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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Thorn im Mittelalter, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0267

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521

Thorn im Mittelalter. — Kunstlitteratur und Kunsthandel. — Ausgrabungen und Funde.

522

Neustadt einschob. Mit der frischen Thatkraft einer
jugendlichen Epoche sehen wir die Entwickelung des
Ganzen vor sich gehen; selbst die Stadtmauer mit
ihren zahlreichen Türmen — man zählt auf den alten
Stadtplänen gegen 70 Befestigungstürme — ist in
jener Zeit bereits angelegt worden und bietet trotz
mancher Zerstvrungen immer noch eines der großartig-
sten Beispiele mittelalterlichen Befestiguugsbaues. Einen
besonderen Bezirk bildete sodann in dem landeinwärts
gelegenen nordwestlichen Winkel der Neustadt das
Dominikanerkloster S. Nikolaus. Um 1263 deutet
ein Umbau der Schloßkapelle auf umfangreiche Um-
gestaltungeu des Schlosses. Mit dem Ende des
13. Jahrhunderts darf man die Hauptgebäude der
Altstadt, eiuschließlich der Johaunis-Pfarrkirche und
des imposanten Rathauses, als im wesentlichen abge-
schlossen betrachten. Bald darauf entstand das Domi-
nikanerkloster, das Franziskanerkloster S. Maria und
die Befestigungsmauern der Neustadt, welchen dann
der Bau des neustädtischen Rathauses und der dorti-
gen Pfarrkirche S. Jakob seit 1309 sich anschloß.
Letztere wurde durch den Orven selbst und zwar in
reich cntwickelten Formen errichtet, während die frühe-
ren Bauten, soweit sie noch erhalteu sind, den Charak-
ter fchlichter Strenge zeigen.

Während des 14. Äahrhunderts, nachdem Thorn
Mitglied der Hansa geworden war, erhob sich die
Stadt bald zum bedeutendsten Handelsemporium
Preußens. Jhre damalige Macht und Blllte sprach
sich in dem Umbau des Rathauses, der Marieukirche
und der beiden städtischen Pfarrkirchen aus; dazu kamen
uoch die auswärts gelegenen Kirchen St. Lorenz,
St. Katharina und zum heiligen Geist, und endlich
im Anfang des 15. Jahrhunderts das Nonnenkloster
zum heiligen Kreuz, die sämtlich später den Rücksich-
ten moderner Befestigung geopfert wurden. Bald
darauf (1410) brachte die unheilvolle Schlacht von
Tannenberg für die Ordensherrschaft den Anfang vom
Ende. Die Städte, der Bedrückung des entarteten
Ordens müde, empörten sich, und so unterwarf auch
Thorn 1454 sich dem König von Polen, welchem bald
darauf ganz Westpreußen zufiel. Obwohl somit das
Slaventum triumphirt hatte, hielten die preußischen
Städte unter manchen Vergünstigungen ihre materielle
Blüte noch eine Zeitlang aufrecht; aber ihre schöpfe-
rische Kraft war gebrochen. Der 1407 begonnene
stattliche Turm der Pfnrrkirche St. Johann blieb un-
vollendet, die mächtige Ordensburg wurde von der
Stadt selbst in blinder Wut zerstört; die Erhöhung der
Seitenschiffe von St. Johann und der Bau des Junker-
hofes (1465—1468) sind die letzten mittelalterlichen
Bauten.

(Schluß solgt.)

Uunstlitteratur und Aunsthandel.

Le 8a1on - L.rti8le 1886. L.lbum ssmuü in 8°. karis,
()ug.u1in, ldres. 5. (8ui xaxisi jaxou, 25 t?ies.).

