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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Bredius, Abraham: Darf die Kritik sich nicht mit Bildern in Privatbesitz befassen?: eine Antwort
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0147

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIV. Jahrgang 1912/1913 Nr. 20. 14. Februar 1913

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

DARF DIE KRITIK SICH NICHT MIT BILDERN
IN PRIVATBESITZ BEFASSEN?
Eine Antwort von A. Bredius

In dem ersten Januarheft des »Cicerone« be-
spricht Professor Biermann den offenen Brief Sedel-
meyers an mich. In dieser Bicrmannschen Kritik heißt
es fortwährend: »die höchst unerfreuliche Art, wie
Bredius gegen gewichtige Rembrandtwerke aufgetreten
ist«; »die ganze Art..., in der der holländische Ge-
lehrte in letzter Zeit gegen bestimmte Rembrandtwerke
vorgegangen ist«. »Sein absprechendes Urteil kann
zunächst nur Schaden stiften...«. Dann redet Herr
Biermann von der »sicher begründeten Echtheit der
Ehebrecherin« und hält das Urteil des Herrn Sedel-
meyer deshalb für besonders wichtig, weil »der
Kunsthandel seine Überzeugung mit einer Stange Goldes
aufwiegt, und das allein fordert Respekt«. —! —

Weiter wird mit großer Zustimmung Sedelmeyer
zitiert, wo dieser auf den Schaden hinweist, wenn
sich die Kritik befaßt mit Bildern in Privatbesitz, in
Auktionen und bei Kunsthändlern (besonders letzteres!).

Ja, was wünschen die Herren nun also? Daß man
ruhig ansieht, daß Schülerwerke, gar Fälschungen
alter und neuerer Zeit von einer Hand in die andere
gehen als Werke der großen Meister? Daß das Oeuvre
dieser großen Künstler immer mehr verunreinigt wird
mit solchen zweifelhaften oder lieber unzweifelhaft
unechten Bildern? Dürfen wir Kunstgelehrte erst
unsere Meinung über ein Bild sagen, wenn es end-
gültig in einem Museum angelangt ist? Dann können
wir unser Studium, unser Fach wohl an den Nagel
hängen 1

Wie gerne haben diese Herren Kunsthändler unser
günstiges Urteil über ihre Bilder! Wie wird Handel
getrieben mit der kleinsten Echtheitserklärung — habe
ich doch Briefe von mir, kunstvoll vervielfältigt, mit
Siegeln hinten auf alten Bildern gesehen!

Solange wir loben, loben können, echt erklären,
sind wir gut. Was sollen wir nun aber tun, wenn
wir ein Bild sehen, das wir nicht für echt halten?
Schweigen? Lügen, wenn ein Sammler uns um unsre
Meinung fragt? Das ist »einer der wundesten Punkte
der neueren Kunstwissenschaft«, sagt Prof. Biermann.

Sehen wir nun die von Sedelmeyer angeführten
Beispiele uns noch einmal an.

»Wenige Tage vor der Auktion Weber« hätte ich
in der Kunstchronik zwei Rembrandls für Fälschungen
erklärt. Das eine Bild, die Ehebrecherin, hatte Bode
1890, ich 1898 schon als nicht von Rembrandt er-
klärt, öffentlich, gedruckt. Es stand sogar im Katalog,
daß ich die Echtheit des Bildes bezweifelte! Vor
der Auktion hatten fast alle namhaften Kunstgelehrten,
Bode an der Spitze, diese Meinung öffentlich ausge-

sprochen. Es ist falsch, daher zu sagen, daß bloß
auf meinen letzten Artikel hin das Bild für eine Klei-
nigkeit an Sedelmeyer verkauft wurde. Was habe ich
nun gegen dieses Bild verbrochen? Es war 1898
auf der Amsterdamer Rembrandt-Ausstellung, wo alle
Bilder kritisiert wurden in allen Sprachen. Dazumal
habe ich meine von Anfang an feststehende Meinung
über das Gemälde in der Zeitschrift für bildende
Kunst veröffentlicht.

War das mein gutes Recht, oder nicht?

Nun die »Katastrophe« (wie Herr Professor
Biermann es nennt) über mich Armen gekommen
ist (d. h. nun es sich herausgestellt hat, daß ich
ebensowenig unfehlbar bin wie meine Kollegen, ja,
wie sogar Professor Biermann, der vor einiger
Zeit zwei prächtige Frans Hals des Grafen Zamoyski,
die in Haarlem ausgestellt waren, für Fälschungen
erklärte), nun darf ich mich nicht mehr über Kunst-
werke äußern, die sich in »Privatbesitz« befinden? Ja,
dann dürfte niemand ein Wort mehr mitreden.

Aber schauen wir uns die Behauptungen des Herrn
Sedelmeyer etwas weiter an: »Ein Pariser Händler
kaufte im vergangenen Frühjahr auf einer Pariser
Auktion einen Rembrandt für eine halbe Million
Franken. Am nächsten Tage schrieben Sie (ich) in
einer Zeitschrift, das Bild sei nicht echt . . .« Zu-
nächst ist dieses unrichtig. Ich besuchte die Aus-
stellung vor der Vente, schrieb dann einer Zeitung
meine Kritik über den »Rembrandt«, die ganz der
Wahrheit entsprach, denn das Bild war dreiviertel
übermalt, so daß dieser übermalte Teil gewiß nicht
von Rembrandt war. Ich telegraphierte dann nach
der Vente bloß den Preis. »Sie wiederholten Ihre
Kontestierung im Burlington Magazine, obwohl alle
Ihre Kollegen Ihnen Unrecht gaben« (unwahr; eine
Anzahl Kenner sind ganz meiner Ansicht über das
Bild), »und Sie nicht imstande sind, den Schatten
eines Beweises für Ihre Behauptung zu bringen.« Hier
präzisiert Biermann, indem er sagt: es handle sich
um die »Frau mit dem Hahn« kürzlich im Cicerone
abgebildet.

Weil dadurch dem Händler der Verkauf erschwert
wird, meint Herr Sedelmeyer, daß »der Eigentümer
von Ihnen (mir) eine Entschädigung zu fordern be-
rechtigt wäre«.

Also: nachdem ein Händler das Bild erworben
hatte, hätte ich sofort schweigen müssen, ja, dieses,
nachdem es durch eine Reinigung ein ganz anderes ge-
worden war, wohl gegen meine Überzeugung für
echt erklären sollen! Ich habe im Burlington Maga-
zine erklärt, daß ich das Bild aufs neue genau unter-
sucht habe, aber nur in dem Hahn Rembrandts Hand
spüre. Seitdem habe ich noch folgendes entdeckt:
 
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