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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Ehrenberg, Hermann: Castel del Monte, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0009

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAUSGEBER:

Professor Dr. MAX GEORO ZIMMERMANN

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Gartenstrasse 15

Neue Folge. XI. Jahrgang.

1899/1900.

Nr. 1. 12. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der Zeitschrift für bildende
Kunst erhalten die Kunstchronik gratis. Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlang keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasen-
stein tk Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

CASTEL DEL MONTE
von Hermann Ehrenberg.

In das Herz eines jeden gebildeten Deutschen ist
tief der Schmerz über den tragischen Ausgang der
Holienstaufen eingegraben. Das glänzendste Herrscher-
geschlecht, welches unsere Geschichte kennt, hatte sich
der Heimat entfremdet; es weilte lieber in den wonnigen
Gefilden des südlichen Italiens, um hier seine grossen
Gaben auf das höchste zu entfalten und zu bethätigen
und schliesslich auf den Stätten seiner bedeutendsten
Verdienste durch elenden Verrat und grausame Rach-
sucht schmählichen Tod und Untergang zu leiden.
Man sollte meinen, dass dies Geschick einen beson-
deren Reiz und Ansporn für die Deutschen in sich
trüge, den nachgelassenen Spuren jener gewaltigen
Menschen nachzuforschen und ihre dortige Thätigkeit
im einzelnen zu verfolgen.1) In einer Zeit, in welcher
man die unbedeutendsten Inschriften des antiken
Römerreichs sorgsam zusammenbringt, hätte das deut-
sche Volk gewiss geistige und materielle Kräfte genug
übrig gehabt, die süditalienische Kultur seiner schwä-
bischen Könige genauer zu untersuchen. Es ist deshalb
recht beschämend, dass die Deutschen eine wissen-
schaftliche Arbeit versäumt haben, deren Verrichtung
eine Ehrenpflicht für sie gewesen wäre, und dass sie
das Feld sogar ihren bisherigen politischen Feinden,
den Franzosen, überlassen haben, die hierin unver-
hofft ihnen zuvorgekommen sind.

Dem Vorgange Huillard-Breholles' und des Duc
de Luynes folgend (Recherches sur les monuments etc.
Paris 1844), haben in den letzten Jahren die franzö-

1) Dass die politische Wirksamkeit der Hohenstaufen
Gegenstand vieler gründlichen Untersuchungen war, ist so
selbstverständlich, dass es kaum besonders hervorgehoben
zu werden braucht. Die beste Übersicht für Kaiser
Friedrich II. findet man bei Winkelmann in den Jahrbüchern
der deutschen Geschichte (2. Auflage 1889 und 1897). Aber
was uns fehlt, ist eine streng wissenschaftliche Behandlung
der von den Hohenstaufen geschaffenen baulichen und
sonstigen Kunstdenkmäler.

sischen Akademiemitglieder Bertaux und Join-Lambert,
zusammen mit Herrn Chaussemiche, die staufische Kunst
in Süditalien mit Eifer und schönem Erfolg untersucht
und uns wichtige Aufschlüsse über einen der bedeu-
tendsten Abschnitte unserer eigenen Kulturgeschichte
gegeben oder doch in nahe sichere Aussicht gestellt.
Es würde freilich ungerecht und unbillig sein, wenn
man den Schein aufkommen lassen wollte, als ob von
deutscher Seite in dieser Hinsicht gar nichts gethan
oder unternommen wäre. Ich erinnere hier vielmehr
an das grosse Prachtwerk, welches von Heinrich Wilhelm
Schulz in der Mitte unseres Jahrhunderts über die
Kunst des Mittelalters in Süditalien vorbereitet und nach
seinem Tode 1860 durch Ferdinand von Quast ver-
öffentlicht wurde. So verdienstlich sich indessen dies
mühevolle Werk bis auf den heutigen Tag erwiesen
hat, so mag es unsern gesteigerten Ansprüchen doch
nicht mehr voll zu genügen, ganz abgesehen davon,
dass die Erforschung der staufischen Kunst in ihm
njeht die eigentliche, sondern mehr eine nebensäch-
liche Rolle spielt. Auch Carl Frey ist hier zu nennen;
er ging geradeswegs auf das bezeichnete Ziel los; doch
errang sein Aufsatz, den er als das vorläufige Ergebnis
seiner vielfachen Studien in der Deutschen Rundschau
(August 1891) unter dem Titel »Ursprung und Ent-
wicklung staufischer Kunst in Süditalien« erscheinen
liess, nicht den von ihm gewünschten und erhofften
Erfolg. Eine systematische Abmessung und photo-
graphische und zeichnerische Wiedergabe der staufischen
Werke wurde dagegen von deutscher Seite nicht unter-
nommen, und nur auf diesem Wege durfte man hoffen,
kunstwissenschaftlich sichere Ergebnisse zu erzielen.
Die französischen Gelehrten haben dies gethan und
haben sich zunächst Castel del Monte, dem best-
erhaltenen Staufenschlosse Apuliens, gewidmet. Als
ich im vorigen Jahre mich dort aufhielt, fand ich im
Fremdenbuche den Eintrag, dass Herr Chaussemiche,
pensionnaire de l'Institut de France von der Villa
Medici in Rom, von Ende Mai bis Anfang Juli 1897
hier geweilt habe; und die alte Kustodin bestätigte
nachdrücklich den grossen Fleiss des fremden Ge-
lehrten. Am 20. August 1897 erstattete in der Pariset
 
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