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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 12 (Dezember 1927)
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Gahlbeck, Rudolf: Farbe, Form und Ton
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Müller, F.: Ausdruck, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0297

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biS 3 von 4ll Schülern wühlken eine cmdere Farbe.
Dnjiec,en war eine Verkanschuna zwischen Quadrat
und Kreis schon häusiger, was jedoch offenbar auf
daS ähnliche Spannungsverhältnis der beiden Fi-
uren zurüchzuflihren isk. Dies Ergebnis fand auf
ein Hainburger Kvngref; eine verblüffende Ve-
skäligung in den Farblichkspielen von Hirschfeld-
Nlack (WickerSdors), die mir vorher gänzlich un-
bekannk waren und in gewisser Beziehung auf
dlesem Nesullat beruhen.

Gelb hak demnach ekwas Spihes, Blau ekwas
Nundes und Aok ekwas Bestimmk-KankigeS an sich.
Der Schüler, der sich flir diese Zuordnung enkswei-
dct, wird aiso ganz von selbsk bei enksprechenden
Geräuschen oder musikalischen Elndrlicken, deren
Eharakker diesen Akkribuken ähnelk, die fragliche
Farbe wählen. ES verskehk sich von selbsk, dasz zwi-
schen ben vielen Abskufungen, die den Bezlrk einer
Farbe füllen, zu unkerscheiden isk, d. h. dasz spihig
nichk ekwa Goldaelb, sondern scharfes Chromgelb-hell
ist usf. Ziermll sol! nun durchaus nichk gesagt sein,
dasz es für alle so sein m u jz. Aber abgesehen davon,
daf; eS auch sonst keine nbsoluke Gülkigkeik glbt —
auf;er in der Makhemalik —, bliebe der Wert die-
ser Aufgaben seibsk bei gänzlich verschiedenen Ne-
sultaken davon unberührl. Denn es kommt darauf
an, daf; sich der Schüler überhaupk in dieser Weise
mik der Farbe auSeinnndersehk. Wo Fnrbe und Form
so erlebl werden, ist die Beziehnng zum Neich der
Töne naheliegcnd und ergibk sich sozusagen von selbsk.
Dasz darüber hinaus auch die Einskellung zur Natur
cine wesenkliche Beriiefung erfährt, ist gleichfalls
als erfreulicher Gewinn zu wcrken.

Wesen und Vedculung der Farbe-Ton-Beziehun-
gen bak Böhme-Berlin in nachskehenden Worken
kresfend umrissen, wenn er sagk: „Es handelk sich um
die Lrfassung einer Tiefenschichk unseres Ich, in der
noch keinerlei Makerialtrennung nach

Kunstgebieken statkgefunden hak, ciner Schichi, In dcr
d a s L i ch k n o ch T o n und der T o n » o ch k.' i ch >
ist. Ich möchke sie die Schichk der rhpihini.
schen Bewegkheik nennen. Denn dicse is! cs,
aus der sich Ton- und Farbenempsindungeii . . . zu
künsklerischen Gestaltungen bilden, so daf; dicS Gc-
biek als der Mukkerboden aller kiiiisilelischcii
Bildung, zumindesk aber der zeiklichen Kuns! angc-
sehen werden muß." And wahrlich! Was Kvilcgc
Prof. Rainer-Wien, der außer andern Koliegen und
dem Berfasser die erfreuliche Gelegenheit halle, ciuf
dem Kongrefz vor zahlreichen Hörern seine blnlcr.
richksergebnisse zu zeigen und zu besprechen, a»
Schlllerarbeiten aus oiesem Gebiek aufwelscn konnle,
das hat Böhmes und ähnlichen Anschauiliigen einc
kaum zu überbiekende Beskäkigung verliehen. Ein
unerhörker Neichkum an Formen und Farben lal
sich da auf, der beglückendes ZeugniS von den Gii-
kern jugendlichen Seelenlebens ablcgke und den
Wunsch rechkferkigt, dasz die Behandlung dieseS
Skoffgebiekes bald von allen Ilnkerrichlsanslcilicn
übernommen werden möchke.