L.6. WieimVorjahr hal die QuantinscheVerlagshand-
lung auch diesmal eine reiche Sammlung von Zeichnungen nach
Bildern von etwa 200 der im heurigen Salon vertretenen
Künstler herausgegeben. Die Reproduktionen sind vortreff-
lich; sie haben nicht nur Wert fiir den Salonbesucher, sondern
gewähren auch dem Fernstehenden einen wenigstens nach der
gegenständlichen Seite hin summarischen Überblick iiber das
gegenwärtige Kunstschaffen Frankreichs und werden ganz be-
sonders den Künstler und Kenner interessiren durch die Viel-
heit dsr in diesen Originalskizzen angewandten technischen
Verfahren. Nicht immer die besten Werke haben eine Stelle
in dem geschmackvollen Album gesunden, aber die skizzirten
Blätter eines Hanoteau, Harpignies, Guillemet, Puvis de
Chavannes, Salmson, Stengelin, Delobbe, Soyer und noch
mancher anderer lassen auch Minderwertiges mit in den Kauf
nehmen. Neben den bekannten illustrirten Katalogen von
Dumas behält der Quantinsche 8alon-t4rti8ts selbständigen
Wert und zeichnet sich durch wesentlich größeres Format vor-
teilhast aus.

« Von A-olf Menzels Illustrationen z» dcn Werkcn
Friedrichs des Großen erscheint Ende dieses Monats (bei
R. Wagner in Berlin) eine billige Ausgabe (Jubiläums-
ausgabe). Da die vor vier Jahren publizirte Liebhaber-
ausgabe des berühmten Holzschnittwerkes, der bedeutendsten
Leistung Menzels auf diesem Gebiets, nur in SUü Exempla-
ren gedruckt ward und auch ihres immerhin hohen Preises
wegen selbstverständlich den größeren Kreisen des Publikums
unzugänglich blieb, ist der Gedanke dieser neuen Publikation
mit Freude zu begrüßen. Dieselbe wird sümtliche 200 Jllu-
strationen,in zwei Bänden zum Preise von 50 Mark dar-
bieten. Zum Druck sind die vor der Herstellung der Lieb-
haberausgabe sorgfältig angefertigten Clichss benutzt, welche
die Generalverwaltung der königl. Museen dem Verleger be-
reitwillig zur Verfügung stellte. Jeder Abdruck ist auf star-
kem Kupferdruckpapier hergestellt und mit einem Tondruck in
der Farbe des chinesischen Papieres versehen. Für das Ver-
ständnis der einzelnen Blätter dient der bereits der Lieb-
haberausgabs beigegebene, mit allgemeinem Beifall aufgs-
nommene Text von L. Pietsch. Für den Einband hat Menzel
selbst einen Entwurf gezeichnet. So dürfen wir ein Werk
erwarten, das in jeder Hinsicht des großen Königs, den es
feiert, und seines genialen künstlerischen Jnterpreten wür-
dig erscheint. Eine ausführliche Besprechung behalten wir
uns vor.

Ausgrabungen und Funde.

D. I-. Athen. Der verflossene Winter bedeutete sür
Griechenland und besonders für Athen eine überaus fruchtbare
Ausgrabungskampagne. Jm Vordergrunde des Jnteresses
stehendie Ausgrabungen auf der Akropolis, welche,im
letzten Herbst auf Kosten der Archäologischen Gesellschast und
unter Leitung des Generalephors Vi. Kaovadias wieder
aufgenommen, eine Fülle wichtiger Denkmäler zutage för-
derten. Eine Anzahl meist weiblicher Statuen aus parischem
Marmor mit vielfach noch wohl erhaltenen Bemalungsresten
an Gewändern und Schmuck, Lippen, Augen und Haaren
geben nunmehr ein überraschend reiches Bild der polychromen
Marmorplastik des 6. Jahrhunderts und zugleich der Skulp-
turenausstattung der vorpersischen Akropolis. Zahlreiche,
nicht selten gleichfalls noch die ursprüngliche Bemalung auf-
weisende Kapitäle und Säulen, die den Statuen als Basen
dienten, enthalten Weih- und Künstlerinschristen, unter welch
letzteren auch der Name des als Verfertiger der Tyrannen-
mörderstatuen berühmten Antenor erscheint. Von besonderer
Wichtigkeit ist ferner ein Gsmälde auf einer großen Thon-
platte (Pinax), einen mit Schild und Lanzs hinstürmenden
Krieger darstellend. Kleinere Pinaxfragmente, schwarz- und
rotfigurige Vasenscherben, Thonreliefs, Bronzen, Silber-
münzen, große Bleigefäße bilden die weiteren Fundergebniffe
der Ausgrabungen, welche bisher hauptsächlich auf der nörd-
lichen Hälfte der Burg, westlich und zuletzt auch südlich vom
Erechtheion stattsanden, die aber nach dem bestehenden Plane
 
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