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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Springer, Jaro: Die Schmidt-Ausstellung im Berliner Kupferstichkabinett
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0149

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275

Nekrologe — Personalien — Wettbewetbe

276

in seiner zweifachen Tätigkeit als Radierer und Stecher.
Er radiert Lancrets Bilder, aber die Porträts des Rigaud
gibt er in Linienstich wieder. Das ist nicht willkür-
liche Auswahl, sondern für die verschiedenen Vor-
bilder sind die technischen Prozeduren nach Her-
kommen und Art maßgeblich und wären nicht ohne
Schaden für die Wirkung miteinander zu tauschen.

Schmidts Radierungen verdienen trotz lauten
Rühmens in alter und neuer Zeit keine besondere
Beachtung. Im Dienste Lancrets hat er sich die ge-
fällige aber unpersönliche Technik der Pariser Radierer
spielend angeeignet, später noch durch das Studium
von Rembrandt zugelernt. Aber hier bleibt Schmidt
immer Nachahmer, er entwickelt die Radierung, so
meisterlich er sie beherrscht, nicht zu einer eigenen
Sprache. Auch in der Reproduktion der Bilder bleibt
er unterhalb der Höhe, die andere erzwungen haben.
Dem Linienstecher aber erwies sich die Pariser Schu-
lung äußerst förderlich. Ihm bestimmte die Ver-
bindung mit Rigaud (die mehr als eine Ergänzung
zu Pesnes Einfluß für ihn wurde) die weitere Lauf-
bahn. Schmidt war schon vor dem Pariser Aufenthalt
aus Neigung und weil berlinisches Herkommen und
Bedürfnis es verlangte, Bildnisstecher höfischer Kunstart.
Rigauds prunkvolle Personendarstellungen entsprachen
so sehr der Schmidtischen Porträtauffassung, daß er
im weiteren Leben auch die Bildnisse eigenen Vor-
wurfes merklich im Stil Rigauds hält. An Rigauds
Bildern wächst Schmidts Grabsticheltechnik rasch zu
der Größe, die ihn nicht nur seinen französischen
Mustern nahebringt, sondern in manchen technischen
Qualitäten über sie stellt. Schon 1739, nach nur
zweijährigem Pariser Aufenthalt, stellt er die große
Platte nach Rigauds Bild des Marschalls Louis de
La Tour d'Auvergne fertig, die gegenüber seinen
früheren Berliner Arbeiten einen unglaublichen Fort-
schritt zeigt. Dem hier zuerst von Schmidt gewählten
großen Format bleibt er weiterhin gern getreu, weil
es eine bedeutende Wiedergabe des stofflichen Nebenbei
ermöglicht. In der technischen Behandlung dieses
Nebenbei exzelliert Schmidt, ohne aber die Bildnis-
wirkung zu einem aus Brokat und Spitzen, Sammet
und Hermelin zusammengesetzten Stilleben zu ver-
flachen. Diese großen Porträtstiche allein machen
Schmidts Ruhm aus.

In der Berliner Ausstellung werden zum erstenmal
in größerer Anzahl Zeichnungen von Schmidt vor-
geführt. Aus der Pariser Zeit Rötelzeichnungen,
Köpfe, wohl nach Bildern, in der Art, wie es da-
maliger französischer Akademiebrauch war. Aus den
vierziger Jahren besitzt das Kupferstichkabinett einige
große Bildnisstudien in buntem Pastell von sehr guter
Ausführung: das beste Blatt ein Frauenkopf; das
größte aber nicht beste (namentlich nicht wegen der
schlechten Erhaltung) ein großes Doppelbildnis eines
Ehepaares von 1745, 1904 in einer Münchener Auktion
erworben. Aus der Petersburger Zeit Schmidts zwei
vorbereitende Studien zu Stichen, von denen das
Porträt des Arztes Mounsey beinahe bis zur Güte
des erwähnten Frauenkopfes reicht. Dann mußten
natürlich die Illustrationen zu den Werken Friedrichs

des Großen in die Ausstellung aufgenommen werden,
von denen das Berliner Kabinett eine lange Reihe der
Entwürfe (Feder und Bleistift) besitzt. So interessant
sie sind, schon deswegen, weil sie den Beifall des
großen Königs gefunden haben, so fallen sie doch
neben den Pasfellbildnissen ab. Also auch hier er-
gibt sich dieselbe Bewertung wie bei den graphischen
Arbeiten Schmidts. /ARO SPRINGER.

