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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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82

machen. Die Belebung desselben durch eine sinnige und
fein ausgeführte Behandlung der SockelreliefS legen wir
dem Künstler uoch besonders an's Herz. Jn diesen
Reliefs liegt osfenbar der Schwerpunkt des Ganzen, da
uns die Musik Schubert's denn doch weit mehr interessirt
als seine Persönlichkeit und, ricktig aufgefaßt, auch der
plastischen Darstellung viel günstigere Chancen bietet.

Unter den zahlreichen plastischen Arbeiten kleinerer
Gattung, welche das oesterreichische Museum in der
letzteren Zeit zur Ausstellung brachte, haben vornehm-
lich einige auf der Pariser Ausstellung angekaufte Werke
von Carrier-Belleuse die Aufmerksamkeit der hiesigen
Kunstfreunde in hohem Grade beschäftigt. Es war
einerseits eine Porträtbüste Theophile Gautier's in ge-
branntem Thon von einem geistvollen Naturalismus der
Behandlnng, welcher an die Werke eines Alessandro
Vittoria oder der alten Florentiner erinnert; anderer-
seits eine kleine Gruppe (Knabe nnd Mädchen) in Metall-
guß, etwas geziert und süßlich in der Empsindung, aber
merkwürdig wegen der ganz meisterlichen Technik des
Metallgusses und namentlich der Ciselirung, aus der
Anstalt von Deniöre in Paris. Wie viele unserer
dentschen Bronzewerke sind nicht dnrch schlechte Ciselirung,
insbesondere durch das ganz verkehrte Mattmachen der
Oberfläche schon verdorben worden! Wir empfehleu
deßhalb diese vortrefflichen Leistnngen Deniöre's dem
Studium unserer Metallgießer und Ciseleure auf's
Eindringlichste.

Bcrli», im Fkbniar.

-si Obgleich man eigentlich nicht erwarten durfte, auf
dem Bazar znm Besten der Nolhleidenden in Ost-
preußen in der Bildergalerie des Koniglichen Schlosses
Neucs von besonderem Kunstwerth anzutrefsen, bot der-
selbe doch einige Kunstwerke zur Ansicht und znm Kaufe,
von denen es sich recht sehr verlohut zu berichten.

Jn erster Linie sind zwei Rundreliefs (Pcndants) von
Reinhold Begas zu nennen, dercn Originale gleich in
den Privatbesitz übergegangen und daher nicht zu Vieler
Kenntniß gekommen sind; auch wir sahen sie zum crstcn
Male. Das eine stellte den Adonis dar, welcher dem
Amor zu trinken giebt; das andere Venus auf ihrem
Taubenwagen, während Amcr das beschwingte Gespann
fültert. Diese Reliefarbeiten sind in Rcinheit und feiner
Schönheit der Form den meisten seiner charakteristischesten
statuarischcn Werke überlegen; dabci verläugnen sie den
kräftig naturalistischen Sinn des Künstlers nicht im
mindesten, ohne doch über die Gränzen des Reliefstiles
sich hinausführen zu lassen. Zm Verein mit dem frischen
Schwung der Linien und der licblichcn Grazie der Motive
drücken diese Eigenschaftcn den beiden Reliefs den Stempel
seltener Kunstvollendung auf.

Eine besonders reiche und sinnige Gabe hatte der

Bazar in dem sogenannten „Kiosk" erhalten. Es war
dies ein vom Zimmermeister Richter in Charlottenburg .
entworfener und unter seiner Leitung ausgeführter Holz-
bau, der in seiner Form au die Apsis der Basiliken
erinnerte. Von gekuppelten Säulen getragen, erhob sich
eine Art von Triumphbogen, von etwa zehn Fuß lichter
Breite, oben giebelförmig abgeschlossen, mit dem könig-
lichen Wappen und zu beiden Seiten dem Namenszuge
der Königin Augusta als der chohen Protectorin des
Bazars. An den Bogen schloß sich eine Nische, deren
Grundriß aus fünf Seiten eines Zehnecks bestand. Jn
den Ecken stand imnier eine Säule, von der feine Ge-
wolberippen hinansliegen. Zwischen diesen waren die
Füllungen der Kuppel eingespanut. Das Jnnere war in
Weiß, Hellgrün und Gold reich dekorirt, jedoch leider nicht
farbenkräftig genug behandelt.

Den Hauptschmuck der fünf geraden Wände aber
bildeten fünf als Panneaux eingelassene Gemälde, deren
Kunstwerth in gar keinem Verhältniß zu der Kürze der
Zeit steht, die ihrer Herstellung gewidmct werden konnte
(der ganze „Kiosk" ist in drei Wochen vollendet worden).
Der Grundgedanke war, die sämmtlichen Provinzen
Preußens — zum ersten Male sind hierbei die jüngst
einverleibten Gebietstheile als solche neben den alten
Stammprovinzen dargestellt — der durch die Noth be-
drängten Borussia zur Hülfe bereit an die Seite zn setzen.

Adolph Menzel hatte sich der Aufgabe unterzogeii,
die schwergeprüfte Provinz zu schildern, und schon bei der
Wahl des Gegenstaudes hatte er daS Glücksloos gegriffen.
Jm königlichen Schmucke, als Stammlaiid des Kvnig-
reichs, beugt sich die edle Gestalt zu den Nothleidenden
niedcr, dcren maiinichfache Gestalten zu ihrenFüßen er-
scheinen. Liebevoll erbarmt sie sich ihrer, und in könig-
licher Großmuth ergreift sie das kostbare Geschmeide um
ihren Hals, um es dem Wohl ihrer geprüften Kinder zu
opferu. Jn eiue fröhliche Farbe komite der Meister seinen
Pinsel nicht tanchen, der dies Bild des Jaimners mit
packender Gewalt uns vor die Seele führcn wollte;
düstere Töne von geheiimiißvollem Zauber klingen durch
die Darstellung, und ein tiefes Weh dringt daraus über-
wältigend und zum Mitgefühl erwcckend an das Herz
des Beschauers. Das Gewollte ist so einfach, die Mittel
zur Wirkung so nalürlich, daß es scheint, es könne gar
nicht anders seiu, und doch, wie erschüttert und ergriffen
fühlen wir uns vor dieser grandiosen Scene! Menzel
war hier in seincm Element: der schwermüthige Accord
der Enipsinduiig ist seiner Natnr bcsonders shmpathisch,
und vom Leben und tiefem Gefühl innig durchtränkte
Allegorien gelingen ihm stets herrlich; seine Begabuug ist
hervorragender für die geistvollcn Aper^us in den kleinereii
Genres (inan denke an seine Gouachemalereien!) und in
der Illustration, als für die große Historie, und besonders
die leere Haupt- und Staatsaklion der Krönung von
 
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