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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Rosenberg, Adolf: Ausstellung farbiger und getönter Bildwerke in der Berliner Nationalgalerie, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0091

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169

Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen.

17«>

worden ist, giebt ein übersichtliches Bilv über den Ent-
wickelungsgang, den die Polychromie in der Plastik
von den älresten Zeiten bis zum 18. Jahrhundert ge-
nommen hat. Unterbrochen ist derselbe eigentlich nie-
mals worden. Man hat bemalte Holzskulpturen und
farbige Porzellanfiguren während unseres ganzen Jahr-
hunderts angefertigt, nnd nach dieser Richtung sagt uns
die Ausstellung eigentlich nichts Neues. Für den
Hauptpunkt der Diskussion, inwieweit die Marmor-
figuren bei den Alten bemalt waren, liefert sie aber
nur, was in der Natur der Sache liegt, ein sehr be-
scheidenes Material. Drei vollkommen farbig und
zwar naturalistisch farbig behandelte Gipsabgüsse eines
assyrischen Reliefs, einer Metope von Selinunt und
der archaischen Grabstele des Aristion haben nur den
Wert eines Experiments und als solches nur geringe
Beweiskraft. Die wenigen uns erhaltenen Farbenspuren
an antiken Marmorwerken sind nicht ausreichend, um
die Frage zu entscheiden, ob die Marmorbildwerke der
Alten so bemalt waren, daß sie den Schein des wirk-
lichen Lebens erwecken wollten, also ungefähr wie
unsere Wachsfiguren aussahen, oder ob sie nur so ge-
tönt waren, daß der Marmor immer noch seine mate-
rielle Wirkung behielt. Daß die Augensterne durch
Malerei hergestellt waren, wissen wir. Daß daneben
aber auch Augensterne von edlen und halbedlen Steinen
eingesetzt wurden, scheint uns ein Beweis dasür zu sein,
daß man sich nur dem Leben nähern und nicht dasselbe
peinlich imitiren, also das plastische Material nicht
völlig zu Gunsten der Malerei unterdrücken wollte.
Man wird dabei in Bezug auf das Material auch
Unterschiede gemacht haben. Es ist kein Grund vor-
handen, weshalb der poröse, wenig wertvolle Kalkstein
nicht ganz durch die Malerei verdeckt worden sein
sollte. Auch Figuren, die sich als Glieder einem archi-
tektonischen Ganzen unterzuordnen hatten, wie Giebel-
gruppen, Friese, Akroterien, werden, selbst wenn sie von
Marmor waren, völlig bemalt worden sein. Es will
uns aber nicht einleuchten, daß vorzügliche Marmor-
techniker wie Praxiteles ihre mühevolle Arbeit preis-
gegeben hätten, um sie völlig unter einem Farbenüber-
zug verschwinden zu lassen. Die Farbenspuren, die
man an dem Hermes des Praxiteles entdeckt hat, sind
denn auch keineswegs für die Hypothese einer voll-
ständigen Bemalung beweiskrästig, und der von Lud-
wig Otto in Dresden herrührende Versuch einer voll-
kommen farbigen Wiederherstellung der Praxitelischen
Gruppe hat uns nicht davon überzeugen können, daß
ein bunter Hermes einer leicht getönten, nur an unter-
geordneten Teilen naturalistisch-bemalten Figur vorzu-
ziehen sej. Die Ausstellung bietet nur ein antikes
Marmorwerk, an welchem sich Farbenspuren erhalten
haben, den Marmorkopf einer auf die Parthenos des

Phidias zurllckgehenden Athena (im Besitze des Prof.
Vvn Kauffmann in Berlin). Die Farbenspuren sind
aber so gering, daß man nicht wird entscheiden können,
ob das Bildwerk vollständig bemalt oder nur leicht
getönt war. Dagegen ist durch eine Reihe von be-
malten Gipsabgüssen gezeigt worden, wie sich unsere
modernen Künstlcr die Polychromie der Altcn an Mar-
morfiguren gedacht haben. Diese Versuche sowie die
selbständigen Arbeiten neuerer Künstler werden wir in
einem zweiten Artikel besprechen.

