit getreten. Dazu nahm
Geh.-Rat Bestelmeyer mit folgenden Ausführungen Stellung, die
wir den „Münchener Neuesten Nachrichten" entnehmen :

Das Bamberger Domkapitel will zur Erinnerung an das Kaiser»
Heinrich-Jubiläum in der Concha des Ostchors des Bamberger
Domes eine Christusfigur, vielleicht mit ein oder zwei Neben"
figuren, malen lassen. Es darf allseits mit Genugtuung begrüßt
werden, daß es sich deshalb mit einem Künstler von der Bedeu-
tung Becker-Gundahls in Verbindung gesetzt hat.

Eine Kommission berufener Fachleute sprach sich auf Grund
eingehenden örtlichen Studiums in ihrer weitaus überwiegenden
Mehrheit dahin aus, daß die Durchführung dieses Vorhabens
sehr wohl ohne eine Beeinträchtigung des Innenraumes mit seinen
unvergleichlichen Skulpturen möglich sei und daß Becker=Gundahl
hiefür die gegebene Persönlichkeit sei. In gleichem Sinn sprach
sich einmütig das Kollegium der Akademie der bildenden Künste
aus. Von einer „ Ausmalungdes Bamberger Doms", wiedie Über-
schrift eines kurz danach in diesem Blatt erschienenen Artikels
lautet, war nie die Rede. Diese Überschrift erreichte aber inso-
fern ihren Zweck, als sie die öffentliche Meinung gegen die ge-
plante Malerei einzunehmen sucht, und eine Reihe von Persönlich-
keiten wurden von privater Seite unter einseitiger Aufklärung
ersucht, gegen die beabsichtigte Bemalung Stellung zu nehmen.

Ob dem Dom bei einem etwaigen Erfolg dieser Bestrebungen
genützt wäre, ist zum mindesten sehr zweifelhaft Daß der Dom
infolge des Fehlens von Farbe heute unnötig kahl wirkt, wird
man umso weniger bestreiten können, als nachgewiesen ist, daß
er früher mit mittelalterlichen Wandmalereien versehen war. Der
Kunst unserer Zeit wird aber sicherlich kein Dienst erwiesen,
wenn man sie aus überängstlichen, sentimentalen Empfindungen
heraus von einer so hohen Aufgabe von vornherein fernhält. Be-
gründet wird dies damit, daß unsere Kunst für eine solche Auf-
gabe nicht oder noch nicht reif sei,- man müßte also warten, bis
diese Reife eintreten wird. Eine solche Unterbindung künstle-
rischer Schöpfungen muß notwendig zur Impotenz führen. Wer
soll denn einmal entscheiden, ob die Kunst nun reif sei? Wird
die Reife gerade der ganz großen Künstler nicht meist erst er-
kannt, wenn ihnen der Tod den Pinsel aus der Hand genommen hat ?

Im gleichen Atemzug erhält aber die Architektur unserer Zeit
ein Reifezeugnis ausgestellt. Wir sind nicht nur reif genug, die
Heideloffschen Zutaten entfernen zu dürfen, sondern wir sollen

auch reif genug sein, einen wirkungsvollen Baldachin-Altar im
Domchor aufzustellen. Da ist doch sehr die Frage am Platze, ob
man nicht einem Künstler vom RangBecker-Gundahls das gleiche
Reifezeugnis für seine Kunst ausstellen muß.

Die ganze Sache läßt sich überhaupt nicht von der Personen-
frage trennen. Diese ist vielmehr geradezu entscheidend für die
Frage, ob die beabsichtigte Malerei ausgeführt werden kann oder
nicht. Daß durch ein gutes Bild auch unserer Zeit, das auf die
Stimmung des Domes gebührende Rücksicht nimmt, die Raum-
wirkung oder der bekannte unvergleichliche Reiter in seiner Wir-
kung zerstört oder beeinträchtigt wird, ist ausgeschlossen. Eine
gut sich einfügende Malerei von Qualität würde aber jedenfalls
eine wesentliche Bereicherung und somit einen wertvollen Schmuck
des jetzt sehr kahlen Dom-Innern darstellen. Das Gelingen eines
solchen Werkes hängt aber nur von der Person des Malers ab.
Darüber zu entscheiden sollte man aber nur den berufensten Fach-
leuten überlassen, denen allein man eine solche Verantwortung
zumuten darf.

Und in dieser Hinsicht muß die Zusammensetzung der von
privater Seite einberufenen Versammlung höchstes Befremden
erregen. Gerade die stärksten künstlerischen Kräfte waren zu
dieser Versammlung fast ausnahmslos nicht beigezogen, wie es
überhaupt sorgfältig vermieden war, einen sicheren Anhänger der
gegenteiligen Auffassung zur Teilnahme aufzufordern. Dafür
war eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten, deren zum Teil
hohe Bedeutung aber doch vielfach auf ganz andern Gebieten
liegt, zugezogen, so daß man im Zweifel sein kann, ob sie die
Verantwortung für diese Entscheidung zu tragen befugt sind
falls man sich nicht von vornherein auf den Standpunkt der Re-
signation stellen will — ein sehr bedenklicher Standpunkt — ,■
denn man entzieht dadurch der Kunst die Möglichkeit, an der
Größe einer so seltenen Aufgabe emporzuwachsen.

Denn auch hier gilt der Satz: „Es wächst der Mensch mit
seinen größeren Zwecken" und insoferne ist es nicht einerlei, ob
einem Maler die Aufgabe gestellt wird, für eine gleichgültige
Kirche oder für einen so erhabenen Raum wie den Bamberger
Dom ein Bild zu malen. In diesem Sinn wird jeder Künstler, gleich-
gültig welcher Richtung er angehört, dem Domkapitel dankbar
sein müssen, daß es durch seine mutige Initiative unserer Zeit
eine Aufgabe gestellt hat, die überhaupt nur zur Debatte gestellt
zu haben an sich schon eine verdienstvolle Tat bedeutet. Denn
in ihr spricht sich die alte, so segensreiche Tradition der Kirche
aus, die in ihrem Dom nicht ein Museum sieht, sondern etwas
Lebendiges, an dem jede Zeit ad majorem Dei gloriam in freu-
diger Mitarbeit Anteil nehmen soll.

Im Gegensatz hiezu steht das rein Negative der Ablehnung
der Malerei durch die erwähnte Resolution. Jedes positive Mo-
ment fehlt, wenn man nicht etwa die museumsartige Erhaltung
als ein positives Ergebnis auffassen will. Dabei können die Mo-
tive für die Negierung nach der ganzen Art der Zusammensetzung
der Versammlung gewiß nicht einheitliche sein. Dagegen ent-
springt die Bejahung der Aufgabe aus dem einheitlichen Gefühl
der Notwendigkeit des freien Lebens deutscher Kunst.

Darum glauben wir, daß zur Entscheidung der ganzen Frage
vor allem die berufensten unserer Künstler das Wort haben
sollten. Der Ruf Münchens und der Münchner Kunst ist mit in
erster Linie dem Umstand zu danken, daß gerade in den frucht-

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