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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 2.1890/​91

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Für den Wiener Stephansturm
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.3773#0276

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539

Korrespondenz.

540

zu opfern. Seufzt heute jemand über das störend
neue Aussehen der Fassade des Florentiner Domes,
so darf man ihm antworten: Dem Rohbau musste
endlich ein Kleid angelegt werden, es war einfach
eine Pflicht, die Stirnseite der herrlichen Kirche so
auszustatten, dass sie nicht mehr ärmlich, ruinenhaft
von den anderen Seiten und vou dem Glockenturme
und dem Baptisterium abstach; nun auch den Far-
benton zur vollen Harmonie zu stimmen, muss der
Zeit überlassen werden. In einem Falle kann die
Pietät gebieten, zu erneuern, in einem andern zu
erhalten.

Zum Schlüsse. Ein zweiter Turm ist nicht, wie
ein neues Dach, unumgängliches Erfordernis. Ob
einem ästhetischen Bedürfnisse damit entsprochen
würde, ist mindestens zweifelhaft. Wenn die Er-
weiterung Wiens zu dem erhofften Segen wird, so
harren des Unternehmungsgeistes, der Bauthätigkeit,
der Geldkräfte Aufgaben in Hülle und Fülle. Die
Stephanskirche hat sich durch ein halbes Jahrtausend
das Hecht — sagen wir mit einem wohlfeilen Wort-
spiel: erstanden, in derselben Gestalt die Freude und
der Stolz weiterer Jahrhunderte zu bleiben. Auch
das Stadtbild ist eine Individualität, die unsere Ach-
tung verdient. Überhaupt sollten wir nicht ohne
Not rütteln, modeln, verbessern an dem, was nocli
lebenskräftig dasteht, am wenigsten aber verschlimm-
besseru. Bringen wir uns nicht durch einen zweiten
um unseren einen einzigen Stephansturm!"

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KORRESPONDENZ.

Köln im Juni 1891.
Wenn ich von Zeit zu Zeit über unsere Kunst-
zustände hier berichte, dann muss immer ein Anlass
dazu sein: diesmal sind es deren mehrere und zwar
zum Teil recht erfreuliche. Unser Kunstverein rührt
sich in löblicher Weise: nicht nur, dass jetzt in
der Qualität der ausgestellten Bilder ein bemerkens-
werter Fortschritt zu erkennen ist, so hat er durch
Vorführung einer Anzahl Zeichnungen, darunter die
vortrefflichen Stadienköpfe l. v. Werner» zum Kon-
gressbild und die Originale zu den entzückenden
Publikationen von Hermann Alters in Hamburg dem
großen Publikum einen seltenen und um so dankens-
werteren GenuBs verschafft. Sodann aber — und
dies ist besonders wichtig — hat der Vorstand den
Besohlosfl gefasst, in den nächsten beiden Jahren
statt der üblichen Linienstiche nach Genrebildern.
als Nietenblätter zwei Badirangen von Worbcrg
nach den schönen Bildern des hiesigen Museums:

»Mahle im Walde" von A. Achenbach, und der

„Villa Borghese" von 0. Achenbach in der Düssel-
dorfer Kunsthalle als Gegenstücke zu verteilen.
Mit lebhaftem Danke wird man diesen Beschluss be-
grüßen , der endlich mit veralteten Traditionen
bricht, zumal die Kohlenskizzen Forbergs zwei aus-
gezeichnete Blätter erwarten lassen. Hoffentlich
wird dann in zwei Jahren die weitere Absicht des
Vorstandes verwirklicht, einmal eine schöne Original-
radirung zu geben, welche für die nächsten Jahre
zu erlangen, leider vergeblich versucht worden ist.
Dafür bot uns aber die Direktion des Wallraf-
Richartz Museums die Möglichkeit, der edlen Radir-
kunst in ausgiebigem Maße zu huldigen durch Aus-
stellung der Radirungen Bernhard Mannfelds. Seit
das „Werk" des Künstlers in der Nationalgalerie
zum erstenmal ausgestellt war, hat es durch mehrere
Städte die Runde gemacht. Überall ist es mit
gleicher Bewunderung aufgenommen, und man weiß
allerdings nicht, worüber man mehr staunen soll,
über die großartige Begabung und Genialität des
Künstlers, seinen Fleiß oder seine Fruchtbarkeit.
Mit jeder Platte, die unter seiner Nadel hervorgeht,
scheint sein Können zu wachsen; Blätter wie die
Mondscheinlandschaft und Goethe's Gartenhaus im
Park zu Weimar stehen ebenbürtig neben den besten
englischen Radirungen, und das Kaiserdenkmal bei
Halle, das Rathaus zu Löwen und der vor wenigen
Tagen erschienene „Gendarmenmarkt zu Berlin bei
Schneewetter" zählen an Kraft und Wirkung zu dem
Bedeutendsten, was überhaupt je auf dem Gebiete
der Radirung geleistet ist. Leider fand die Aus-
stellung auch unter den eigentlichen Kunstfreunden
uicht überall den Anklang und die Würdigung, die
S1e verdient hätte.

Inzwischen ist auch die neu gegründete Ab-
teilung der Abgüsse von italienischen Renaissance-
skulpturen im Museum eröffnet worden, eine kleine
aber gewählte Sammlung in geschmackvoller Auf-
stellung. Nunmehr kommen die römischen Altertümer
an die Reihe, die sich in den letzten Jahren durch
Kauf, Schenkung und einige sehr glückliche Funde
auf städtischem Grund und Boden vermehrt haben.
Auch das Historische Museum hat seit seiner
Gründung vor drei Jahren höchst erfreuliche Fort-
schritte gemacht. Abgesehen von zahlreichen kleinen
Schenkungen, die an sich unbedeutend, doch in der
Reihe der historischen Denkmäler von Bedeutung
werden, konnten im verflossenen Jahr zwei höchst
wertvolle Ankäufe gemacht werden: eine Privat-
sammlung kölnischer Münzen und Medaillen,

worunter lange Reihen

ca. 350 Stück umfassend.
 
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