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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Rosenberg, Adolf: Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0040

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Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie.

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AUSSTELLUNG IN DER BERLINER
NATIONALGALERIE.

Die am 3. November in der Königl. National-
galerie eröffnete Ausstellung zum Ekrengedächtnis
dreier im Laufe eines Jahres verstorbener Meister
deutscher Malerei enthält ein so unermesshch reiches
Material, dass der Berichterstatter im Angesichte
dieser Nekrologe in Denkmälern darauf verzichten
muss, ihnen Schritt für Schritt mit der Feder zu
folgen. Aus einem Ausstellungsbericht würden sonst
drei Monographien werden, und selbst diese würden
nur ein unvollkommenes Bild von einer Austeilung
bilden, deren Hauptreiz in der farbigen Erscheinung,
in dem Eindruck auf das Auge liegt. In rund 1200
Gemälden, Studien, Skizzen und Zeichnungen jeg-
licher Art wird uns nicht etwa der Nachlass der
drei Meister Eduard Bendemann, Wilhelm Gfentx und
Carl Stcjfcck, sondern fast ihr gesamtes Schaffen vor-
geführt. Wo, wie besonders bei dem Erstgenannten,
monumentale Malereien in Betracht zu ziehen waren,
ist Ersatz durch Entwürfe, Kartons, Vorstudien
und Farbenskizzen geboten worden, so dass auch
die intimen Kenner keine allzugrossen Lücken zu
beklagen haben. Bei der Ungeheuern Masse der von
allen Seiten zusammengeströmten Kunstwerke und
noch aus einem andern Grunde war eine Tren-
nung der Ausstellung geboten. Bendemann auf der
einen und Gentz und Steffeck auf der anderen Seite
sind die Repräsentanten zweier grundverschiedener
Kunstepochen: jener der letzte Vertreter der alten
Düsseldorfer Kunst, der in unsere Zeit wie eine ehr-
würdige Säule hineinragte, hat mit seinen Werken
einen Platz im zweiten Corneliussaale erhalten, im
Schutz des Meisters, dem die Düsseldorfer dieser
Richtung im Grunde genommen geistig doch näher
standen, als sie selbst glaubten. Die Werke von Gentz
und Steffeck, die an der Spitze derer stehen, die den
französischen Kolorismus und Realismus in die Hei-
'nat brachten und ihn dorl nach ihrer Art verarbei-
teten und auf audere verpflanzten, sind im dritten
Stockwerk des Gebäudes, dem gewöhnlichen Schau-
platz dieser Sonderausstellungen, neben einander ge-
1-eiht worden. Demnach sind auch zwei besondere
Kataloge ausgegeben worden, die Professor Dr. von
Donop mit sehr sorgfältig gearbeiteten Charakter-
'nldern der drei Künstler versehen hat, die ausfuhr-
ncher gehalten sind, als es bisher üblich gewesen
Und die auf Grund des vorgeführten .Materials so
z*erulich alles Neue hervorheben, was sich über die
•frei Meister noch sagen Hast

Am wenigsten ist dies in Betreff Bendemanns
der Fall. Als er noch lebte, war er bereits eine
kunstgeschichtliche Grösse, über die das Urteil längst
abgeschlossen war. Die Ausstellung vermag diesem
Urteil nichts hinzuzufügen, noch etwas daran zu
ändern. Für denjenigen, der mit dem Schaffen des
Meisters nur soweit vertraut war, als es der allge-
meinen Öffentlichkeit angehörte, ist von hohem In-
teresse, aus dieser Ausstellung zu erfahren, dass
Bendemann auch ein hervorragender Porträtzeichner
war, der im Laufe seines langen Lebens eine unge-
mein interessante, besonders kulturgeschichtlich wert-
volle Sammlung von Bildnissen bekannter und be-
rühmter Zeitgenossen geschaffen hat, die es wohl
verdiente, in einer öffentlichen Galerie als geschicht-
liches Dokument erhalten zu bleiben. Es ist sogar
nicht unwahrscheinlich, dass die Nachwelt in den
Bildnissen Bendemanns den besten Teil seiner Kunst
verehren wird. Noch zu einer zweiten, für weitere
Kreise neuen Beobachtung veranlasst diese Ausstel-
lung. Dass Bendemann sich in den zwei letzten
Jahrzehnten seines Schaffens, das übrigens noch bis
kurz vor seinem Tode rege gewesen, mit Eifer be-
müht hat, das Gute in der neueren koloristischen Be-
wegung anzuerkennen und sich selbst anzueignen,
wussten wir aus seinen grossen Geschichtsbildern,
der Wegführung der Juden in die babylonische Ge-
fangenschaft und der Penelope auf ihrem Lager
(im Antwerpener Museum). Noch stärker treten diese
Bestrebungen aber in den während dieser Zeit ge-
malten ülbildnissen hervor, von denen die Ausstel-
lung eine stattliche Reihe — u. a. General und Ge-
neralin von Obernitz, Georg Beseler, J. G. Droysen,
W. Camphausen — aufzuweisen hat. —

Die Ausstellung der Werke von W. Gentz ist
die reichhaltigste der drei (571 Nummern) und zu-
gleich die an neuen Ergebnissen fruchtbarste. Die
meisten Zeitgenossen haben nur den fertigen Meister
gekannt, der sich etwa dreissig Jahre lang auf gleicher
künstlerischer Höhe gehalten, die nur wenige Schwan-
kungen erlitten hat. Was man aus der Kunstlittera-
tur über seine Entwicklung und seine Jugendar-
beiten entnehmen konnte, sprach wenig zu seinen
Gunsten. Jetzt erhalten wir zum ersten Male einen
umfassenden Einblick in die ersten Stufen seiner
künstlerischen Entwicklung, in die Jahre seines Rin-
gens und Sammelus. Die günstige Vermögenslage
seines Vaters gestattete ihm, seine Studien mit Müsse
zu betreiben, ohne dass ihn das drohende Gespenst
der Notwendigkeit baldigen Broterwerbs zur Über-
stürzung trieb. Von Antwerpen ging er bald (1846)
 
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