Adolf Rosenberg.

Personalnachrichten.

s- Osterreichisches Musein». Wie die kaiserl. Wiener
Zeitung vom S. d. M. meldet, wurde Jakob von Falke
uuter Verleihung des Hofratstitels zum Direktor und Bruno
Bucher zum Vizedirektor des Östsrreichischsn Museums in
Wien ernannt. Das seit Eitelbergers Tode bestandene, von
manchen Krisen begleitete Jnterregnum hat damit in erfreu-
lichster Form seinen Abschluß gefunden.

Samrnlungen und Ausstellungen.

x. — Die großhcrzogliche Kunstschule in Weimar hatte
am l. Oktober d. I. das fünfundzwanzigste Jahr ihres Be-
stehens zurückgelegt. Da dieser Tag in die Ferienzeit stel,
hat man die mit einer Ausstellung zu verbiudende F-estfeier
auf den 1. Dezember verschoben. Die Zubiläumsausstellung
ist denn auch an diesem Termins eröffnet und gleichzeitig
eineFestschrift ausgegeben worden,welche aufdieGründungund
Entwickelung der Anstalt, als einer freien, nicht in akade-
mischs Formen eingszwängten Kunstschule, einen historischen
Rückblick wirft. Der fürstliche Stiftsr, Großherzog Karl
Alsxandsr, fuchte zuvördsrst eine Anzahl namhafter Künstler
uach Weimar zu ziehen. Es gelang ihm, neben Friedrich
Preller zunächst Genelli, Wislicenus, Martersteig und den
Grafen Kalkreuth an Weimar zu fesseln. Von sonstigen Lehr-
kräften, die kürzere oder längere Zsit an der Anstalt wirkten,
sind u. a. zu nennen: Ramberg, Lenbach, Böcklin, Brendel,
Thumann, Woldemar Friedrich, Pamvels, Verlat, Linnig,
A. Bauer, Graf Kalkreuth d. j., Max Schmid und Gussow.
Die Zahl der Schüler stieg bis 1876 auf 75, ist aber seitdem
auf 50 bis 60 zurückgegangen. Die Satzungen der Schule
wurden verschiedene Male revidirt, zuletzt im Jahre 1883.
Der praktische Unterricht umfaßt jetzt Zeichnen nach Kostüm-
figuren, Malen nach Studien, nach Stilllsben, nach dem
lebenden Modell, nach der freien Natur, Komponiren, Aus-
führung von Kartons und Gemälden; der theoretische: Vor-
lesungsn über Kunstgeschichts und ihre Hilfswissenschaften,
Ästhetik, Perspektive, Anatomie, Proportionslehre. „Die Frei-
heit der Lehre ist gewahrt geblieben; jeder Lehrer schreibt
selbst den Lehrgang für seine Schüler nach deren Jndivi-
dualität und besonderer Befähigung vor." -- Die Kosten sür
den Unterricht betrugen anfangs für Jnländer nur 8 Thlr.,
für Ausländsr 16 Thlr. jährlich; jetzt betragen sie 80 Mk.;
es giebt eine Anzahl von Freistellen. Die Schulzeit endigt
mit der nach Bestimmung des Lehrerkollegiums eingetretenen
Selbständigkeit des Schülers, nach sechs bis acht Jahren
Unterricht; als „Meisterschüler" kann er in loserem Verbande
dann noch mit der Schule bleiben, welche ihm ein Atelier
mietweise oder unentgeltlich überweist; auch darf er als solcher
die Mittel und Lehrkräfte der Anstalt unentgeltlich benutzen.
Neben dsn Lehrern, Schülern und Meisterschülern sind noch
zu nsnnen die Hospitanten und die selbständigen Meister, die,
ohne in ein Lehrerverhältnis zu tretsn, ihren Aufenthalt in
Weimar nehmen; jensn wie diesen wird im Jnteresse des
weimarischen Kunstlebens und der Kunstschuls weitgehendes
Entgegenkommen gewührt. Der Großherzog bewies seine
Fürsorge auch durch Stiktung von Stipendien und Preisen
für Wettbewerbung (Karl - Alexander - Stiftung), sowie von
 
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