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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Springer, Jaro: Die Schmidt-Ausstellung im Berliner Kupferstichkabinett
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0148

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ACAD.LESEH.

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XXIII. Jahrgang

1911/1912

Nr. 18. 1. März 1912.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Qewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

DIE SCHMIDT-AUSSTELLUNO
IM BERLINER KUPFERSTICHKABINETT

Genau bis auf den Tag und die Stunde ist Georg
Friedrich Schmidt der Zeitgenosse Friedrichs des Großen,
der später diesen Schmidt zu seinem Hofkupferstecher
ernannte, ihn auch beschäftigte und begönnerte, ihm
ein Windspiel schenkte und seine Werke von ihm
illustrieren ließ (beiläufig: Schmidts mindeste Arbeit,
weil er schwerfällig erfand und ihm der Sinn für
Ornament abging). Am 24. Januar 1712 ist unser
Schmidt als Sohn eines Tuchmachers geboren, an-
geblich in Schönerlinde bei Berlin. Diese Angabe
soll auf einer Familientradition beruhen, die ältesten
Biographen Schmidts, Crayen (1789) undjacoby (1815),
wissen davon noch nichts, beide lassen ihn in der
Stadt Berlin zur Welt kommen. Die Familientradition
wird so schlecht unterstützt, daß ich die neue Nach-
richt ablehnen und die alte wieder aufnehmen möchte,
in der Hoffnung, daß der Fund in einem Berliner
Kirchenbuch noch einmal zu Crayens, Jacobys und
meinen Gunsten entscheiden wird.

Das Berliner Kupferstichkabinett besitzt das beste
Schmidtwerk, das je zusammengebracht wurde, auch
in den Abdrücken der verschiedenen Plattenzustände
nahezu vollständig. Aus diesem Besitz wurde zum
200jährigen Geburtstag Schmidten die Gedächtnis-
ausstellung gemacht, die zu den anderen fridericianischen
Vorführungen dieser Festtage in naher ergänzender
Beziehung steht, als sie dem ersten Illustrator des
großen Königs gilt und in zahlreichen Bildnissen die
besten Männer seines Staates und seines Hofes zeigt.

Unter den Kupferstechern ist Schmidt auch bei
internationaler Vergleichung ein rühmlicher Mann.
In Berlin ist er der erste wirkliche Künstler seines
Faches, der hier auftritt, nicht nur zeitlich und für
seine Zeit der erste. (Sicher ist er höher zu stellen,
als der Duodezphilister Chodowiecki.) In Berlin und
der kargen Mark erwachen alle Künste spät und der
bessere Künstler war selten bodenwüchsig. Wenn er
es war, ist er als Märker mehr zu loben, denn als
Künstler. Franz Friedrich, der um 1550 in Frank-
furt an der Oder als Kupferstecher und Holzschneider
arbeitete (ein Nachahmer Cranachs), würde in der
Künstlergeschichte von Nürnberg und Augsburg kaum
Erwähnung finden. Für die Oderstadt ist er eine
bemerkenswerte Erscheinung. Am Ende des 17. und
Anfang des 18. Jahrhunderts wurde in Berlin das,

zumeist höfische, Bedürfnis nach gestochenen Bild-
nissen und anderen Besorgungen des Ruhms zumeist
von zugewanderten Graphikern besorgt. Die wichtig-
sten sind die beiden Augsburger Elias Hainzelmann
und Johann Georg Wolfgang. Neben diesen arbeitete
auch schon ein Berliner Stadtkind Samuel Biesendorf,
dessen recht tüchtige Arbeiten die Vergleichung mit
den Augsburgern, namentlich mit dem keineswegs
sehr hervorragenden Wolfgang, gut aushalten. Biesen-
dorfs Schüler ist Georg Paul Busch, der wiederum
der Lehrer von Georg Friedrich Schmidt wurde. Die
Reihe Biesendorf, Busch, Schmidt umschließt ein Jahr-
hundert der einheimischen berlinischen Kupferstich-
kunst. Busch kann wenig, zwischen seinem tüchtigen
Lehrer und seinem großen Schüler steht er dürftig da.
Die besseren Arbeiten seiner späten Zeit werden, weil
ihm nichts Besonderes zuzutrauen ist, trotz Buschens
Unterschrift, für Jugendarbeiten Schmidts ausgegeben,
bei einigen wenigen begründet eine alte Tradition die
Zuweisung, die außerdem auch noch durch den An-
blick unterstützt wird. Jedenfalls hatte Schmidt den
Lehrherrn bald überholt und der Lerneifrige mußte
sich, wollte er noch fortschreiten, die letzte Schulung
auswärts suchen. Das konnte ihm nur Paris bieten.
Die großen französischen Porträtstecher galten ihm
(eine der frühesten Arbeiten Schmidts ist eine Kopie
nach Edelinck) und schon der älteren Generation als
die bestauntesten Muster, deren Nachahmung sicher
den wesentlichsten Teil von Buschens Unterricht aus-
gemacht hatte. Auch vom befreundeten Antoine Pesne
hatte Schmidt Hinweise auf Paris erhalten. Im Jahre
1737 tritt der Fünfundzwanzigjährige die Reise an.
Unterwegs lernt er in Straßburg zufällig den Kupfer-
stecher Johann Georg Wille kennen, den ähnliche
Zwecke nach Frankreich führten. Sie reisen zusammen
und hausen auch später in Paris miteinander, in einer
Freundschaft, die während des ganzen Pariser Aufent-
haltes Schmidts in ungetrübter Intimität besteht. Wille
hat ausführliche Tagebücher hinterlassen, die, längst
(von Georges Duplessis) herausgegeben, nicht so be-
kannt sind, wie dieses lesenswerte Memoirenwerk es
verdient. Für Schmidts Aufenthalt in Paris sind sie
eine ergiebige, noch nicht ausgeschöpfte Quelle. Bei
den Malern Lancret und Rigaud fand Schmidt An-
schluß (vielleicht durch Pesne vermittelt) und Förderung.
Die Einwirkung dieser doppelten Verbindung bestimmt
für das weitere Leben Schmidts künstlerische Laufbahn
 
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