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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Seidlitz, W. von: Sedelmeyer gegen Bredius
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0118

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215

Nekrologe —

Personalien

216

Erst wenn die Leistungsfähigkeit der Rembrandtschule
genau erkannt sein wird, wird sich auch ermessen lassen,
welche Werke dem Meister selbst endgültig zuzuschreiben
seien. Dann werden sich Bode und Bredius, die beiden
Rufer im Streite, wieder die Hand geben können als die-
jenigen, deren vereinten Bemühungen es gelungen sein
wird, den wahren Rembrandt, und zwar in dem vollen
Umfang seiner Größe, der Welt zu schenken.

NEKROLOGE
Mit Edouard Detaille ist ohne Zweifel der popu-
lärste französische Künstler unserer Zeit aus dem Leben
geschieden. Wo man in Frankreich überhaupt einen Öl-
druck oder eine Heliogravüre an der Wand des Bauern-
hauses, im Barbierladen oder im Wirtshause hängen sah und
sieht, da stellt die Sache irgend eine militärische Szene von
Detaille vor, und wo man überhaupt nur einen franzö-
sischen Malernamen zu nennen weiß, da lautet er Detaille.
In allen Stücken war Detaille somit der Nachfolger und
Erbe Horace Vernets, den man vor achtzig Jahren als den
größten Meister seiner und der meisten anderen Zeiten
bewunderte, und von dem heute kein Museum ein Bild
geschenkt haben möchte. Detaille wird es vermutlich ebenso
ergehen, ja, es ist ihm schon bei Lebzeiten so ergangen,
obgleich er, wie schon gesagt, der populärste und belieb-
teste, bekannteste und in den weitesten Kreisen verehrte
französische Maler war. Er und Vernet bieten eben nur
wieder neue Beweise für die Tatsache, daß diese weitesten
Kreise nichts von Kunst verstehen und ihren Beifall durch-
aus nicht aus ästhetischen Gründen dem oder jenem Maler
oder Dichter schenken. Detaille hatte im Kriege von 1870
seinen Weg gefunden und malte seither immer wieder den
tapfern französischen Soldaten in beliebter Stellung. Und
er malte ihn so richtig und genau, daß jeder, der sich ein-
mal eine Uniform aus der Nähe angesehen hatte, der wohl
gar selbst einmal im bunten Rock gesteckt hatte, voller
Begeisterung konstatierte, wie da nicht das allerkleinste
Versehen zu rügen war. Es fehlte kein Knopf und keine
Litze. Detaille war der gründlichste und zuverlässigste
Kenner aller seit zweihundert Jahren gebrauchten Uni-
formen, er war ein lebendiges Lexikon für Armeeschneider
und hätte nicht nur die deutschen und französischen, son-
dern überhaupt alle Armeen der Gegenwart aufs herrlichste
und richtigste einkleiden können, falls einmal durch irgend
ein Wunder alle Uniformen aus der Welt verschwunden
wären. Künstlerisch verdient er nicht die ihm von Kenner-
seite entgegengebrachte absolute Mißachtung. Als Zeichner
steht er auf einer achtungheischenden Stufe, wenn auch
seine Zeichnung sehr trocken und durchaus nicht geistreich
ist. Jedenfalls dürften nicht viele seiner modernen Verächter
imstande sein, ein Pferd oder einen Soldaten so richtig
und genau aus dem, Kopfe aufzuzeichnen wie Detaille, der
nicht nur die Uniform, sondern auch den Menschen und
sein Pferd aufs genaueste kannte. Sowie man freilich von
dieser Korrektheit und Richtigkeit der Zeichnung absieht,
ist es aus mit dem Künstler Detaille, und alle die großen
Bilder, die der französische Siaat und die Stadt Paris von
ihm haben malen lassen, werden hoffentlich nicht ewig im
Hotel de Ville und im Pantheon bleiben, wo sie neben
Puvis de Chavannes überaus leer, langweilig und inhaltlos
aussehen trotz der Fahnen, Kanonen, Säbel, Gäule, Helm-
büsche und Schießgewehre. Detaille war im Jahre 1848
in Paris geboren und arbeitete zuerst bei Meissonier, dann
bei Cabanel. Sein erstes Bild, das Atelier Meissoniers
zeigend, stellte er schon 1867 aus, und ihm folgten einige
historische Kostümbilder, bis der Krieg ihn in Einklang
mit der Volksseele brachte uud zum populärsten Maler
machte. Seither hat er fast ausschließlich Soldatenbilder

