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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

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Die 23. Ausstellung der Norddeutschen Kunstvereine in Hamburg, [1]
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H IahriMtt.

Nr. 39.

Üciträgc

M'd lm vr. C.v.LützUW
(tVini, Theresimiumg.
^>°d.audleVer>Ngs>l.

(Leip^ig, Köuigsste. g)
j» rilhteu.

w. Z„li.

Inscratc

ü. 21/2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
nnd Kunsthandlung an-
genommen.

1874.

Beibllitt znr Zeitschrist stir bildende Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten oer „Zeitschrift für bildende Kunst" xratls; für sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

^nhalt: Die 23. Ausstellung der Norddeutschen Kunstoereine in Hambnrg. — Korrespondenz aus Jnnsbruck. — Kunstliteratur: Wittstein, Der goldene
Schnitt. — Nekrolog: Fr. Spangenberg. — Aus Düsseldorf; Münchener Akademie; Oesterreichisches Mnseum. — Oesterreichischer Kunstverein. —
Keller's Nero; das Mantuanische Gefätz. — Jnserate.

Die 83. Äusstettung der Uorddeutschen Äunst-
vereine in Hainburg.

1.

Die große, cille zwei Jcihre wiederkehrende Kimst-
ausstelluiig des Verbandes der norddeutschen Vereine, die
dom 2. April bis zuin 6. Jnni d. I. in Hcimburg stati-
fand, wies, uiu mit einigen statistischen Notizen zu be-
ginnen, eine Gesainmtzahl vou ea. 1200 Kunstwerken
auf, darunter 8 plastische Werke, gegen 40 Aguarelle, einige
Farbenskizzen, Blei-, Kohlen- und Federzeichnungen, alles
tlebrige Gemälde. Betheiligt waren 580 Künstler auS
bem deutschen Reiche, 16 aus Oestcrreich, 47 aus Hol-
laud, 14 aus Belgien und einige 10—20 aus anderen
Ländern. Speciell aus München beschickten 184 Künst-
icr, aus Düsseldorf >77, auS Berlin 57, aus Hamburg
44, aus Weiinar 35 die AuSstellung. Der Bertäuf
ging nicht besonders, und es gelang unserem Kunstver-
eiue sogar, ein oder zwei gute Bilder anzukäufen und
von dcin Mittelgule nichr alS sonst zu erwerben. AlS
Symptoni der Besserung muß cs registrirt werden, daß
der allen Mitgliederu des Kunstvereins nur zu bekannte
große Ochse von Delfs biesmal zwar zum Ankauf —
Wie alljährlich — vorgeschlageu, dennoch durch die Op-
Position cines MitgtiedeS, dem der Standal doch endlich
zn arg dänchte, znrückgewiesen wurde.

Begimien wir mit der Plastik, so war dieselbe
gnalitaliv und guantitativ äußerst schwach vertreten.
Bon Marmorwerken war nur F. Ne u ber' s „Oorinu
8sIIu" vorhanden, über welche ich schou vor einiger
Zeit den Lesern vieses Blattes Einiges mittheilen konnte.

Der Berliner Wiese lieferte einige gut charakterisirte
Bronzestatuetten, die als künstlerischer Zimmerschmuck
alle Beachtung verdienen, schciterte aber mit einem grö-
ßeren Entwurf einer Venus Anadyomene zu einer Fon-
täne. Müller's singende Nymphe — Gyps — ist
ohne alle Rücksicht auf Anatomie modellirt und würde
täum Erwähnung verdienen, wenn nicht der merkwür-
digen Konseguenz wcgen, mit der die beigegebene Be-
schrcibung ihren Liebhaber, den ehrlichen Pieus der
römischen Wälder in einen städtischen Pineus, zweifets-
ohne geweseuen semilischen Bankdirektor, vcrwandelt hat.
Au Hirl's hübscher Biscuit-Statuetle „Musik" ist es
Schade, daß er sie mit ossenem Muude dargcstellt hat.
Eine sehr ergötzliche Maskerade führte, des damals ebeu
verlebten Karnevals eingcdenk, Vivio aus, indem er
cinem mit großem Aplomb auftretenben Tambourmajor
Scepter und Reichsapfel in die Hände gab und eine
Kaiscrkrone aufsetzte. Oder sollte er gar, als er seine
Bronzestatue Karl den Großen nannte, im Ernste ge-
wesen sein? Die erstaunlich geringe Aufmerksamkeit,
wclche in unserer Gegend dcr monumentalen Kunst zu-
gewandt wird, und die auch jedcnfalls an vieser schwa-
chen Beschickung der Ausstellung mit Werken der Skulptnr
dic Hauptschuld trägt, rächt sich vorkonmiendcn Falls
freilich in der empfindlichstcn Weise. Maii sehe nur das
jüngst in unserer Nachbarstadt Altona anfgestellte Siegcs-
denkmat an, wclches mit Weglassuug aller schönen, mit
Nebertreibung aller nnschönen Motive und mit Verzer-
rung aller Proportionen seines Vorbildes, der Berliner
Siegessäule, als ein fast ungtaubliches Beispiel der
krassesten, wahrhaft barbarischen Geschmacklosigkeit da-
steht!
 
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