Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0100

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
99

Durchführuiig ist eudlich das vicrte Bild, Brustbild eiuer
Dame mit einer rothen Kamelie in der Hand, welches
mit seiner herrlichen Farbe einen seltenen Schmelz der
Modellirung und höchste Aumuth der ganzen Erscheinung
vereinigt, dabei aber so anspruchslos, so — man möchte
sagen — uaturnothwendig auftritt, daß man empfindct,
einem wirklichen Kunstwerk gegenübcr zu stehcn. Ueber-
haupt gehört Hildebrandt, mit dcm in dieser Beziehung
vornehmlich A. von Heyden und Ernst Ewald (der
von einem früheren Bilde sogenannte Todsünden-Ewald)
znsammen zu nennen sind, zu denjenigen Berliner Künst-
lcrn, die der Ausbildung des Kolorits eine besondcre
Sorgfalt zu Theil werden lassen und darin Bedeutendes
leisten, wie dcr erstgenannte dies bercits in einem Bilde
von bezaubernder Liebenswürdigkeit der Charakteristik auf
der vorletzten Bcrliner Kunstausstellung, „Landleben",
dokumentirte, von dem wir dicser Tage eine Wiederholuug
sahen. — Ebenfalls bei Sachse besindet sich jetzt ein Bild,
das in Paris bereits gercchte Anerkennnng gefunden hat,
der Tod Philipps II. vcn Spanien von F. Keller, einem
Schüler C. F. Lessing's. DaS Bild hat lebensgroße ganze
Figurcn, rechtferligt aber vollkommcn seinen Maßstab
durch die nachdrückliche Kraft, mit der die Scene in
erschütternder Wahrheit vor Augen gestellt wird. Der
Ausdruck der Köpfe ist angemcssen, Licht und Farbe in
ihrem melancholischen Spiel versöhuen angenehm mit dem
an sich nicht gerade anziehenden Vorgange. — Von den
übrigen Bildern bei Sachse verdienen drei „Russische
Scenen" von N. de Swertschkow Erwähnung, jedes-
mal ein russisches Dreigespann im Schnee, unter denen
besonders die größte, in der das Gespann im schärfsten
Lauf über die von der scheidcnden Abendsonne roth an-
geglühte Schneefläche auf den Beschauer zucilt, durch
frappante Wahrheit und sichere Beherrschung dcr sehr
einfacheu Mittel imponirt. —

Au andern Stellen fanden sich drei Bildchen von
Ad. Menzel. Zwei, die für den Pariser Salon be-
stimmt waren, wohin auch das Krönungsbild gegangen
ist, stauden im Knnstvcrein kurze Zeit zur Ansicht: ein
„Studienkopf" und eine „Rüstkammerscene." Der er-
stere, in Aqnarell, nur im Bart und an einigen anderen
Stellen mit Deckfarbe fertig gemacht, zeigte einen
ältlichen bärtigen Mann in einem Kostüm, das den Morett
Holbein's in Dresden in's Gedächtniß rief, im Begriff
ein Kleinodienkästchen mit dem Schlüssel zu öffnen. Kopf
und Hände waren von einer Vollendung der Ausführung
ohne Gleichen und das Ganze von einer Wirkung, die dcs
kleinen Maßstabcs zu spotten schien. Das Zweite zeigte
einen schwer gewappneteu Nitter, dem ein lachendes junges
Weib von hinten einen Blumenstrauß vor das geschlossene
Bisier hält, währeud sie ihrKöpfchen schelmisch über seine
Schulter beugt; es war ganz in Gouache gcmalt und
bewies auf's Neue die Meisterschaft Menzel's in dieser

Technik, freilich auch, daß die feine Formenschönhcit ihm
abgeht. Dafür entschädigt aber vollauf ein glücklicher
Humor, der sich oft ungesucht und unbewnßt in herberen
Spott umsetzt. Das war der Fall mit dcm dritten, gleich-
falls einem Gouachebilde, das bei Lepke zu sehen war.
Wir erblicken in einer Säulenvorhalle oder einer Art
Balkon eine hocharistokratische Gesellschaft, die Herren in
glänzenden Gala-IIniformen, die Damen in luxuriösen
modischen Gesellschaftstoiletten, versammelt, um das
Schauspiel irgend eines Anfzuges, vielleicht einer „Früh-
jahrsparade", wie sie uus jetzt wieder bevorfleheu, zu
genießen. Das Bild ist wie aus dem Leben herausge-
schnitten, ja es scheint dazn zu gehören, daß die eine Dame
durch deu Bildrand von oben bis unten halbirt wird; und
man bedauert nur, in der fashionableu Welt nicht besser
mit den Persönlichkeiten vertraut zu sein, um sogleich die
Namen zu dicsen typischen nnd doch so individuell ge-
zeichneten Figuren bei der Hand zu haben. Kein Zug ist
eigentlich chargirt, und doch wirkt das Ganze nüt über-
wältigender Komik, jede Bewegung ist wie eine Karri-
katur auf sich selbst und auf ihren Urheber und der ge-
schäftsmäßige Ernst des Eincn wie die gemachte höfliche
Freundlichkeit des Andern erscheint in gleichem Grade er-
götzlich. Die Technik aber ist geradezu erstaunlich, so
sicher und wirkungsvoll, so frei und geistreich. — Bei
Lepke muß noch eines vortrefflichen Bildes, Architektur-
vedute von C. Springer, einem Holländer, gedacht
werden, dessen Licht- und Farbenhaltung au seinen alten
berühmten Laudsmann Jan vau der Heyden erinnert. —
Jm Kunstverein war ein interessantes Oelbild von Otto
Försterling, „Heimkehr", in antikem Kostüin, das von
viel gesundem Sinn für stilvolle Komposition und schöne
Lichtwirkung zeugte.

Miinchcn, Nnfaug März.

8 — t. Schon sehr unangenehm berührt waren wir,
als wir in dem wieder geoffncten Kunstvercine verschiedene
Bilder erblickten, die von Andrea del Sarto, Rembrandt,
Luini, Francia u. s. f. sein sollten, aber noch nnange-
nehmer, als wir einen Artikel der Angsbnrger Allgemeiuen
Zeitung (Beil. zum 29. Februar) lasen, in welchem diese
Bilder als unbestreitbare Meisterwerke eingeführt sind.
Es sind offenbar, mit Ausnahme cines Van der Mcnlen,
Kopieen, uud dazu noch ganz erbärniliche. Auch einige
alte Bilder einer zu gleicher Zeit daselbst ausgestellten
andern Sammlung sind Nachahniungen; eine Landschaft
von Beich, zwei kleine fein kolorirte uud gezeichnete von
W. vou Kobell und ein schönes Zopfporträt vou I. C
Edlinger erlauben wir uns auszuuehmen.

Auch an modernen Arbeiten lieferten die AuSstel
lungen allerlei. Die iu allzu bescheidenem Format ge-
haltenen Photographien nach Fresken, welche Than
 
Annotationen