Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

DOI Artikel:
Kubisten und Nazarener
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0068

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
115

Nekrologe — Personalien — Denkmalpflege — Denkmäler — Wettbewerbe

116

Stellung der »Rosace«, der Kirchenrose, deren Name zu-
erst etwas an die mystische »Rose-Croix« erinnert. Die
»Rose-Croix« machte vor zwanzig Jahren viel von sich
reden. An ihrer Spitze stand der Sär Peladan, und es
gehörten ihr einige tüchtige Künstler an wie Henri Martin,
Oeorges Desvallieres und andere, die sich seither einen
Namen gemacht haben. Die Rosace aber ist ganz etwas
anderes. Die Rose-Croix verstand es, wie die Kubisten
und Futuristen die Aufmerksamkeit des Publikums auf
sich zu ziehen, sie wandte sich an das Tout Paris und
rührte die Lärmtrommel. Daß die Rosace anders auftritt,
geht schon aus der Schilderung ihres Lokals hervor.

Ich weiß nicht, ob es meinen Lesern geht wie mir,
aber solche Narren sind mir sympathisch. Die lauten,
vor Eitelkeit und Scharlatanismus platzenden Jahrmarkts-
narren gefallen mir gar nicht, aber solche stille Zellen-
bewohner und Wurzelfresser haben meine Sympathie, so
verrückt sie mir im übrigen auch vorkommen mögen.
Der Bund der Rosace wurde vor drei oder vier Jahren von
Bruder Angel gegründet. Angel ist nicht der Familien-
sondern der Vorname und alle andern Mitglieder des Bun-
des heißen ebenfalls nur nach ihrem Vornamen: Bruder
Rene, Bruder Eugene, Bruder Oaston usw. Und diese Be-
zeichnung ist nicht nur eine spaßige Erfindung wie die
des Titels Sär bei der Rose-Croix: die Brüder sind wirk-
lich in den Franziskanerorden eingetreten und befleißigen
sich als Tertiarier eines gottgefälligen Lebenswandels.

Daß es schon einmal Deutsche gegeben hat, die vor
hundert Jahren in Rom sich zusammentaten, um Kunst und
katholischen Kirchenglauben zusammenzuschmelzen, schei-
nen die Franzosen nicht zu wissen, oder aber es steht
ihnen nicht an, ein deutsches Vorbild zu nennen. In ihrem
Programm werden vielmehr die englischen Präraffaeliten
erwähnt, die doch nur insofern mit ihnen Ähnlichlichkeit
haben, als sie auf die fromme, naive Kunst der Früh-
renaissance zurückgriffen. Was den katholischen Kirchen-
glauben anlangt, hatten die Engländer mit der Brüder-
schaft der Rosace nichts gemein, wogegen die Nazarener
genau mit ihnen übereinstimmen. Leider aber scheint
heute die Zeit noch weniger günstig für derartige Kunst-
bestrebungen zu sein als der Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts. Was die Brüder der Rosace uns zeigen,
reicht nicht entfernt an die Kunst Overbecks, Schadows,
Cornelius' und Führichs heran, obschon sie sich auf den
gleichen Bahnen bewegen. Wie jene suchen sie ihre Vor-
bilder bei Oiotto, Fra Angelico, Lorenzo Monaco und ähn-
lichen Meistern, und was sie leisten, sind immerhin recht
löbliche Schülerarbeiten, mit treuem Fleiß und kindlicher
Andacht ausgeführt. Den Meister aber sucht man bei
den Künstlern der Rosace vergebens.

Wenn man die steile Stiege erklommen hat, wird man
von Bruder Angel empfangen, derden Gästen seineund seiner
Oenossen Arbeiten erklärt. Ein großer Teil der übrigens
wenig zahlreichen Besucher gehört dem geistlichen Stande
an und vermag darum den Erklärungen eher zu folgen,
mit denen uns Bruder Angel folgt. Der Stifter der Rosen-
brüder paßt vortrefflich in die von ihm übernommene Rolle.
Er sieht bleich und asketisch aus, hat einen jungfräulichen
Bart und ebensolche Locken, schaut höchst naiv und ein-
fältig aus den etwas eingesunkenen Augen und spricht in
einem sanften, liebreichen Tone.

