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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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Die Aquarell-Ausstellung in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0135

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pfindungen inmitten dcr harmlosesten und freiestenLebens-
auffassung offenbart, leiht er gern und mit wahrhaft be-
wältigender Kraft seinen Pinsel. Zugleich besitzt er
in der Gouachemalerei fast durchweg die höchste Meister-
fchaft im Kolorit. Menzel hatte anch die Originalzeich-
nungen und Entwürfe zu den von ihm lithographirten
„Denkwnrdigkeiten aus der brandenbnrgisch-preußischen
Geschichte" ausgestellt, die, in seinem neunzehnten Jahre
entstanden, als ein überraschendes Zengniß früh entwickelter
Jndividualität nnd Knnstfertigkeit dastchen.

Höchst bedentsam tritt sodann Karl Graeb hervor.
Ja man kann ihn in mancher Hinsicht geradezu als die
Spitze der Ausstellung bezeichnen. Jn der Landschast
und in der Architcktnr übertreffen seine auf's Sorgfältigste
vollendeten Blatter alle übrigen an feinem Duft der
Lnfttöne sowie an minutiösem und doch nicht kleinlichem
Detail. Ein Theil der Ansichten aus dem atheniensischen
Saale des nenen Mnseums und achtzehn Motive aus
Stadt, Schloß und Park Muskau zeigten diese Vorzüge im
hellsten Lichte.

Anch vonTheodorHosemannfindensichzweihübscke
Genre-Figuren von gemüthlichem Humor. Angust von
Heyden bietet eine hübscheKostümstudie und eine Ansicht
seines mit alten Meubeln, Wafsen u. s. w. ausgestattcten
Ateliers.

Jn der Landschaft verdienen die poetischen, aber etwas
eintönigen Bilder Bennewitz von Loefen's Anerkennnng,
mehr noch die große Zahl gründlicher Stndien von Albert
Dressler, der auch eine gnte komponirte Landschaft in
antikem Charakter geliefert hat. Max Schmidt, der jetzt
nach Weimar Berufene, wird des Meeres nicht Herr,
während er im Walde zn Hause ist. Charles Hoguet
erscheint in der Färbung matt. Karl Scherres nimmt
durch nur zwei kleine Blätter eine hervorragende Stelle
ein, und Streckfuß hat außer einigen mäßigcn Wald-
partien einen vortrefflichen Sonnenuntcrgang am Meere
ausgestellt.

Unter den Architektnr - Malern schließt sich Panl
Graeb dem Vater nahe an. Emil de Canwer nimmt
es in Sauberkeit und geschickter Lichtbenntzung mit
Jedem auf, aber es fehlt seinen Bildern an Geist.
F. von Arnim faßt seine Vorwürfe mit den Augen
des Architekten auf, wird aber in der Aquarellirung
sowie in den landschaftlichen Acceffoirs auch als Maler
unbedingt kllnstlerisch. Dagegen sieht E. Ewald die
Bauwerke nur mit dem Sinn für ihrc malerische Erschei-
nung, die er im Allgemeinen gutwiedergiebt, wiewohl sein
Farbenton mehr noch als trübe ist, und die willkürliche
BegrLnzung mitunter den architektonischen Gedanken vcr-
stümmelt.

Sehr interessant sind Ludwig Burg er's Charakter-
studien. Gefangene Oesterreicher, Typcn preußischer
Soldaten und russisch-polnische Bauern führt er in einer

umfangreichen Sammlnng vor, in der man die charakle-
ristische Anffassnng und die Sicherheit der mit den ein-
fachsten Mitteln bewirkten Darstellung gern anerkennt;
eine größere Komposition, die Belehnung des Bnrggrafen
Friedrich mit der Mark Brandenbnrg, ist gnt im Kostüm
nnd in der Anordnnng, aber in den Bewegungen allzu
bürgerlich gemüthlich. Dagcgen hat O. WisniewSki
Sophie Charlotte nnd Leibnitz nebst tlmgebnng im Park
von Lützelburg (Charlottenbnrg) gerade in dcr Stimmung
und Haltung trefslich dargestellt. Einige Genrebilver
(orientalisch) nnd Stndien zu solchen von Hermann
Kretzschmer sind in Anordnung und Ansdruck an-
sprechender als in der farbigen Ausführnng.

Kopien ihrer in den Räumen des nenen Mnsenms
auSgeführten Wandmalereien finden sich noch von Max
Schmidt, Aug.Wilh. Ferd. Schirmer, G. Biermann
^ und namentlich von Eduard Pap e, der sich hier als ein
ebenso geschicktcr Architektnrmaler ausweist, wie er ein
mit Recht gefcierter Landschaftsmaler ist.

Auch die Historie ist vertreten: F. Martersteig's
Luther vor Kaiser und Neich macht einen dnrchans würdigen
Eindrnck; dagegen will C. F. Lessing's Friedrich
Barbarossa bei Jkonium in mchrfacher Hinsicht nicht recht
behagen. Der Engländer W. C. Thomas hat im Auf-
trage der Kronprinzessin zwei Momente der Krönung
Wilhelm's I. von Preußen, das Anfsetzen der Krone selbst
und den Auszug aus der Kirche, gemalt, durchaus aner-
kennenswerthe Leistungen; namentlich hält das erstere den
Vergleich mit Menzel's Krönungsbilde sehr zu seinem
Vortheil aus. Der Künstler, der eben hier nicht offi-
cieller Ccremonienmaler war, wurde nicht durch allerhöchste
Wünsche, die Befehle sind, und durch die kleinliche Eitel-
kcit von hundert und etlichen hochstehenden Persönlichkeiten,
die ihre wcrthe Erscheinuug möglichst zur Geltnng ge-
bracht sehen wollten, in seinem kllnstlerischen Walten und
Schafsen behindert. KarlWerner ist nnrdurch einBild,
Motiv aus Venedig, vertreten, aber auch dies eine genügt,
selbst nngünstig placirt, ihm seine Stellung zn sichern.
EdwardHenry Corbonld's Bildcrstürmcr znBasel, von
bedeutendem Umfange mit fast halblebensgroßen Fignrcn
bicten viel Gutes, scheinen aber im Ganzen über die
Gränzen der Technik hinauszugehen. Angemessener ist
ein Cyklus von hübschen Bildern aus Undine, in einem
Nahmen, crnamental mit einander verbunden.

Hiermit wärcn wir bei den fremdeu Gästen angelangt,
über die eine kurze Mittheilung genügt. Weitaus dcr
Bedeutendste von Allemist Lodovico Passini, von dem
zwei große Vilder mit Scenen aus dem italienischen Klo-
sterleben vvrhanden sind, Speisnng von Armen vor der
Klosterpforte und Abnahme von Fischzehnten an der Thüre
des Kreuzganges. Er schildert Menschen aus einem
Stück, an deren Existenz man glaubt, deren Handlungen
Jntereffe erregen. Die Lokaltöne in den Architekturen
 
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