gemalt, und zwar so viele, daß es unmöglich wäre, sie
auch nur der Hauptsache nach hier zu nennen. Zwei
davon, der Traum und die Übergabe von Hüningen, hängen
im Luxembourg, andere, große dekorative Wandgemälde
sieht man — leider! — im Pantheon und in Pariser Rathaus.
Noch sei das mit Neuville zusammen gemalte große Pano-
rama von Rezonville erwähnt, das ihn zuerst in ganz Frank-
reich bekannt machte. Auch einige Bildnisse hat er gemalt.
Der verstorbene König von England verehrte ihn sehr und
ließ sich von ihm als Feldmarschall hoch zu Roß malen.
Auch der jetzige König und sein Bruder sind von Detaille
gemalt worden — es kann eben nicht jeder König einen
Velasquez oder van Dyck als Hofmaler haben, und die
Uniformen hätten diese beiden sicherlich nicht so korrekt
wiedergegeben wie Detaille. Übrigens hat Detaille, den
die Gegner seiner Malerei gerne einen Militärschneider
nannten, in seinem Testament gewissermaßen diese An-
sicht bestätigt, denn er hinterläßt sein Haus in Paris einer
Gesellschaft, die daraus ein Uniformenmuseum machen
soll. Detaille selbst hatte eine große Uniformensammlung,
die in dem neuen Museum gezeigt werden soll. Der
zweite Stock soll die Malereien Detailles aufnehmen, so-
weit sie nicht nach seiner letzten Verfügung von zwei
dazu ernannten Freunden für die Aufbewahrung unwürdig
erklärt und verbrannt werden. Zum Glück ist kein mo-
derner Kunstkritiker unter diesen beiden Freunden, sonst
könnte es dem Nachlaß Detailles übel ergehen. Als weitere
etwas seltsam anmutende Bestimmung des Testaments seifj|
erwähnt, daß Detaille einen seiner Freunde beauftragt, 1
über die Errichtung eines Denkmals für ihn zu wachen,
wonach wir also eine Statue des Soldatenmalers für Paris
erwarten dürfen, zum Teil von Detaille selbst bezahlt.

o Am 29. Dezember starb in Weimar, erst 39 Jahre alt,
der Düsseldorfer Maler Otto Boyer. Auf den rheinischen
Kunstausstellungen der letzten Jahre waren seine Figuren-
bilder, beispielsweise »Die Schwestern« auf der Düssel-
dorfer Frühjahrsausstellung 1912, durch eine starke und
gewählte Farbigkeit angenehm aufgefallen. Boyer hatte
durch einen längeren Aufenthalt im Süden, zumal in Capri,
die Freude an kräftigen koloristischen Wirkungen wieder-
gewonnen. Zuletzt hatte er sich dem Kunstgewerbe zu-
gewandt und bereits Wertvolles auf dem Gebiete der Glas-
malerei geleistet. Düsseldorf verliert in Boyer, dessen
lebhafte Phantasie ihm auch bei seiner schriftstellerischen
Betätigung zugute kam, eine seiner ursprünglichsten Be-
gabungen.

PERSONALIEN

Graz. Der außerordentliche Professor der Kunst-
geschichte an der Grazer Universität Hermann Egger
ist zum ordentlichen Professor ernannt worden. Egger
hatte einen Ruf nach Prag als Nachfolger Heinrich Alfred
Schmids abgelehnt.

Prag. Der Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Prag
Jan Preisler ist zum ordentlichen Professor an der Kunst-
akademie in Prag ernannt worden. Preisler ist einer der
bedeutendsten jüngeren tschechischen Maler.

Wie verlautet, beabsichtigt der Maler Carolus Duran
von der Leitung der Villa Medict in Rom zurückzutreten.
Diese Stelle ist zwar eigentlich eine Sinekure, was die
Leitung der Kunstschule selbst anlangt, aber ihr Direktor
wird doch von den nach Rom kommenden französischen
Beamten und sonstigen offiziellen Persönlichkeiten sehr
geplagt, also daß das Amt nicht nur Freuden bringt. Als
Carolus Duran als Nachfolger des Bildhauers Guillaume
die Stellung erhielt, hatte sich auch Albert Besnard eifrig
 
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