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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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Tischgemeinschaft entehrt zu sein, ihn nothwendig adeln
mnsse, worauf der König in aufgeräumter Stimmung
eingeht: ein Adelspatent für eine Pute, das ist des Pudels
Kern. Kann ein unglücklicherer Gegenstand für ein Bild
gedacht, konnte, zum wenigsten, ein ungeeigneterer Mo-
ment des Geschichtchens für die Darstellung gewählt
werden? Schwerlich, wofern das Bild einen Gegenstand
haben und ihn verständlich aussprechen sollte. Zu einem
Vorwand, hübsche Leute in malerischen Kostümen zu-
sammen zu stellen und daran Pinsel und Palette zu er-
proben, ist die Scene freilich genügend; aber leider erhebt
der historische Apparat Ansprüche, die so wohlfeilen Kaufes
nicht zu befriedigcn sind, und die wir uns nicht ausreden
lassen wollen, nm dem Historischcn nicht den Ernst und
die Würde abhanden kommen zu sehen, die es auszeichnend
charakterisircn. Noch nie habe ich so viel Respekt vor
Karl Becker's Karl V. bei Fugger bekommen, als vor
diesem Bilde, das mir durch eine sehr natürliche Jdeen-
association (und auch durch eine gewisse äußerliche Ver-
wandtschaft) jenes lebhaft in die Erinnerung zurückrief.
— Unter dcn übrigen Bildern muß ich noch der Betstube
im Schlosse Gottorp von Hcinrich Heger gedenken, die
ein wahres Muster von sorgfältiger Ausführung eines
mit geschnitztem Holz bekleideten Jnnenraumes ist. Jch
erinnere mich, vor längerer Zeit hier ein ähnliches
Bild desselbcn Künstlers gesehen zu haben — Endlich
ragt unter den Landschasten ein großer Sonnen-
untergang im Siegthale von Theodor Hagen hervor.
Das Bild umfaßt von hohcm Gesichtspnnkte ein weites
Terrain von mannichfaltiger Bildung, durch ein wirk-
sam von schweren Wolkcn unterbrochencS Abendlicht
beleuchtet. Leider macht sich in deni einförmigen Vorder-
grunde die unmalerische Vogelperspective geltend, ver-
bunden mit cincni zn grellen Grün dcr Vcgctation. Dcr
Mittelgrund abcr und dic Ferne crreichen cinc höchst wir-
kungsvolle malerische Haltung, zu der eine sehr pastose
und kühne Farbenbehandlung ini Sinne dcr jüngsten
Wcrke Andrcas Achcnbach's das Ihrigc beiträgt. — Db-
gleich noch von manchem Guten, u. A. ciner hier wicder
aufgetauchtcn unvergleichlichcn Marine bei Amalfi, von
Karl Graeb aus dem Iahre 1861, zn niclden wäre, so
breche ich doch für dieSmal ab, um noch einer wahrschein-
lich schnell vorübergehenden und höchst eigcnthüinlichen
Erschcinung vcrdiente Anfmcrksamkeit zuzuwcnden.

Jch meinc die Ausstellung, welche der Berliner Verein
der Künstlcrinnen und Knnstfrcundinnen in der Aula der
Kgl. Thierarzencischule hierselbst veranstaltet hat, und die
durchweg ans Werken weiblicher Hand besteht. Man
würde in vielfacher Hinsicht Unrecht thun, wenn man an
diese Ausstellung den gewöhnlichen Maßstab anlegen
wollte. Einmal tretcn ausgesprochenermaßen vicle noch
zi emlich ungeschulte Kräfte mit Probearbciten auf, während
diejenigen Arbeiten, welche bewährtere Künstlerinnen bei-

gesteuert haben, schon zum großen Theil bekannt sind.
Sodann beabsichtigen die Damen gar nicht, hier einen
überraschenden nnd ungeahnten Künstgenuß 'zu bieten,
sondern sie halnn höchst bescheiden nur den Zweck, durch
Anfweisung der Früchte ihres bisherigen Fleißes dem billig
Gesinnten darzuthun, daß sie wohl bercchtigt sind, nach
gründlicherer Vorbildnng, die sie von vereinigter Kraft
erhofsen, auch in die höhere Konkurrenz erfolgreich einzu-
treten. Und daß zu diesem Beweise die Ausstellung mehr
als genügt, wird man ohne Umschwcife anzuerkennen
haben. Jch vermeidc ein Eingehcn in Details, da Tadel,
gcgcn das einzelne Werk gerichtet, leicht unnöthig da em-
pfindlich berühren könnte, wo viel guter Wille sehr wohl
weiß, daß er am Anfang noch nicht erfolgreich genug
gewesen. Jch erwähne daher nur, daß Clara Oenicke sehr
reich durch lebendige Porträts, ein freilich etwas hölzcrncs
historisches nnd ein hübsches Genrebild und durch das
Hauptbild der Ausstcllung, einen Christus am Oelberge,
zwar von sentimcntal süßlichem Ausdruck und Kolorit, aber
doch im Ganzen reckt tüchtig nnd ansprechend, vertreten
ist; daß Elisabeth Jerichow-Baumann ihrcn männ--
lichcn Piusel in zwei lebensgroßen Jtalicnerinnen und
ciuem Studienkopfe bewährt, aber gerade hier nicht frei
von Trockenhcit ist; daß Blanca von Hagen, Augustc
von Sandrart und mehrere Andere gnte, zum Theil
recht gute Porträts geliefert habcn, untcr die ich auch
trotz dcs mythologischen Titels der Erstgenannten glühend
siunlichc nnd schön gemaltc Bakchantin zu begreifen mir
erlaube; daß Antonie Volkmar in einer „Andächtigen"
eine licbenswürdigc Figur mit anerkennenswcrthcr Künst
hingcsteüt hat, ohne dadurch früherc Leistungcn vcrgessen
machen zu können; und daß auch die Landschaft durch
Antonie Biel, Rosalie Gleich, Emma Sietze und
Andere gut besetzt erscheint; ohne damit in Abredc zu
stcllcn, daß auch außer diesen noch manchc Hand Lobens-
würdiges hervorgebracht hat. — Jm Allgemeinen gcwinnt
man den Eindruck, daß die richtigste Selbsterkenntniß die
Künstlerinncn leitet, wenn sie nach grüudlichcrcr Durch-
bildung im technischen Theil der Kunst streben. Jn der
Perspektive kommcn die mcisten nicht über ein unklarcs
Gesühl hinans, das denn natürlich nicht in allen Fällen
sicher führt. Der Pinsel muß öfter die Schwankungen des
zeichnenden Stiftes verdeckcn, und nicht immer entschädigt
koloristisches Verdienst für die Schwächen der Form. —
Auch etwas Anderes ist mir aufgefallen. Beim ersten
Anblick machen die vielen alten Bekannten aus vcr-
schiedenen Galcrien, dercn häufige Kopien an allen Wän-
den hängen, cincn angcnchmen Eindruck: man ist gleich
mit ihncn vertraut, für sie gewonncn, nnd sie errcgen dcn
Gcdankcn an fleißigcs, sorgfältigcs Studinm dcr bcsten
Vorbilder. Aber untcr allen Kopien habc ich hernach nur
cine cinzige gcfundcn, die gcnügen konnte: nach Nem-
brandl's Frau mit der Nclke in Drcsden; und dann
 
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