Diese frommen und stillen Maler verdienen nicht sowohl
Erwähnung um der künstlerischen Bedeutung ihrer Arbeiten
willen, als wegen der symptomatischen Bedeutung ihres
Auftretens gerade in einer Zeit, wo der Händler und der
Geldbeutel in der bildenden Kunst mehr Bedeutung haben
als irgend eine von Erdenschlacken befreite Idee. Und man
mag sich zur Kirche stellen wie man will: ein Mann, der

für den katholischen Glauben malt, ist immer noch sympa-
thischer als einer, der für den Geldbeutel und für den Handel
arbeitet. Darum ziehe ich die stillen Brüder in ihrem ab-
gelegenen Winkel an der Rue Vaugirard den lauten Tam-
tamschlägern an der Rue La Boetie oder am Boulevard
vor, zumal sie auch künsterisch wenigstens diesen Radau-
brüdern voranstehen, so mittelmäßig ihre Leistungen im
übrigen auch sein mögen. K_ E Sc/U

NEKROLOGE
In Paris ist der im Jahre 1851 in Toulouse geborene
Bildhauer Theodore Riviere gestorben. Er hatte sich
hauptsächlich durch seine aus edlem Material, vorzugs-
weise aus Elfenbein gebildeten, mit kostbaren Steinen,
ziseliertem Oolde und sonstigem Schmucke gezierten
Statuetten bekannt gemacht, wovon die Gruppe >Salammbo
und Matho«, eine Illustration zu einer Szene aus Flauberts
Roman »Salammbo«, Aufnahme im Luxembourg gefunden
hat. Riviere ist auch der Schöpfer des Denkmals, das man
dem provencalischen Dichter Frederic Mistral schon bei
seinen Lebzeiten in Arles gesetzt hat.

PERSONALIEN
Professor Ferdinand Keller in Karlsruhe wurde aus
Anlaß seines 70. Geburtstages von der Technischen Hoch-
schule Friedericiana in Karlsruhe zum Ehrendoktoringenieur
ernannt. Der Künstler erhielt die Auszeichnung besonders
in Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen auf dem
Gebiete der monumentalen Malerei.

Wien. Dem Architekten Oberbaurat und Professor
Otto Wagner ist anläßlich seiner Übernahme in den
Ruhestand vom Kaiser der Titel Hofrat verliehen worden.

Themistokles v. Eckenbrecher, einer der älteren
Berliner Landschafter, vollendete am 17. November sein
70. Lebensjahr. Er ist in Athen als Kind einer deutschen
Familie geboren, war Schüler Oswald Achenbachs; später
machte er längere Reisen und entnahm den von ihm be-
suchten Ländern, vorzüglich Norwegen und der Türkei,
die Motive zu seinen Bildern. Seit 1889 lebt Eckenbrecher
in Berlin.

DENKMALPFLEGE
Venedig. Zur Wiederherstellung der Votivkapelle,

die 1867; bei S. Giov. e Paolo ein Raub der Flammen wurde,
sind erfreulicherweise weitere Schritte geschehen. Papst
Pius X. hat 25000 Francs geschenkt. Von hochgestellten
Personen laufen Bitten ein, dem Ausschusse nützlich sein
und ihm angehören zu dürfen. Da die Kapelle ein Sieges-
denkmal für die Überwindung der türkischen Flotte bei
Lepanto darstellt, so liegt es gerade jetzt sehr nahe, mit
allen Kräften an der Wiederherstellung zu arbeiten.

DENKMÄLER
Die Gestalt des Pfarrers von Limmer bei Hannover,
Jobst Sackmann, der mit seinen plattdeutschen Predigten
einer der Ahnherrn niederdeutschen Humors geworden ist,
soll jetzt auch ein Denkmal erhalten. Prof. Karl Gundelach-
Hannover hat den Entwurf zu einem würdigen Denkmal
geschaffen.

WETTBEWERBE
Der Plakatwettbewerb, den die InternationaleAus-
stellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914

veranstaltete, hat bis zum Einlieferungstermine rund 600
Entwürfe erbracht. Unter ihnen halten sich die reinen
Schriftplakate mit den figürlichen Kompositionen die Wage,
und speziell unter letzteren sind viele interessante Arbeiten.
 
Annotationen