Freilich wird das fllr diejenlgen nicht ganz einfach
lein, denen diese Schicht bislang Ocdland gc-
blieben isl. Aber es bedarf nur einer willigen und
innigen Einfühlung in „die Welt der Grenzen", um
der noch ungehobenen Schätze gewahr zu werdcn,
wo die mnkerialistische und analykisch-einseiliae Ein-
stellung jüngsker Epochen noch nichk zur Berkümme-
rung ooer gänzlichen Äbkökung jener Erlebnisinögllch-
keiken geführt hak. Trotz aller „Sachlichkeii" bcihnl
sich eine Bewegung an, die vielleicht zu einer syn-
thetischen Wesenskunde von Farbe und Ton, zu
einer synkhekischen Weltanschauung überhaupk slih-
ren wird. Und wo dle hier behandelke Seile der wer-
denden Persönlichkeik gepflegt und gefördert wird,
da werden verkiefke Arbeiksfreudiakelt, Erfolg und
erhöhtes Lebensgefllhl nicht ausbleiben.

Ausdruck

Von F. Müller--Kolberg

(Schlug) ^

Es isk nichk nur die Gefühlsseike der Seele, die
wir !m AuSdruck erkennen, sondern auch ihr intel-
lektuelles Leben. Freilich isl der Ausdruck dessen,
was die Seele „erregt" oder „skimmt", immer mehr
hervorkrekend als derjenige, der ihre skille Arbeik
zeigk, ihr Denken, Schaffen und Gestalten. Und
doch ist auch dieser Ausdruck in gleiäzer Weise spon-
lan, sinnvoll und bezeichnend. Am deuklichsten sehen
wir dnS an den nusinalenüen Gesken eines Redners.
Ein Polikiker erzählt z. B. seinen Wählern von
seiner parlcinientarischen Täligkeik: „Da reihk sich
eine Kommissionssitziing nn die andere. llmmer neue
Beraluiigen sinden skakk, Tag..für Tng, Stunde für
Slunde setzk sich das fork, und vwle'Sitzungen deh-
nen sich weik über Milternachk hinaus/ Da er ais
lcbhafler Nedner mik dem ganzen Körper spricht,
begleiket er seine Worke: „Tag für' Tag, Skunde
für Stunde" mik schnell hinkereinander folgenden
und in einer Neihe lorkschreikenden Abwärksbewe-
gungen der skeil geskellken Handfläche, alS wollte er
die endlose Neihe der Sitzungen und ihre schnelle

Aufeinanderfolge veranschaulichen, und bei der
Stelle: „dehnk sich weik llber NNkkernachk hlnauS"
drehk er die Handfläche wagerecht und machl mil ihr
eine langsame Borwärtsbewegung, der sein ganzer
Körper nachfolgt. Keinem Zuhörer fallen solche ciuS-
malenden Gesten auf, wenn sie das gesprochene Worl
richkig veranschaulichen: sie würden ihm aber auf-
fallen und seinen Gedankengang stören, wenii dcr
Wortsinn falsch verbildlichk würde. Der Zusainmcii-
hang zwischen Geste und Wort ist so eng, dcitz solche
deutenden Bewegungen nicht nur von selbsl enl-
skehen, sondern auch in der Negel ohne Äorsludium
richtig gemachk werden. Welchen Wert die redende
Geste für den Schauspieler, überhaupk sür den mi-
mischen Künskler hak, wollen wir hier slillschweigcnd
übergehen. Wir wissen aber, datz sie dem Anfänger
in der miinischen Kunst krotz ihrer Nalürlichkeit —
da der DurchschnIkkSmenfch sich ihrer enlwöhiit hal
— oft Mühe machk und datz nur der Meisler vom
Fach das „stumme Spiel" mik vollkommener Sicher-
heit und unfehlbarer Wirkung beherrschk. Die Gesien-
 
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