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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Weisbach, Werner: Von der Pariser Weltausstellung: künstlerische Eindrücke
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0253

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489

Nekrologe.

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farbenprächtigen Karton von Gustave Moreau eine
Meisterleistung ersten Ranges geschaffen, von einer
staunenswerten Weichheit in den Farbenübergängen.

Werfen wir am Schluss noch einen Blick auf
Deutschland, so darf es mit dem Resultat der Aus-
stellung wohl zufrieden sein. Seine Haupterfolge
liegen allerdings nicht auf kunstgewerblichem Ge-
biete. Sie sind in den technischen Gruppen auf
dem Champ de Mars zu suchen. Indessen macht
auch die deutsche Abteilung der Invalidenesplanade
einen durchaus würdigen und vornehmen Eindruck.
Vor allem befriedigt namentlich im Vergleich mit ande-
ren Ländern die einheitliche, auch ästhetischen Gesichts-
punkten Rechnung tragende Aufstellung. Immer wieder
hört man in Paris, sobald man auf die vortreffliche
Organisation des Ausstellungsmaterials zu sprechen
kommt, die aussergewöhnliche Umsicht und Thatkraft
des deutschen Reichs-Kommissars Dr. Richter rühmen.
Unsere Räume an der Invalidenesplanade sind jeden-
falls unter allen nichtfranzösischen mit die abwechs-
lungsreichsten und best arrangierten. Und wenn wir
auch nicht gerade besonders hervorstechende, künst-
lerische Meisterleistungen darbieten, so zeugt doch
das Ganze in seiner Gesamtheit von einem gesunden,
kräftigen Streben. Ein Streben ist es eben nur im
Vergleich mit Frankreich, dessen ältere, durch Gene-
rationen gepflegte und weiterentwickelte Kultur auf
dem Gebiete des Luxus uns noch um einige Schritte
voran ist, so dass man dort erntet, wo wir erst säen.

Interessant ist es, die verschiedenen Variationen
des sogenannten modernen Stiles in der Innenaus-
stattung von Wohnräumen bei Deutschen und Fran-
zosen zu beobachten. Nirgends eine wirklich durch-
schlagende Leistung. Bing's Art nouveau macht in
einem besonderen Pavillon, der eine Anzahl ein-
gerichteter Wohnräume enthält, den Versuch, den mo-
dernen Stil salonfähig zu machen. Merkwürdig ist
es, wie diese allermodernsten Verzierungen und
Schnörkel in Holz und Metall und in Verbindung
von beidem wieder mit den alten Rokoko-Ornamenten
zu liebäugeln beginnen. Das Ganze hat etwas un-
gemein Kapriziöses; aber es ist nicht das prickelnd
Kapriziöse des Rokoko, dem bei aller Freiheit und
Ausgelassenheit doch gewisse naturalistische Elemente
zu Grunde liegen. Dieses Schwelgen in wesenlosen
Linien hat doch etwas Ungesundes, und ich glaube,
die Blüten dieses Stiles werden absterben, ehe sie ein-
mal eine wirklich reife Frucht gezeitigt.

In Deutschland sind die Künstler der Münchener
Vereinigten Werkstätten die Vorkämpfer einer modernen
Innendekoration. Bruno Paul, Pankok und Riemer-
schmid haben je einen kleinen Raum ausgestattet. So
treffliche Einzelleistungen, namentlich in Metall, auch
aus diesen Ateliers schon hervorgegangen sein mögen,
die für das Unternehmen die grössten Sympathieen
erwecken, so wenig befriedigen die Interieurs als
Gesamtleistungen höhere künstlerische Ansprüche.
Das hat sich schon im vorigen Jahr auf der Dresdener
Ausstellung gezeigt. Das Gesuchte und Bizarre
herrscht vor, ungeläutert durch einen feineren Ge-
schmack.

