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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Ehrenberg, Hermann: Die Wiederherstellungs-Arbeiten an der Marienburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0113

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAUSGEBER:

Professor Dr. Max Gg. Zimmermann

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Oartenstrasse 15

Neue Folge. XI. Jahrgang.

1899/1900.

Nr. 14. 1. Februar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst'' erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von H aasen-
stein fk Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE WIEDERHERSTELLUNGS-ARBEITEN AN
DER MARIENBURG.
Von Hermann Ehrenbero.

Seitdem ich vor fünf Jahren an dieser Stelle*) über
das Ordens-Schloss Marienburg in Westpreussen be-
richtete, sind die Wiederherstellungs-Arbeiten unaus-
gesetzt weiter gegangen. Getragen von der begei-
sterten Zustimmung aller Kunstfreunde, gestützt durch
die vertrauensvolle Mitwirkung der preussischen Bau-
und Unterrichts-Verwaltung, namentlich des Kon-
servators der preussischen Kunstdenkmäler, Geheimen
Oberregierungsrats Persius, und nicht zum wenig-
sten gefördert durch das sachkundige Interesse
des deutschen Kaisers, das sich z. B. alljährlich
durch mehrmalige Besuche von längerer Dauer kund
giebt, hat der leitende Baumeister, Herr Baurat Dr.
Steinbrecht es verstanden, das Werk nach allen Rich-
tungen hin auf das beste vorwärts zu bringen. Die
innere Ausstattung des Hochschlosses, dessen äussere
Herstellung ich das vorige Mal melden konnte, ist
nunmehr so gut wie abgeschlossen, das Mittelschloss
ist thatkräftig in Angriff genommen und auch an den
Aussenbauten ist mehr geschehen, als man früher hätte
ahnen können. An der Hand des Geschäftsberichts,
den der dem Baumeister willig zur Seite stehende
Vorstand des »Vereins für die Herstellung und Aus-
schmückung der Marienburg« soeben für die Jahre 1896
bis 1899 veröffentlicht hat, und auf Grund öfteren per-
sönlichen Aufenthalts in der Marienburg will ich ver-
suchen, ein Bild der seit meinem oben erwähnten
Berichte ausgeführten Arbeiten zu entwerfen; zur Ver-
meidung von Wiederholungen und zum besseren Ver-
ständnisse muss ich j'edoch ausdrücklich auf meine
früheren Mitteilungen Bezug nehmen.

Im Hochschloss, dem Kern der vielgestaltigen
Festungs-Anlage, zugleich dem ehemaligen Wohnhaus
des Ordens- Konvents, fesseln die Aufmerksamkeit der
Besucher vor allem drei Räume: der Kapitelsaal, die
Kirche und die Herrenstube. Im Kapitelsaal sind von

*) Vgl. Kunstchronik N. F. VI, Nr. 15 (7. Februar 1895).

Professor Schaper die Wandmalereien fertiggestellt,
die uns die Gestalten der Hochmeister von der Grün-
dung des Ordens bis auf Conrad von Erlichshausen
(1190—1449), ferner eine Versinnbildlichung der
Ordensgelübde, sowie eine genaue Nachahmung einer
vor mehreren Jahren im ostpreussischen Ordensschloss
Lochstedt zu Tage getretenen Wandmalerei des ^.Jahr-
hunderts (der h. Michael im Kampf mit dem Drachen)
vorführen. Der farbenprächtige alte Fussboden aus
braunroten, gelben, grünen, glatten oder gemusterten
Thonfliesen ist nach Massgabe der vorgefundenen
Reste zu neuem Leben erweckt, und es fehlt j'etzl
bloss noch das Gestühl, das die Wände rings um-
ziehen soll, um den Beratungsraum der Ritter in
seiner ganzen Formen- und Farben - Herrlichkeit uns
wieder vor die Augen zu bringen. In der Kirche
ist gleichfalls die malerische Ausschmückung beendigt,
zahlreiche Nachbildungen mittelalterlicher Skulpturen,
Heiligen-Figuren, Bronze-Leuchter und ein bronzenes
Chorpult sind aufgestellt, das Chorgestühl ist fertig,
bunte Glasfenster eingesetzt und nur noch am Haupt-
Altar sind einige Arbeiten zu erledigen. Die Aus-
stattung der Küche, des Schlafsaales, des Speisesaales
und namentlich der Herrenstube ist völlig abgeschlossen.
Das ganze Mobiliar ist bis in die kleinsten Kleinig-
keiten getreu der Ordenszeit entsprechend hergerichtet,
und durch aufgehängte Hirsch- und Elens-Geweihe,
Schiffsmodelle, Zierkannen, Waffen und ausgestopfte
Eber und Raubvögel wird der Besucher in die rechte
Stimmung gebracht, um sich vollkommen in die alte
Zeit zurück zu versetzen. Im Speisesaal, dem Kon-
vents-Remter, sind die Worte, die der Kaiser an
dieser Stelle im September 1894 über den deutschen
Charakter der preussischen Ostprovinzen, gleichsam
zur Einweihung des Hochschlosses, sprach, in ehernen
Tafeln verewigt worden. Der Kreuzgang ist mit Wand-
malereien versehen, desgleichen die Anna-Kapelle, die
unter der Kirche gelegene Hochmeister-Gruft; aus-
geführt wurden sie von dem Maler Klinka, der im
Jahre 1897 an die Stelle des verstorbenen Malers
Grimmer trat. Im nächsten Jahr sollen sie zum Ab-
schluss gebracht werden, wobei auch die Wohnräume
 
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