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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft III (März 1909)
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Ueber Zeichenausstellungen
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Muthesius, Hermann: Wohnungskultur, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0047
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um fehlerlose, saubere Reinschriften zu erhalten? Was würde der Deutschlehrer
dazu sagen, wenn man die gute Schrift loben und die selbständige Arbeit nicht
erwähnen wollte? Der Zeichenlehrer muss es sich bieten lassen, und es gehört
zu seinen schmerzlichsten Erfahrungen, dass er den Lohn für seinen mühevollen
Unterricht, der wohl der anstrengendste genannt werden kann, in Form von loben-
den Anerkennungen ernten muss, die den eigentlichen Kernpunkt seiner Arbeit
gar nicht berühren, sondern sich auf lauter Aeusserlichkeiten beziehen. Un-
sauberkeit und Liederlichkeit, die dem neuzeitlichen Zeichenunterricht so gern
zum Vorwurf ge¬
macht werden, sind Abbildung 2.
ebensowenig not w • n- .... • - - . .. .
dige Begleiterschei-
nungen, eines auf
selbständigen Aus¬
druck hinzielenden

Unterrichts, als die
entgegengesetzten
Eigenschaften die
Güte einer Zeich¬
nung ausmachen
können. Das sollten
sich alleAusstellungs-
besucher überlegen.
Der Zeichenlehrer
aber möchte berück-
sichtigen, dass unsere
Lehrer und durch sie
unser Volk durch den
bisherigen Zeichen-
unterricht zu einer
grundfalschen Auf-
fassung von der Be-
deutung des Zeich-
nens im täglichen
Leben erzogen wor-
den ist. Er muss
daraus die Lehre
ziehen, dass es nötig
ist, durch Vorträge
an den Elternaben-
den , sowie durch
Führungen und Be-
lehrungen in den
Ausstellungen das
Volk aufzuklären.


Wohnungskultur.
Um die Mitte der neunziger Jahre wandte sich die deutsche Geistesrichtung
der Kunst zu. Koch wenige Jahre früher hätte dies niemand für möglich gehalten,
obgleich der Rembrandt-Deutsche es schon eine geraume Zeit vorher prophezeit
und Konrad Lange in seinem Buche über die künstlerische Erziehung der deutschen
Jugend ein Programm dafür entwickelt hatte. Aber das, was beide im Auge
hatten, kam doch schneller, als alle Welt erwartete, eine junge Saat der
Kunst spross plötzlich allerorten auf. Ganz besonders stand eines Tages die
 
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