Die besten Erfolge scheint mir der moderne Stil
bei der Ausstattung von Speise- und Geschäftshäusern
errungen zu haben, wo es auf einheitliche Holzkon-
i struktionen, worin überhaupt seine Stärke liegt, an-
! kommt. In der Dekoration von Wohnräumen steht
| England, wie mich dünkt, voran. Dort hat das mo-
derne Kunstgewerbe eine durchaus gesunde, auf solider
Basis ruhende Entwicklung genommen. Jede Form
wird durch den tektonischen Charakter des betreffen-
den Gegenstandes in erster Linie bedingt.

Für die Geschichte der Kunst bedeutet die
Weltausstellung von 1900 kein historisches Er-
eignis. Sie hat keine neuen, bahnbrechenden Leis-
tungen zu Tage gefördert, nichts oder doch nur wenig
j Unbeachtetes in ein helleres Licht gerückt. Ihr Haupt-
wert liegt in dem Retrospektiven. Das allein verlohnt
eine Reise. Daneben wird es für jeden einen beson-
deren Reiz haben, die neuesten Leistungen der ganzen
zivilisierten Welt an sich vorüberziehen zu lassen und
der Kunst des neuen Jahrhunderts ein Prognostikon
zu stellen.

NEKROLOGE

Berlin. Hier starb am 7. Juli nach vierzehntägiger
Krankheit der bekannte Porträtmaler Professor Max Koner.
Er war am 17. Juli 1846 zu Berlin geboren, studierte unter
M. Michael und A. v. Werner und wurde, nachdem er
mehrere Studienreisen ins Ausland gemacht hatte, im Oktober
1890 als ordentlicher Lehrer einer Malklasse an die Königl.
akademische Hochschule für die bildenden Künste berufen.
1892 ward er zum Professor ernannt. In weiten Kreisen
wurde er durch seine überaus lebenswahren Porträts Kaiser
Wilhelm's II. bekannt und schuf in der Folge eine grosse
Anzahl von Bildnissen bedeutender Persönlichkeiten, unter
denen seine Porträts von Ernst Curtius und Herbert Bismarck
; besonders hervorragen. Sein Leben war reich an Erfolgen und
Auszeichnungen, er war im Besitze zahlreicher grosser gol-
| dener Medaillen, blieb aber immer sich selbst getreu in seinem
: bescheidenen freundlichen Wesen. Seit 1886 war er mit
Sophie Schäffer, seiner Schülerin, verheiratet, die als Porträt-
malerin ebenfalls weit bekannt geworden ist. Koner's
Schüler, wie alle, die ihn kannten, werden ihm ein treues
Andenken bewahren. Auf seine künstlerische Wirksamkeit
kommen wir in dem Bericht über die grosse Berliner
Kunstausstellung in der nächsten Nummer der Kunstchronik
ausführlich zurück. p. w.

Berlin. Die Kunstwissenschaft hat einen schmerzlichen
Verlust erlitten. In der Nacht zum 2. Juli ist Professor
Dr. Paul Lehfeldt auf einer Badereise in Kissingen gestorben.
Er war am 9. Februar 1848 zu Berlin geboren als Sohn des
Verlagsbuchhändlers Joseph Lehfeldt, in Firma Veit & Co.
Da sein Vater nur geschichtliche und staatswissenschaft-
liche Werke verlegte, z. B. von Droysen, Savigny, Leopold
Schefer, umgab bereits den Knaben eine wissenschaftliche
Atmosphäre. Nach dem frühzeitigen Tode des Vaters,
der ähnlich wie der Sohn einem Schlaganfall erlag (1858),
j übernahmen die Mutter und der 14 Jahre ältere Bruder
die weitere Erziehung. Schon früh zeigte sich bei dem
Knaben musikalische Begabung, er wurde Schüler des
damals berühmten Virtuosen Ferdinand Laub und spielte
| gut Geige. Nachdem er das Gymnasium absolviert hatte,
I bezog er 1867 die Bonner Universität und studierte, nament-
' lieh bei Anton Springer, Kunstgeschichte. Auf Wunsch
der Mutter aber, welche wollte, dass sein Zeichentalent
 
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