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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Seeck, Otto: Ein neues Zeugnis über die Brüder van Eyck, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0044

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71

Personalnachrichten. — Wettbewerbe.

72

wir alsbald sehen, welchen Einfluss sie auf unsere
Überlieferung üben sollte.

In der Beschreibung Münzers steht ein Satz, den
er weder den Bildern selbst noch auch ihren In-
schriften entnehmen konnte. Er sagt nämlich, unter
den Tafeln mit Gottvater, Maria und Johannes befände
sich eine Darstellung der acht Seligpreisungen (figurac
octo beatitudinum). Dies kann nur bedeuten, dass
die acht Gruppen der unteren Reihe — je eine auf
den vier Flügeltafeln und vier auf dem Mittelbilde -
die acht Arten von Tugendhaften darstellen sollen,
denen in der Bergpredigt die Seligkeit zugesprochen
wird. Dass dies falsch ist, muss jedem einleuchten,
der die betreffende Stelle des Evangelium Matthäi
(5, 3 —10) nachliest. Es ist ein Erklärungsversuch
für die Darstellung des Altars, der ausschliesslich von
der Achtzahl jener Gruppen ausgeht, ohne das Cha-
rakteristische jeder einzelnen irgendwie in Betracht zu
ziehen. Vermutlich hat Münzer ihn von dem Küster
gehört, der ihm gegen gutes Geld die Kapelle des
Jodocus Vydt aufschliessen musste. Denn von ihm
selbst kann er schon deshalb nicht herrühren, weil
er ihn offenbar missverstanden hat. Er sieht nämlich
die Darstellung der acht Seligpreisuugen einzig in
dem Mittelbilde, während der Küster, der ihm jene
Erklärung gab, die ganze untere Reihe dabei gemeint
haben muss.

Und ist irgend eine Wahrscheinlichkeit, dass unser
Arzt seine übrigen Nachrichten aus einer besseren
Quelle hatte? Was ein Reisender über die Sehens-
würdigkeiten einer Stadt zu erzählen weiss, hat er
fast immer von seinen Fremdenführern erfahren, ob
dies gedruckte Bäedeker oder trinkgelddurstige Küster
sind. Als Münzer nach Gent kam, war mehr als ein
halbes Jahrhundert seit dem Tode der grossen Brüder
verflossen; Leute, die sie noch persönlich gekannt
hatten, konnte er also kaum mehr ausfragen, und um
archivalische Studien zu machen, war sein Aufenthalt
viel zu kurz. Ausserdem trägt dasjenige, was er be-
richtet, auch deutlich den Stempel des Ciceronenlateins,
wie wir alle es nur zu gut kennen. Wenn man von
einem Lakaien durch ein königliches oder fürstliches
Schloss gehetzt wird, so kann man regelmässig be-
merken, dass er den Gegenstand der Bilder nicht
immer richtig, aber doch nach Kräften genau angiebt,
über ihren Maler aber nur dann Bescheid weiss, wenn
sein berühmter Name den Zuhörern imponieren kann.
Gern verweilt er auch bei dem Preise eines Kunst-
werks, falls dieser hoch genug ist, um Staunen zu
erregen; und weiss er darüber irgend eine Anekdote,
so versäumt er nicht, sie mitzuteilen. Alle diese Kenn-
zeichen finden wir in dem Berichte Münzers. Er er-
fährt eine falsche Vermutung über den Inhalt der
Altarkomposition, aber wer sie geschaffen hat, bleibt
ihm fremd; denn Hubert van Eyck war damals nicht
mehr berühmt. Doch wenn der Küster auch seinen
Namen nicht kennt, sein Grab weiss er zu zeigen,
aber nur weil es zu den Merkwürdigkeiten seiner
Kirche gehört. Dann kommt etwas über den Kauf-
preis und endlich die übliche Anekdote, doch ist diese
allerdings von ganz besonderem Charakter.

Voll hat richtig erkannt, dass sie sich auf den
Wahnsinn des Hugo von der Goes bezieht und
mit den sonstigen Nachrichten, die wir über ihn
besitzen, vortrefflich übereinstimmt. Hier hat also
Münzer eine durchaus glaubwürdige Quelle gehabt;
aber brauchte der Küster von St. Bavo in diesem Fall
eine schlechte zu sein? Der grosse Künstler war damals
seit kaum dreizehn Jahren tot. Vielleicht hatte derselbe
Küster, von dem unser Doktor seine Informationen em-
pfing, auch jenem die Kapelle der Vydts aufgeschlossen
und selbst die Äusserungen seines gestörten Geistes
vor dem Altarbilde beobachtet; und wenn nicht er
selbst, so sein Vorgänger, aus dessen Munde er sich
hatte unterrichten können. Doch wenn er über ein
Ereignis, das noch so neu war, Glauben verdient, so
folgt daraus nicht, dass er auch über die Entstehung
des Genter Altars, der seit mehr als sechzig Jahren
auf seinem Platze stand, ebensogut Bescheid wusste.
(Schluss folgt.)

PERSONALNACHRICHTEN

Antwerpen. Adolf von Menzel wurde von der Akademie
der Künste an Stelle des verstorbenen Vautier zum aus-
wärtigen Mitgliede ernannt. -u-

WETTBEWERBE

Berlin. In dem Wettbewerb um ein Plakat, ausge-
schrieben von Hoff mann's Stärkefabrikation in Salzuflen
aus Anlass des im nächsten Jahr stattfindenden 50jährigen
Jubiläums unter den Mitgliedern des Vereins Berliner
Künstler, haben erhalten den I. und II. Preis Hans Looschen,
den III. Preis Fritz Oreve, den IV. Preis W. v. Plessen.

-u-

Chemnitz. In dem Wettbewerb um Entwürfe zu dem
KönigAlbert-Museum haben erhalten: den I. Preis die Ar-
chitekten Fritz Hessemer und Joh. Schmidt in München,
den II. Preis Architekt F. Berger in Stettin, je einen III. Preis
Architekt Max Lindemann in Dresden und Architekt Hein-
rich Behrens in Bremen. -u-

Nördlingen. Wettbewerb um Entwürfe zu einem Brunnen
auf dem Platze neben der St. Oeorgskirche verbunden mit
einem Kriegerdenkmal für alle in Bayern lebenden Künstler.
Die Kosten des Denkmals dürfen einschl. Fracht und Auf-
stellungskosten 30000 M. nicht überschreiten. Der erste
Preis besteht in dem Auftrag zur Ausführung des Denk-
mals, der zweite Preis 1500 M., der dritte Preis 1000 M.
Einzuliefern bis 14. März igoo. -u-

Berlin. Der preusslsehe Kultusminister hat die Bild-
hauer Max Kruse, Hugo Lederer und Martin Wolff in
Berlin, Hermann Hahn in München und Tuaillon in Rom
zu einem Wettbewerb aufgefordert, dessen Aufgabe in dem
Entwurf eines Gegenstücks zu der Albert Wolff'schen
Gruppe Dionysos und Eros in der Nationalgalerie be-
steht. Die Skizzen 'sind bis zum 1. April 1900 einzusenden.
Der preisgekrönte Entwurf wird in Marmor ausgeführt. -11-

Wien. Bei der vor kurzem von der Gesellschaft für
graphische Industrie ausgeschriebenen Plakatkonkurrenz
wurden die Entwürfe von Max Reach (München), W.Auehen-
taller und Adolf Böhm (Wien) durch Ankauf ausgezeichnet-
Die wertvollste moderne Arbeit war die von Reach.

W. SCH.
 
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