NEKROLOGE
Wien. Am 19. Februar starb hier der Architekt Hofrat
Professor George Niemann im 71. Lebensjahre. Er war
am 12. Juli 1841 in Hannover geboren, hatte zunächst am
Hannoverschen Polytechnikum unter Hase studiert und
kam dann nach Wien ins Atelier Teoph. Hansens, wo er
sechs Jahre blieb. 1873 erhielt er die Professur für Per-
spektive und Stillehre an der Wiener Akademie. Sein Inter-
esse und seine Arbeit galt in erster Linie der Archäologie
und Architekturgeschichte. So ging er mit Conze und Hauser
nach Samothrake, nahm dann an Benndorfs Expeditionen
nach Kleinasien teil (1873, 1881—82, 1884—85), arbeitete
1893—94 in Aquileia und 1896—1902 bei den Ausgrabungen
in Ephesus mit. Noch im Vorjahre hat er eine Forschungs-
reise nach Kleinasien gemacht. Die Resultate seiner Studien
und Reisen hat er in einer Reihe von Artikeln in Fach-
zeitschriften niedergelegt; er hat auch eine Anzahl eigener
Publikationen herausgegeben, von denen folgende genannt
seien: »Lehrbuch der Perspektive« (1883), »Reisen in Lykien
und Karien« (mit Benndorf, 1884), »Das Monument in Ojöl-
baschi« (mit Benndorf, 1885), »Die Palastbauten des Barock-
stils in Wien« (nur einige Hefte herausgekommen), »Th.
Hansen und seine Werke« (mit F. v. Feldegg, 1893). Nie-
mann war Mitglied des Österreichischen und des Deutschen
Archäologischen Instituts und Besitzer vieler Ordensaus-
zeichnungen. Selbst gebaut hat er nur wenig.

Wien. Am 16. Februar starb hier im 62. Lebensjahre
der Oenre- und Porträtmaler Angelo Trentin. Er war
am 2. September 1850 in Udine geboren, hatte an der
Wiener Akademie und von 1876—80 in München studiert.

PERSONALIEN

Hamburg. Auf den Hallenser Lehrstuhl der Kunst-
geschichte hatte als Nachfolger des Professors Ooldschmidt
Dr. A. Warburg in Hamburg einen Ruf erhalten, den er
aber abgelehnt hat. Dem ausgezeichneten Qelehrten wurde
aus diesem Anlaß von der Hamburgischen Regierung der
Titel Professor verliehen.

Berlin. Der bekannte Historienmaler Graf Ferdinand
Harrach hat seinen 80. Geburtstag gefeiert.

Wien. Der bekannte Bildhauer und Professor an der
Wiener Akademie Edmund Hellmer ist vom Kaiser durch
Erhebung in den Ritterstand ausgezeichet worden.

WETTBEWERBE
Für das neue Berliner Heim des Vereins deutscher
Ingenieure, an der Ecke der Sommer- und Dorotheen-
straße, gegenüber dem Reichstagsgebäude, waren die Archi-
tekten A. Breslauer sowie Reimer und Körte in Berlin,
K. Hocheder in München, Lossow und Kühne in Dresden,
Friedrich Pützer in Darmstadt zu einem engeren Wett-
bewerb aufgefordert worden. Das Preisgericht, dem Stadt-
baurat H. Erlwein in Dresden, Geh. Baurat Dr. h. c. Ludwig
Hoff mann in Berlin, Baurat Franz von Hoven in Frank-
furt a. M. und Geh. Hofrat Dr. h. c. Friedrich von Thiersch
in München angehörten, entschied sich einstimmig dafür,
den Entwurf von Reimer und Körte in Berlin zur Aus-
führung zu empfehlen.
 
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